EU-Korruptionsskandal

Fraktionsvorsitzende wollen Eva Kaili absetzen

Fraktionsvorsitzende wollen Eva Kaili absetzen

Fraktionsvorsitzende wollen Eva Kaili absetzen

dpa
Straßburg
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Die EU-Vizepräsidentin Eva Kaili soll wegen schwerer Korruptionsvorwürfe ihren Posten räumen. Foto: Eric Vidal/European Parliament/dpa

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Das EU-Parlament will erste Konsequenzen aus dem Skandal um Bestechlichkeit ziehen - Kaili soll ihren Posten räumen. Doch die endgültige Entscheidung steht noch aus. Derweil meldet sich die Beschuldigte zu Wort.

Die Fraktionsvorsitzenden im Europaparlament haben sich einstimmig dafür ausgesprochen, die unter Korruptionsverdacht stehende Eva Kaili als Vizepräsidentin abzusetzen. Dieser Vorschlag sei von der sogenannten Konferenz der Präsidenten getroffen worden, teilte Parlamentspräsidentin Roberta Metsola am Dienstag mit.

Die endgültige Entscheidung darüber liegt nun beim Plenum des Parlaments, das noch am selben Tag darüber abstimmen sollte.

Anwalt: Kaili weist Vorwürfe zurück

Kaili selbst ließ über ihren Anwalt am Dienstag ihre Unschuld beteuern. «Ihre Position ist, dass sie unschuldig ist. Sie hat nichts mit Geldflüssen aus Katar zu tun, überhaupt nichts», sagte Michalis Dimitrakopoulos dem griechischen Fernsehsender Open. Zu Details dürfe er sich nicht äußern. Auch habe er kein Bild davon, ob Gelder gefunden worden seien und wenn ja, welche Summen. Dimitrakopoulos wies jedoch griechische Medienberichte zurück, wonach unter der Kinderwiege der kleinen Tochter von Kaili 160.000 Euro gefunden worden seien.

Parlamentspräsidentin spricht von Wut, Zorn und Kummer

Metsola hatte sich bereits am Montag in einer eindringlichen Rede an das Parlament gewendet. Sie sprach angesichts der Enthüllungen von Wut, Zorn und Kummer. «Das Europäische Parlament, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird angegriffen, die europäische Demokratie wird angegriffen, und unsere Art der offenen, freien, demokratischen Gesellschaften wird angegriffen.» Zugleich versprach die Malteserin eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe im Parlament.

Bereits am Wochenende hatte Metsola der ehemaligen TV-Moderatorin Kaili, die eine von 14 Vize-Präsidentinnen und -Präsidenten des Parlaments ist, alle Befugnisse in diesem Amt entzogen. Aus ihrer griechischen Pasok-Partei und der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament wurde sie ausgeschlossen. Um sie nun noch als Vizepräsidentin abzusetzen, müssen mindestens zwei Drittel der Abgeordneten dem Vorschlag zustimmen.

«Da Eva Kaili nicht den Anstand besessen hat, von sich aus zurückzutreten, haben die Fraktionsvorsitzenden handeln müssen», sagte der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan der Deutschen Presse-Agentur. «Um weiteren Schaden von der europäischen Demokratie abzuwenden, braucht es jetzt eine unverzügliche und gründliche Aufarbeitung des Korruptionsskandals, dessen volles Ausmaß wir bislang noch nicht erahnen können.» Es müsse einen Untersuchungsausschuss und ein Ethikgremium geben. Die Fraktionschefin der Grünen Terry Reintke sagte der dpa: «Wir sind geeint in dem Ziel, volle Aufklärung zu erreichen und weitere präventive Maßnahmen zu ergreifen.» Ihre Fraktion werde sich für umfassende Transparenz einsetzen.

Insgesamt sechs Verdächtige festgenommen

Die griechische Sozialdemokratin Kaili ist eine von sechs Verdächtigen, die von den belgischen Behörden seit Freitag in dem Korruptionsskandal festgenommen worden sind. Vier von ihnen kamen am Sonntag in Untersuchungshaft, darunter die 44 Jahre alte Kaili selbst, ihr Freund und der ehemalige Europaabgeordnete Antonio Panzeri.

Sie werden der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, der Geldwäsche und der Korruption beschuldigt. Im Raum steht, dass das Golfemirat Katar, das derzeit die Fußball-Weltmeisterschaft ausrichtet, mit umfangreichen Geld- und Sachgeschenken versucht hat, Einfluss auf politische Entscheidungen im Europaparlament zu nehmen. Derzeit wird etwa auf EU-Ebene in Erwägung gezogen, die Visa-Regeln für Staatsbürger von Katar zu erleichtern - das Verfahren im Parlament liegt nach den Bestechungsvorwürfen erst einmal auf Eis. Katar wies die Vorwürfe zurück.

Die Behörden bringen unterdessen ihre Ermittlungen voran. Am Montag ließ die Anti-Geldwäsche-Behörde in Kailis Heimat Griechenland alle Vermögenswerte der 44-Jährigen, ihrer Eltern, ihrer Schwester und ihres Lebenspartners einfrieren. In Brüssel durchsuchten Ermittler zu Wochenbeginn Räumlichkeiten im EU-Parlament. Dabei wurden Daten von Computern von zehn parlamentarischen Mitarbeitern beschlagnahmt.

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