Corona-Variante B.1.525

Was wir über die neue Mutation wissen – und was nicht

Was wir über die neue Mutation wissen – und was nicht

Was wir über die neue Mutation wissen – und was nicht

Paula Bäurich/shz.de
Berlin
Zuletzt aktualisiert um:
Das Coronavirus Sars-CoV-2 ist weniger mutationsfreudig als zunächst erwartet. Foto: Sascha Steinach/imago images

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Das Coronavirus mutiert immer weiter. Insbesondere über die neuen Varianten ist noch sehr wenig bekannt.

Schon seit Monaten dominieren sie die Debatte um Lockerungen in Deutschland und auch weltweit: Die Corona-Mutationen. Nun ist eine neue Variante auch in Deutschland nachgewiesen worden. Das Unternehmen Centogene, das am Berliner Flughafen BER ein Testzentrum betreibt, berichtete, dass die Virusvariante B.1.525 bei einer Person festgestellt wurde.

Zuvor hatte das Unternehmen gesagt, es handle sich um den ersten Nachweis von B.1.525 in Deutschland. "Inzwischen wurden wir darauf hingewiesen, dass andere Forschungseinrichtungen die Variante bereits zuvor in Proben aus Deutschland entdeckt haben", schrieb das Unternehmen in einer Mitteilung.

B.1.525 vereint zahlreiche Mutationen

Besonders an der neu entdeckten Variante B.1.525 ist, dass sie eine Reihe von Mutationen aufweist, die Experten aufhorchen lassen. Teilweise sind diese auch in der britischen, südafrikanischen beziehungsweise brasilianischen Variante vorhanden. So weist die neue Variante unter anderem die Mutation E484K des Spike-Proteins auf, die es dem Virus leichter macht, sich Angriffen des Immunsystems zu entziehen.

Auch weist die Variante B.1.525 eine Mutation der britischen Variante auf, die sie deutlich ansteckender macht. "Es ist daher gut möglich, dass sie ansteckender ist als andere Varianten, die jede für sich bereits eine höhere Infektionsrate aufweist als der Wildtyp", zitiert das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) Peter Bauer, Chief Genomic Officer von Centogene.

 

Foto: dpa Infografik GmbH

B.1.525 wurde im Dezember vergangenen Jahres zuerst in Großbritannien entdeckt und verbreitet sich seitdem. Prozentual die meisten Nachweise von B.1.525 stammen aus Nigeria – dort findet sich die Variante in einem Viertel der untersuchten Proben. Wie gefährlich die Variante tatsächlich ist, lässt sich im Moment aber nur schwer beurteilen. Die Bedeutungen der anderen Spike-Mutationen von B.1.525 sind noch nicht bekannt. 

Variante in New York breitet sich weiter aus

Eine weitere Variante mit einer ganz ähnlichen Bezeichnung breitet sich derzeit in New York aus: B.1.526. Sie wurde erstmals im November 2020 nachgewiesen. Noch gibt es auch über diese Variante wenig Klarheit. Sicher sei nur, dass es sie gibt, sagt Epidemiologin Wafaa El-Sadr von der Columbia Universität der "Tagesschau". "Es sieht so aus, dass wir es mit einer Variante zu haben, die vorwiegend in New York grassiert. Aber was das genau bedeutet, das müssen wir erst herausbekommen." Auch diese Variante des Coronavirus weist die Mutation E484K des Spike-Proteins auf.

Neue Studie zu brasilianischer Variante P.1

Aufsehen erregt aktuell auch die brasilianische Variante P.1, die erstmals im Januar 2021 nachgewiesen wurde – inzwischen auch in Deutschland. Sie besitzt genetische Ähnlichkeiten mit der südafrikanischen Variante B.1.351. Forschende gehen deshalb davon aus, dass P.1 ansteckender ist als das ursprüngliche Virus und möglicherweise Eigenschaften hat, die die Immunantwort abschwächen, sowohl bei Genesenen als auch bei Geimpften.

Auch eine neue Studie von britischen und brasilianischen Forschern, die auf "Github" veröffentlicht wurde, deutet daraufhin. In der Studie, die vorab, also ohne Begutachtung durch andere Expertinnen und Experten, publiziert wurde, vermuten die Wissenschaftler, dass die Variante innerhalb von nur sieben Wochen alle anderen Varianten in Brasilien fast komplett verdrängt hat.

 

In Brasilien starben bereits mehr als eine Viertelmillion Corona-Patienten. Foto: AFP/Michael Dantas

Sie gehen davon aus, dass P.1 doppelt so ansteckend ist wie andere bisher entdeckte Varianten und sich in 25 bis 61 Prozent aller Fälle einer früheren Immunität entzieht. Nur so könne sich die schnelle Ausbreitung in der brasilianischen Region Manaus erklären, in der viele Menschen bereits Antikörper gegen das Virus entwickelt haben.

Klar ist noch nicht, ob P.1-Infektionen mit einer erhöhten Viruslast oder einer längeren Infektionsdauer einhergehen. Die in der Linie P.1 vorgefundenen Mutationen sind auch in der britischen Virusvariante B.1.1.7 und der brasilianischen Virusvariante B.1.1.28 nachgewiesen worden. Das würde den Forscher zufolge gegen eine höhere Aggressivität der der Variante P.1 sprechen.

Mutationen von Viren sind der Normalfall

Erst einmal ist es nichts Außergewöhnliches, dass Viren mutieren. Im Gegensatz zum Grippevirus mutiert Sars-CoV-2, das für die aktuelle Pandemie verantwortlich ist, sogar seltener als das Grippevirus. Dennoch entstehen auch beim Coronavirus Varianten – passieren kann das immer dann, wenn das Virus weitergegeben wird. Anders gesagt: Mutationen sind nichts anderes als Schreibfehler, wenn das Erbgut des Virus – in diesem Fall RNA – kopiert wird. Dabei entstehen manchmal neue Eigenschaften.

Die so entstandenen Varianten unterliegen einem Selektionsdruck. Ist ein Virus entstanden, das sich gegen andere Formen durchsetzen kann, hat es einen Vorteil und kann sich weiter verbreiten. Dass Impfstoffe an diese neuen Varianten angepasst werden müssen, ist ebenfalls üblich. So wird beispielsweise auch jedes Jahr aufs Neue die Grippeimpfung angepasst. Ob auch die Corona-Impfstoffe angepasst werden müssen, ist aber noch nicht abschließend klar. Einige zeigten in Studien auch bei Varianten Wirkung.

 

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