Präsidentenwahl

Comeback der berüchtigten Marcos-Dynastie auf den Philippinen?

Comeback der berüchtigten Marcos-Dynastie auf den Philippinen?

Comeback der berüchtigten Marcos-Dynastie auf den Philippinen?

dpa
Manila
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Ferdinand Marcos Jr. liegt in den Umfragen zur Präsidentschaftswahl deutlich vorne. Foto: Aaron Favila/AP/dpa

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Jahrzehntelang knechtete das Marcos-Regime auf den Philippinen das Volk. Aber viele junge Wähler können sich daran nicht erinnern. Jetzt könnte Ferdinand «Bongbong» Marcos Jr. der nächste Präsident werden.

Auf den Philippinen steht die umstrittene Familie des früheren Diktators Ferdinand Marcos vor dem Comeback.

Das Volk hatte das autokratische Regime 1986 aus dem Land getrieben - der Machthaber und seine schuhverliebte Ehefrau Imelda mussten nach Hawaii flüchten. 36 Jahre danach gilt ihr Sohn Ferdinand «Bongbong» Marcos Jr. (oder kurz: BBM) als Favorit bei der Präsidentenwahl.

Am Montag waren mehr als 67 Millionen Wahlberechtigte an die Urnen gerufen. Gewinnt der 64-Jährige, dann darf die berühmt-berüchtigte Dynastie triumphal in den Malacañang-Palast in Manila zurückkehren.

Die politische Konkurrentin verspricht Ehrlichkeit

Eine könnte ihm aber einen Strich durch die Rechnung machen: Die derzeitige Vize-Präsidentin und Oppositionsführerin Leni Robredo. Zwar lag sie bei Umfragen hinten, aber Beobachter glauben, dass es unterschwellig viele Befürworter für die 56-Jährige gibt - und sie das Rennen von hinten noch gewinnen kann.

Die studierte Anwältin versprach vor Hunderttausenden Anhängern vor allem eins: Ehrlichkeit. «Sollte ich Präsidentin werden, dann ist es mein Traum, dass alle am Ende meiner Amtszeit stolz darauf sind, Philippiner zu sein.»

Unterschiedlicher als Marcos Jr. und Robredo können zwei Konkurrenten nicht sein. «Die Hauptkandidatin der Opposition will die Demokratie auf den Philippinen wiederherstellen», brachte es Aries Arugay, Professor für Politikwissenschaft an der Universität der Philippinen, auf den Punkt. «Der andere will das Land weiter weg von der liberalen Demokratie führen, es populistischer und autoritärer machen, das ist glasklar.» Schließlich sei «Bongbong» der Sohn eines Diktators.

Relikte schamloser Plünderung

Haben die Philippiner vergessen, dass Ferdinand (1917-1989) und Imelda (heute 92) einst vor allem mit Mord, Folter, Kleptokratie und dem spurlosen Verschwinden politischer Gegner von sich reden machten? Oder warum ist ihr Sprössling zum neuen Politstar avanciert?

Zur Erinnerung: In den Schränken des Malacañang-Palastes wurden nach der Flucht Hunderte Handtaschen und Abendroben sowie Tausende Paar Schuhe gefunden. Relikte von mehr als zwei Jahrzehnten schamloser Plünderung und einem Jetset-Leben in Saus und Braus.

Interessant auch: An der Seite von Marcos Jr. kandidiert keine Geringere als Sara Duterte-Carpio (43) als Vize-Präsidentin. Und die ist die Tochter des international umstrittenen Noch-Amtsinhabers Rodrigo Duterte. Der darf nach sechs Jahren selbst nicht nochmal antreten.

Was von ihm in Erinnerung bleiben wird, ist sein überaus brutaler Kampf gegen die Drogenkriminalität mit Tausenden Toten. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ermittelt gegen ihn.

Millionen folgen Marcos Jr. auf TikTok und YouTube

«Bongbong» und Sara Duterte-Carpio zeigten derweil ein ganz anderes Gesicht während ihrer Kampagne - modern und allseits präsent in sozialen Netzwerken. Viele Wähler sind nicht einmal 30 Jahre alt und haben keine Erinnerung an die Zeit des Marcos-Regimes.

Millionen folgen Marcos Jr. auf TikTok und YouTube. Dort verbreitete er vor allem den Slogan «Einheit», um die Folgen der Corona-Pandemie anzugehen. Eine echte Vision für die Zukunft? Fehlanzeige. Interviews und öffentliche Debatten mied er wie der Teufel das Weihwasser.

Gleichzeitig distanzierte er sich nie öffentlich vom Erbe seiner Eltern. Seine Botschaft: Lasst uns nach vorne schauen und nicht mehr über die Vergangenheit streiten. Erst kürzlich bezeichnete er seinen Vater als «Staatsmann, ein politisches Genie». Der eigentliche politische Star in der Familie sei aber Mutter Imelda, die die Herzen aller gewinnen könne, «von den Marktverkäufern bis hin zur Königin von England».

Ungeniert verklärt er die Marcos-Diktatur zu einem vermeintlichen «goldenen Zeitalter» voller Wohlstand für das Land. Gerade jüngere Wähler scheinen ihm das zu glauben.

Desinformation der Wählerinnen und Wähler

«Das alles zeigt, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben, um bei den Menschen ein politisches Bewusstsein zu entwickeln», sagte die prominente Menschenrechtsaktivistin Etta Rosales. «Die Leute lesen nur noch die Schlagzeilen.»

Falls Marcos Jr. die Wahl gewinne, dann sei das vor allem auf die Desinformation der Wähler zurückzuführen. «Aber was können wir tun? Es bleibt uns nichts, als weiter für die Demokratie zu kämpfen.»

In dem südostasiatischen Inselstaat werden Präsident und Vize-Präsident unabhängig voneinander gewählt. Wer die meisten Stimmen bekommt, gewinnt. Insgesamt bewarben sich neun Männer und eine Frau (Robredo) um das höchste Amt im Staat.

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