Nahost

Hamas-Führer im Iran getötet - Drohungen gegen Israel

Hamas-Führer im Iran getötet - Drohungen gegen Israel

Hamas-Führer im Iran getötet - Drohungen gegen Israel

dpa
Teheran/Tel Aviv/Doha
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Hamas meldet Tötung ihres Auslandschefs Hanija in Teheran Foto: ---/dpa

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Bei einem Besuch im Iran wird der Auslandschef der Hamas gezielt getötet. Teheran und die Hamas beschuldigen Israel. Viele Länder zeigen sich besorgt.

 

Teheran/Tel Aviv/Gaza (dpa) - Nach der gezielten Tötung eines hochrangigen Führers der islamistischen Hamas drohen der Iran und die Hamas Israel mit Vergeltung. Nach Angaben der Hamas wurde ihr Auslandschef, Ismail Hanija, bei einem israelischen Angriff in Teheran getötet. Die Regierung in Jerusalem hat sich dazu bislang nicht geäußert. «Dieses reine Blut wird sicherlich nicht umsonst geflossen sein», hieß es in einer Stellungnahme des militärischen Arms der Hamas auf Telegram. Der oberste Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, kündigte eine «harte Bestrafung» an.

Hanija befand sich auf einem Besuch in der iranischen Hauptstadt, um der Vereidigung des neuen iranischen Präsidenten Massud Peseschkian beizuwohnen. Bei der Veranstaltung am Dienstag im Parlament saß er in den vorderen Reihen, wie im Staatsfernsehen zu sehen war. Abgeordnete umringten und machten Selfies mit ihm, er formte wie andere mit seinen Fingern ein «V» für Victory (Sieg). Laut der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim wurde Hanija wenige Stunden später, um 2.00 Uhr morgens Ortszeit (0.30 Uhr MESZ), in einer Residenz im Norden der Hauptstadt tödlich getroffen. 

Nach Hamas-Darstellung wurde er durch einen gezielten Raketenangriff getötet. «Eine Rakete traf den Raum, in dem Ismail Hanija sich aufhielt, und er wurde direkt getroffen», sagte der ranghohen Hamas-Funktionär Chalil al-Haja in Beirut. 

In der Stellungnahme des militärischen Flügels der Hamas hieß es weiter, der Anschlag auf Hanija werde große Auswirkungen auf die gesamte Region haben. Israel werde den Preis für die Tat bezahlen «an jedem Ort, den die Hände unserer Mudschahedin erreichen.»

Auch Irans Religionsführer Chamenei kündigte Vergeltung an. «Das kriminelle zionistische Regime (Israel) hat unseren Gast in unserem Haus ermordet», wurde Chamenei auf seiner Website zitiert. «Es wird eine harte Bestrafung geben.» Chamenei sagte demnach, das ganze Land trauere um einen mutigen und heiligen Krieger. Zu den Ergebnissen einer eilig einberufenen Krisensitzung des iranischen Nationalen Sicherheitsrats gab es zunächst noch keine öffentlichen Mitteilungen.

Vorwürfe aus Teheran auch an die USA

Der Iran machte die USA zugleich mitverantwortlich für den Tod Hanijas. «Auch die USA sind für diesen brutalen Terrorakt verantwortlich», hieß es in einer Mitteilung des iranischen Außenministeriums. Washington habe die israelische Regierung schon immer unterstützt und deren Verbrechen stets befürwortet. Daher spielten die USA auch in diesem Vorfall eine Rolle. 

US-Außenminister Antony Blinken sagte bei einem Besuch in Singapur, die USA seien nicht am gewaltsamen Tod Hanijas beteiligt gewesen und hätten auch von der Tötung nichts gewusst. Blinken betonte erneut die Notwendigkeit einer Waffenruhe im Gazastreifen, um die Spannungen in Nahost abzubauen. 

Trauer im Westjordanland

Hanija ist seit 2017 Vorsitzender des Politbüros der Hamas, das als oberste Entscheidungsinstanz gilt. Er gilt als «übergreifender» Chef der Hamas, während Jihia al-Sinwar Chef im Gazastreifen ist. Hanija ist der ranghöchste Hamas-Anführer, der seit Beginn des Gaza-Krieges vor rund zehn Monaten getötet wurde. 

Er lebte seit 2017 im Golfemirat Katar. Zur Hamas stieß er Ende der 1980er Jahre als junger Mann während des ersten Palästinenseraufstands Intifada gegen die israelische Besatzung. Er saß mehrere Haftstrafen in israelischen Gefängnissen ab und überlebte 2003 bereits einen Versuch Israels, ihn mit einem Raketenschlag zu töten.

Ungeachtet der langen Auseinandersetzung mit der Hamas verurteilten die Palästinensische Autonomiebehörde und die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO die Tötung von Hanija scharf. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sprach von einem «feigen Akt» und ließ die Flaggen auf halbmast setzen. Der Leiter der palästinensischen Autonomiebehörde sprach von einer «gefährlichen Entwicklung». 

Drohungen auch von Iran-treuen Milizen im Irak und der Hisbollah

Auch von Iran-treuen Milizen im Irak kamen Drohungen. Der Anführer der Nudschaba-Miliz im Irak, Akram Kaabi, erklärte, die USA und Israel hätten «sich selbst die Tore zur Hölle geöffnet». Die Nudschaba-Miliz ist Teil eines Verbunds aus Iran-treuen Milizen im Irak, die ihre Angriffe auf von den USA genutzte Stützpunkte in der Region seit Beginn des Gaza-Kriegs deutlich verstärkt haben. Nudschaba gilt dabei als eine der aggressivsten.

Die libanesische Hisbollah erwartet nach der Tötung Hanijas mehr Widerstand gegen Israel. Hanija «war einer der großen Widerstandskämpfer unserer Zeit, der sich mutig gegen US-Vorherrschaft und zionistische Besatzung wehrte», hieß es von der Miliz. Die Hisbollah ist mit der Hamas im Gazastreifen verbündet, beide sind wiederum Verbündete des Irans. Die Nachricht von Hanijas Tötung folgte nur wenige Stunden nach einem israelischen Luftangriff auf einen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut, bei dem laut israelischer Armee Fuad Schukr getötet wurde, ein ranghoher Hisbollah-Kommandeur.

Im Iran wurde nach dem Vorfall eine dreitägige Staatstrauer angeordnet. Für Donnerstag ist zudem ein Trauermarsch in Teheran geplant. Danach werde Hanijas Leichnam in die katarische Hauptstadt Doha überführt, teilte die Hamas mit. Die Trauerfeier solle am Freitagmittag mit einem Gebet beginnen. Hanijas Leichnam solle dann auf einem Friedhof in der Stadt Lusail nördlich von Doha bestattet werden. Erwartet würden dazu «arabische und islamische Anführer».

Sorge in Berlin, Moskau und Peking

Angesichts einer möglichen Ausweitung des Krieges in Nahost wollte der Weltsicherheitsrat in New York noch am Mittwochabend (22.00 Uhr MESZ) zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen. Die Bundesregierung warnte nach Hanijas Tod vor einer weiteren Eskalation der Lage im Nahen Osten. «Wir rufen alle Akteure zu maximaler Zurückhaltung auf. Die Logik gegenseitiger Vergeltungsschläge ist ein Irrweg», sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes vor Journalisten in Berlin. Er rief dazu auf, einen kühlen Kopf zu bewahren und alles für eine Deeskalation zu tun. «Auch die Chance auf ein Geiselabkommen und einen Waffenstillstand in Gaza darf jetzt nicht verspielt werden.» Hanija war eine wichtige Kontaktperson in den indirekten Verhandlungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg.

Kremlsprecher Dmitri Peskow verurteilte den Angriff. «Wir denken, dass solche Handlungen gegen Versuche gerichtet sind, in der Region Frieden zu schaffen. Sie können die ohnehin gespannte Situation deutlich destabilisieren», sagte er russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Moskau pflegt enge Kontakte zu Teheran und zur Hamas.

Auch aus China kam Kritik. «Wir sind äußerst besorgt über den Vorfall, lehnen die Ermordung entschieden ab und verurteilen sie», sagte ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums. China sei tief besorgt, dass der tödliche Angriff auf Hanija zu weiterer Instabilität in der Region führen könnte.

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