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Kanzler Scholz reist ins Hochwassergebiet in Niedersachsen

Kanzler Scholz reist ins Hochwassergebiet in Niedersachsen

Kanzler Scholz reist ins Hochwassergebiet in Niedersachsen

dpa
Hannover
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Bundeskanzler Olaf Scholz (l) hat sich zusammen mit Ministerpräsident Stephan Weil bei einem Rundflug einen Eindruck über die Hochwasserlage im Norden Niedersachsens verschafft. Foto: Philipp Schulze/dpa

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Die Pegelhöchstwerte in Niedersachsen sind überschritten und auch Regen soll es kaum geben - zumindest vorerst. Bundeskanzler Olaf Scholz will sich mit Betroffenen austauschen.

In den Hochwassergebieten in Niedersachsen ist die Lage teils weiter angespannt. Eine Verschärfung ist nach Behördenangaben aber zunächst nicht zu erwarten - im neuen Jahr könnten Flusspegel lokal aber wieder steigen. Am Sonntag reiste auch Bundeskanzler Olaf Scholz in das flachenmäßig zweitgrößte deutsche Bundesland, um sich ein Bild vom Hochwasser zu machen.

Dabei hat Scholz den gemeinschaftlichen Einsatz der Helferinnen und Helfer gewürdigt. «Das Wetter, die Natur fordern uns heraus», sagte der SPD-Politiker in Verden. «Deshalb ist es wichtig, dass wir im Land zusammenhalten. Überall geschieht das auch durch die zuständigen Organisationen, die Polizei, die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk, auch die Bundeswehr hat ihre Unterstützung zur Verfügung gestellt.» Auch viele Freiwillige täten alles dafür, die Konsequenzen klein zu halten und Menschen und Häuser zu schützen.

«Ich sehe, dass die Bereitschaft weit über diejenigen hinausgeht, die jetzt beruflich oder ehrenamtlich in den Hilfsorganisationen tätig sind. Da helfen auch Bürgerinnen und Bürger vor Ort ganz konkret mit und fragen, was sie tun können», sagte Scholz. «Das ist wichtig. Ich glaube, dass das zeigt, dass in unserem Land Solidarität existiert und die Bereitschaft, zusammenzuhalten.» Scholz versicherte, auch der Bund stehe den betroffenen Ländern und Kommunen bei der Bewältigung «mit seinen Möglichkeiten» zur Seite.

Zuvor hatte Scholz sich per Rundflug mit einem Helikopter einen Eindruck über die Hochwasserlage im Norden Niedersachsens verschafft. Begleitet wurde er dabei von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und der Innenministerin des Landes, Daniela Behrens (beide SPD).

Kurze Regenpause über Silvester

Die Wetterprognose ist günstig. Über den Jahreswechsel werde es eine kurze Regenpause mit nur örtlichen Schauern geben, sagte ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes am Sonntag. Die Niederschläge seien aber nicht hochwasserrelevant, teilte der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) am Sonntagmorgen in seinem Lagebericht mit.

Der Hochwasserscheitel, also der höchste Wasserstand während eines Hochwassers, ist laut NLWKN in Niedersachsen vorerst erreicht. Vor allem an den Unterläufen von Flüssen gebe es aber weiterhin erhöhte Wasserstände. Von einer Entspannung der Hochwasserlage könne noch nicht gesprochen werden. Unverändert war demnach an zahlreichen Pegeln die höchste Meldestufe überschritten - besonders an der Aller, Leine, Oker und Mittelweser. In den betroffenen Flussgebieten sowie den Zuflüssen rechnete der NLWKN mit gleichbleibenden oder sinkenden Pegelständen. Unter anderem der Landkreis Celle teilte mit, dass sich die Lage dort mit sinkenden Pegelständen etwas entspanne.

Neben Niedersachsen sind auch der Süden von Sachsen-Anhalt an der Grenze zu Thüringen sowie Gebiete in Nordrhein-Westfalen von Hochwasser betroffen. Der Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt rief am Samstag den Katastrophenfall aus. Dort blieb die Lage am Fluss Helme kritisch. Mit der Feststellung des Katastrophenfalls geht die Koordination der Abwehrmaßnahmen auf den Landkreis über und auch überörtliche Hilfe kann angefordert werden, beispielsweise von der Bundeswehr.

In Nordrhein-Westfalen kam es zum Jahreswechsel zu einer leichten Entspannung. «Insgesamt ist der Trend bei den Pegelständen rückläufig», sagte ein Sprecher des Umweltministeriums NRW auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Deiche beschädigt

Das Wasser hat bereits mehrere Deiche beschädigt. In Haren im Emsland besserten Einsatzkräfte in der Nacht zu Sonntag Stellen mit Sandsäcken aus. Einen Deichbruch habe es aber nicht gegeben, betonte die Stadt. In Wathlingen in der Nähe von Celle waren Teile eines Deiches ausgespült worden, Hunderte Helfer stabilisierten den Deich, der laut Feuerwehr eher ein Wall ist. Die Gemeinde liegt an der Fuhse, einem Zufluss der Aller.

Auch in der Nacht zu Montag sowie im weiteren Tagesverlauf sollte es in Niedersachsen nicht allzu viel Regen geben. Am Dienstag und Mittwoch werde es wieder stärkeren Regen geben. Auch großflächig würden bis zu 20 Liter pro Quadratmeter fallen, im Harz bis zu 30 Liter, sagte der DWD-Meteorologe. «Da kommen wir wieder in unwetterartige und kritische Bereiche.» Sollten sich aktuellen Vorhersagen bestätigen, werde es im neuen Jahr lokal erneut zu Anstiegen kommen, teilte der NLWKN mit.

Feuerwerk an Silvester teilweise nicht erlaubt

Um den Einsatzkräften Mehrarbeit zu ersparen, empfahlen mehrere Städte, auf Feuerwerk und Böller in der Silvesternacht zu verzichten, so etwa die Stadt Celle. Die Einsatzkräfte seien mit dem Hochwasser bereits stark ausgelastet. Auch Umweltminister Christian Meyer (Grüne) empfahl einen Verzicht von Silvesterböllern in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten. Teilweise wurden auch Böllerverbote erlassen, wie etwa in der Gemeinde Lilienthal im Landkreis Osterholz und in Bremen.

Ausbau des Katastrophenschutzes gefordert

Angesichts des Hochwassers in Niedersachsen fordert der Städtetag von Bund und Ländern deutlich mehr Geld für den Katastrophenschutz. «Bund und Länder müssen die Mittel für den Hochwasser- und Katastrophenschutz wieder deutlich ausbauen – und zwar dauerhaft und nicht ad hoc über Sonderprogramme. In der Vergangenheit ist beim Katastrophenschutz zu viel gespart worden», sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der Deutschen Presse-Agentur.

Er verlangte auch eine stärkere Einbeziehung der Kommunen. «Das 2022 eingerichtete Gemeinsame Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz ist ein erster Ansatz. Es kann aber nur gut funktionieren, wenn auch die Kommunen viel stärker als bisher und auf Augenhöhe eingebunden werden.» Vor Ort lasse sich die Lage am besten beurteilen.

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