Gaza-Krieg

Geiselrettung und neue Angriffe auf den Libanon

Geiselrettung und neue Angriffe auf den Libanon

Geiselrettung und neue Angriffe auf den Libanon

dpa
Gaza/Tel Aviv/Beirut
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Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben zwei Geiseln aus der Gefangenschaft im Gazastreifen befreit. Foto: HO/Israelische Verteidigungsstreitkräfte via AP/dpa

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Israels geplante Bodenoffensive in Rafah sorgt für massive Kritik. Bei nächtlichen Luftangriffen kommen nach Militärangaben nun die ersten zwei zivilen Geiseln frei. Die News im Überblick.

Die Rettung zweier israelischer Geiseln im Süden des Gazastreifens ist nach Armeeangaben in einer dramatischen Befreiungsaktion unter heftigem Beschuss erfolgt. Das israelische Militär habe sich auf den Einsatz auf Basis nachrichtlicher Erkenntnisse seit einiger Zeit vorbereitet und einen geeigneten Moment abgewartet, sagte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari.

Unterdessen ist bei einem israelischen Drohnenangriff nach Angaben der Hisbollah im Libanon eines ihrer ranghohen Mitglieder getroffen worden. Das bestätigte die Miliz der Deutschen Presse-Agentur. Die Drohne habe auf ein Auto im Dorf Bint Dschbail im Süden des Landes gezielt. Bei dem Angriff sei Mohammed Aliwajih getroffen worden, bei der Hisbollah verantwortlich für die Region Marun al-Ras nahe der libanesisch-israelischen Grenze. Aliwajih sei lebensgefährlich verletzt worden.

Israels Armee teilte mit, Kampfjets hätten eine Reihe von Zielen der Hisbollah in der Grenzregion angegriffen. Diese hätten in der Gegend von Marun al-Ras auch ein Fahrzeug getroffen. In diesem hätten sich «Terroristen der Hisbollah» befunden. Die Armee habe auch Infrastruktur und Militäranlagen nahe der Grenze getroffen und zerstört.

Spezialoperation zur Geiselbefreiung

Die in einer Spezialoperation im südlichen Gazastreifen befreiten Geiseln sind im Krankenhaus bereits von ihren Familien in die Arme geschlossen worden. Es handelt sich um zwei Männer im Alter von 60 und 70 Jahren. Der argentinische Präsident Javier Milei schrieb bei X, vormals Twitter, die Befreiten seien israelisch-argentinische Doppelstaatsbürger.

Der Schwiegersohn eines der Befreiten sagte israelischen Medien, die Familie habe die Mitteilung in der Nacht bekommen und die vier erwachsenen Kinder seien direkt ins Krankenhaus gefahren. Trotz der mehr als viermonatigen Geiselhaft sei der 70-Jährige in vergleichsweise guten Zustand, er sehe nur etwas dünn und blass aus. «Er ist etwas schockiert von dem ganzen Trubel», sagte der Schwiegersohn dem israelischen Sender Kan vor dem Schiba-Krankenhaus nahe Tel Aviv. Dorthin wurden die Männer nach ihrer Befreiung mit einem Hubschrauber gebracht. «Er hat weniger erzählt, was ihm passiert ist, und wollte eher wissen, wie es uns geht, den Kindern und den Enkelkindern.» Er habe sich auch an die Geburtstage aller Angehörigen erinnert.

Die israelische Nachrichtenseite «ynet» berichtete, die Geiseln seien im Haus einer Familie in Rafah festgehalten und dort im zweiten Stock befreit worden. Die Befreiung geschah den Berichten zufolge im Zuge heftiger Kämpfe und Angriffe im Bereich von Rafah, bei denen nach palästinensischen Angaben Dutzende von Palästinensern getötet wurden.

Erste gelungene Befreiung

Es sind die ersten zivilen Geiseln, deren Befreiung seit Beginn des Gaza-Krieges vor mehr als vier Monaten gelungen ist. Ende Oktober hatten israelische Spezialkräfte bereits eine Soldatin aus der Gewalt der Hamas befreit. Eine andere Geisel war nach Militärangaben im Dezember bei einem gescheiterten Befreiungsversuch getötet worden.

Der israelische Präsident Izchak Herzog schrieb bei X: «Alle Achtung denen, die daran beteiligt waren, Fernando und Luis in einer wagemutigen Rettungsaktion heimzubringen. Wir werden weiter alles daransetzen, alle Geiseln nach Hause zu bringen.» Auch der israelische Außenminister Israel Katz dankte den Spezialkräften und sagte, man werde weiterhin alles tun, «um alle Geiseln aus der Gewalt der mörderischen Terrororganisation zu befreien».

Palästinenser berichten von Hunderten von Verletzten

Nach palästinensischen Angaben sind durch den Angriff auf Rafah Dutzende Palästinenser getötet worden. Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde berichtete von mindestens 70 Toten und mehr als 160 Verletzten. Unabhängig waren die Angaben zunächst nicht zu überprüfen.

Die islamistische Terrororganisation Hamas sprach in einer Mitteilung von «Massakern» an Frauen, Kindern und älteren Menschen, die zuvor aus anderen Teilen des Gazastreifens geflohen seien. Die Hamas nannte die Zahl von mehr als 100 Toten bei den Angriffen.

Israels Regierungschef rechtfertigt Vorgehen der Armee

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte der Armee des Landes am Freitag den Befehl erteilt, eine Offensive auf Rafah vorzubereiten. «Es ist unmöglich, das Kriegsziel der Eliminierung der Hamas zu erreichen, wenn vier Hamas-Bataillone in Rafah verbleiben», ließ er mitteilen. Die Armee soll deshalb die Evakuierung der Zivilisten in Rafah vorbereiten. Aus seiner Sicht rechtfertigt die Zahl der im Gazastreifen verbleibenden Geiseln Israels massives militärisches Vorgehen. Auf die Frage, wie viele Geiseln nach seinem Kenntnisstand noch am Leben sind, antwortete Netanjahu in einem Interview mit dem US-Sender ABC News: «Ich denke genug, um unsere Anstrengungen zu rechtfertigen, die wir unternehmen.»

Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen hatten bei ihrem Überfall auf Israel am 7. Oktober 1200 Menschen getötet und weitere 250 verschleppt. Israels Militär geht seitdem mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive gegen die Hamas und ihre Verbündeten in Gaza vor. Derzeit befinden sich noch 136 Menschen in der Gewalt der Hamas, von denen aber nach israelischen Militärangaben mindestens rund 30 nicht mehr am Leben sein dürften. Die Zahl der Getöteten könnte nach Medienberichten aber inzwischen auch schon bei 50 liegen. Die Sicherheitskräfte würden weiterhin «mit allen Mitteln» versuchen, die Geiseln nach Hause zu bringen, teilte das israelische Militär mit.

Gerettete Geiseln im Krankenhaus

Auch die beiden in der Nacht befreiten Geiseln seien bei dem Massaker der Hamas am 7. Oktober in das abgeriegelte Küstengebiet am Mittelmeer entführt worden, hieß es weiter. Sie seien nun zur medizinischen Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht worden. Israel gebe sein Bestes, um alle lebenden Geiseln zurückzuholen, sagte Netanjahu in dem ABC-Interview, «und offen gestanden auch die Leichen». Darauf werde er aber nicht näher eingehen. Die beiden Ziele, die Hamas zu besiegen und die Leben der Geiseln zu retten, schlössen sich nicht gegenseitig aus, sagte der israelische Ministerpräsident weiter.

Viele Angehörige der Geiseln werfen Netanjahu vor, die von internationalen Vermittlern geführten Verhandlungen zu torpedieren, die zu einer Waffenruhe im Krieg mit der Hamas und zu einem Austausch der Geiseln gegen palästinensische Häftlinge führen sollen. Bei einem Telefongespräch von US-Präsident Joe Biden mit Netanjahu am Sonntag ging es nach Angaben des Weißen Hauses um das gemeinsame Ziel, die Hamas zu besiegen und die langfristige Sicherheit Israels und des israelischen Volkes zu gewährleisten. Biden habe außerdem darauf gepocht, «die in den Verhandlungen (mit der Hamas) erzielten Fortschritte zu nutzen, um die Freilassung aller Geiseln so schnell wie möglich sicherzustellen».

UN-Kommissar: kollektive Bestrafung der Palästinenser verletzt Völkerrecht

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hat die Lage in Rafah im Süden des Gazastreifen als «schrecklich» bezeichnet. «Mir fallen eigentlich keine Worte mehr ein, wie man die Situation zurzeit beschreiben kann», sagte Türk im Morgenjournal des österreichischen Senders Ö1. In Rafah lebten heute 1,4 Millionen Menschen, vor Beginn der israelischen Angriffe seien es 300.000 gewesen. Die Menschen hätten dort nicht genügend zu essen und viele hätten erlebt, dass Familienangehörige getötet wurden. «In so einer Situation noch einen Angriff zu führen, da frage ich mich schon: Was muss noch passieren?», sagte Türk.

Das UN-Menschenrechtsbüro betrachte die Lage mit größter Sorge. «Die kollektive Bestrafung der Palästinenser, vor allem auch die Abkoppelung von humanitärer Hilfe, ist eine Verletzung des humanitären Völkerrechts», sagte Türk. «Ich habe sehr schwerwiegende Bedenken, dass das, was sich vor unseren Augen abspielt, noch verhältnismäßig ist.»

Mahnung zu Schutzmaßnahmen

Deutschland hat die israelische Regierung angesichts der angekündigten Militäroffensive erneut eindringlich zum Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung dort aufgerufen. «Wir sind angesichts der Lage in Rafah sehr besorgt. Dort sind ja über eine Million Menschen auf sehr engem Raum, (...) die dort Schutz suchen vor den Militäroperationen und die im Grunde ja nirgendwo anders mehr hin können», sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Es gelte, was Außenministerin Annalena Baerbock schon am Wochenende erklärt habe: Bevor es zu weiteren größeren Offensiven auf Rafah gegen die Hamas kommen sollte, müsse Israel klar darlegen, «wo und wie diese Menschen Schutz finden können - und zwar effektiven Schutz finden können».

Nach Klage: Niederlande stoppt vorerst Rüstungsexport

Die Niederlande dürfen nach einem Gerichtsurteil keine Ersatzteile des Kampfflugzeuges F-35 mehr nach Israel exportieren. Ein Gericht in Den Haag gab einer Klage von Menschen- und Friedensorganisationen statt. Es bestehe das große Risiko, dass Israel mit den Luftangriffen auf den Gazastreifen das humanitäre Kriegsrecht verletze. «Israel nimmt bei den Angriffen zu wenig Rücksicht auf die Folgen für die Zivilbevölkerung», hieß es weiter. Das Gericht erlegte dem Staat auf, innerhalb der nächsten sieben Tage die Ausfuhr der Ersatzteile nach Israel zu stoppen. Der Staat kann noch in die Revision gehen.

Auf einem Luftwaffenstützpunkt im Süden des Landes befindet sich das europäische Ersatzteillager des US-Herstellers der Kampfflugzeuge F-35. Auch Israel wird von hier aus beliefert.

Die Organisationen Oxfam Novib, Pax Niederlande und The Rights Forum hatten den Staat verklagt und auf möglichen Völkermord und Kriegsverbrechen durch Israel verwiesen. Der niederländische Staat sei durch die Rüstungsexporte mitverantwortlich. Der Verteidiger des Staates hatte sich auf das Selbstverteidigungsrecht Israels berufen. Ein Verstoß gegen das Kriegsrecht sei nicht nachgewiesen.

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