US-Wahlkampf

Druck auf Biden steigt enorm - Präsident in Corona-Isolation

Druck auf Biden steigt enorm - Präsident in Corona-Isolation

Druck auf Biden steigt enorm - Präsident in Corona-Isolation

dpa
Washington/Milwaukee
Zuletzt aktualisiert um:
Mitten in einem ohnehin schon aufreibenden US-Wahlkampf hat Präsident Joe Biden positiv auf Corona getestet. Foto: Susan Walsh/AP

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Joe Biden kämpft darum, seine Präsidentschaftskandidatur zu retten. Nun meldet auch die erste Reihe der Partei Bedenken an. In einer unfreiwilligen Pause hat der Demokrat extra Zeit zum Nachdenken.

Nur wenige Tage nach dem Attentat auf Donald Trump ist die Debatte über die Eignung des demokratischen US-Präsidenten Joe Biden für eine zweite Amtszeit zurück - stärker denn je. Vor und hinter den Kulissen ist der 81-Jährige mit neuen Forderungen konfrontiert, aus dem Präsidentschaftsrennen auszusteigen. 

US-Medien zufolge versucht inzwischen die allererste Reihe der Demokraten, Biden zum Rückzug zu bewegen. Auch Ex-Präsident Barack Obama meldete demnach Bedenken an. Zu allem Überfluss infizierte sich der schwächelnde Präsident noch mit dem Coronavirus. Seinen Wahlkampf musste der Demokrat daher vorerst abbrechen. Die Republikaner demonstrieren derweil beim Parteitag in Milwaukee Geschlossenheit und scharen sich um Trump.

Biden steht wegen seines hohen Alters und Zweifeln an seiner geistigen Verfassung massiv unter Druck aus den eigenen Reihen. Nach dem Attentat auf den Republikaner Trump bei einem Wahlkampfauftritt am Wochenende war die Debatte über Bidens Kandidatur kurzzeitig in den Hintergrund gerückt. Nun ist sie mit voller Wucht zurück. 

Bedenken von ganz oben in der Partei

Nach mehreren anderen weniger bekannten Parteikollegen rief der prominente demokratische Abgeordnete aus dem Repräsentantenhaus, Adam Schiff, seinen Parteikollegen Biden öffentlich auf, sich aus dem Präsidentschaftsrennen zurückzuziehen. Schiff gilt als enger Vertrauter der früheren Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, die weiter großen Einfluss in der Partei hat und ein enges Verhältnis zu Biden pflegt. 

CNN berichtete wiederum, Pelosi selbst habe dem Präsidenten in einem persönlichen Gespräch gesagt, er könne Trump im Rennen ums Weiße Haus nicht schlagen. Sie hat sich öffentlich bislang zwar nicht offen gegen ihn gestellt, ihm aber auch auffallend nicht den Rücken gestärkt, sondern betont ausweichend auf entsprechende Fragen reagiert.

Im Vertrauen sollen neben Pelosi auch andere Spitzen-Demokraten den Daumen über Biden gesenkt haben. Die beiden führenden Demokraten im US-Kongress, Hakeem Jeffries und Chuck Schumer, warnten Biden übereinstimmenden Medienberichten zufolge davor, an seiner Präsidentschaftsbewerbung festzuhalten. Und: Auch Obama - Bidens früherer Chef und nach wie vor eine der wichtigsten Personen in der Partei - soll sich zu Wort gemeldet haben. Die «Washington Post» berichtete, der frühere Präsident, dessen Vize Biden damals war, habe vertrauten Personen gesagt haben, dass Bidens Chancen auf einen Wahlsieg stark gesunken seien und dieser sein Festhalten an der Kandidatur überdenken solle.

Dass diese nicht-öffentlichen Wortmeldungen der einflussreichsten Demokraten im Land parallel nach außen dringen, dürfte kein Zufall sein. Der Druck auf Biden ist nun enorm. 

Eine interessante Interview-Äußerung

Der Amtsinhaber hat bislang alle Rückzugsforderungen zurückgewiesen und klargemacht, dass er nicht vorhat, hinzuschmeißen. Die «New York Times» schrieb unter Berufung auf informierte Kreise nun aber, Biden habe sich in den vergangenen Tagen offen für derartige Warnungen gezeigt und die Argumente angehört. 

In einem am Mittwochabend (Ortszeit) ausgestrahlten TV-Interview wurde Biden erneut danach gefragt, ob es irgendwas gäbe, das ihn dazu bewegen könnte, seine Präsidentschaftsbewerbung aufzugeben. Da sagte er: «Wenn ich ein medizinisches Problem hätte, das sich herausstellen würde, wenn jemand zu mir käme und sagte, Sie haben dieses oder jenes Problem.» Dies ließ ebenfalls aufhorchen. 

Das Interview war bereits am Dienstag aufgezeichnet worden. Ausgerechnet am Mittwoch machte das Weiße Haus dann publik, dass sich Biden mit dem Coronavirus infiziert habe. Daraufhin zog er sich mit leichten Symptomen in sein Privathaus in Rehoboth im Bundesstaat Delaware zurück, wo er sich vorerst isoliert. 

Zwangspause im Wahlkampf

Biden war zuvor in Las Vegas im Bundesstaat Nevada unterwegs gewesen, um vor allem bei der hispanischen Bevölkerung um Stimmen zu werben. Nach dem Positivtest fielen zwei Wahlkampfauftritte ins Wasser. Und zunächst liegen weitere Termine auf Eis.

Der Arzt des Präsidenten teilte mit, Biden sei mit Atemwegsbeschwerden, einer laufenden Nase und Husten bei ihm vorstellig geworden. Er habe seine erste Dosis des Covid-Medikaments Paxlovid bekommen. Am Donnerstag erklärte der Mediziner, Biden habe noch immer milde Symptome. Fieber habe er nicht. Biden gehört wegen seines hohen Alters zur Risikogruppe. Er war zuletzt im Sommer vor zwei Jahren positiv auf das Virus getestet worden.

Die Corona-Zwangspause dürfte Biden Zeit zum Nachdenken geben. Seine Parteikollegen, die Zweifel an seiner Eignung für eine weitere Amtszeit haben, sorgen sich nicht nur darum, dass die Demokraten das Weiße Haus verlieren könnten, sondern womöglich auch die Kontrolle über beide Kongresskammern. 

Neben dem Präsidentenamt werden bei der US-Wahl Anfang November auch viele Sitze im Parlament neu vergeben. Das gesamte Repräsentantenhaus wird neu gewählt, im Senat wird ein Drittel der Sitze neu besetzt. Etliche Parlamentarier haben Sorge, dass die fehlende Unterstützung für Biden auch sie die Wiederwahl kosten könnte.

Feierstimmung bei den Republikanern

Ganz anders als bei den Demokraten ist die Stimmung aktuell bei den Republikanern. Beim Parteitag in Milwaukee wurde Trump am Montag offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der Partei gekürt. Seit Beginn des Spektakels in der riesigen Veranstaltungshalle läuft Trump dort jeden Abend unter dem Jubel seiner Parteikollegen auf.

Eine erste große Bewährungsprobe hatte am Mittwochabend (Ortszeit) Trumps Vizepräsidentschaftskandidat J. D. Vance. Er stellte Trump in seiner Rede als Mann der Mäßigung dar, der nach dem Attentat zur Einheit aufgerufen habe. Gleichzeitig präsentierte sich der gefeierte Buchautor und Jurist als Mann des Volkes. Der 39-Jährige versuchte in seiner Rede, besonders weiße Arbeiter in den politisch am meisten umkämpften Bundesstaaten anzusprechen. 

Die Republikaner präsentieren sich in Milwaukee seit Tagen geeint präsentiert und zeigen sich mit Blick auf die Wahl im November geradezu überschwänglich optimistisch.

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