Krieg in der Ukraine

Israels Ministerpräsident Bennett zu Gespräch bei Putin

Israels Ministerpräsident Bennett zu Gespräch bei Putin

Israels Ministerpräsident Bennett zu Gespräch bei Putin

dpa
Moskau/Tel Aviv
Zuletzt aktualisiert um:
Wladimir Putin: Die wichtigste Forderung ist die Entmilitarisierung der Ukraine. Foto: Andrei Gorshkov/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Israel ist als Vermittler im Ukraine-Krieg im Gespräch. Auch Erdogan will mit Putin sprechen. Der versucht derweil, die eigene Bevölkerung zu beruhigen.

Israels Ministerpräsident Naftali Bennett hat bei einem Überraschungsbesuch in Moskau mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über den Ukraine-Krieg gesprochen. Bennett halte sich zu einem kurzen Arbeitsbesuch in Moskau auf, teilte der Kreml mit.

Noch am Samstagabend will Bennett in Berlin mit Bundeskanzler Olaf Scholz über den Ukraine-Konflikt beraten. Das verlautete aus deutschen Regierungskreisen. Das Treffen wurde auch vom Büro Bennett in Israel bestätigt.

«Die Situation rund um die Ukraine wird diskutiert», hieß es vom Kreml zu dem Gespräch in Moskau. Das Büro Bennetts bestätigte den Besuch ebenfalls. Aus Regierungskreisen in Jerusalem hieß es, das Gespräch habe drei Stunden lang gedauert. Bennett habe sich mit den USA, Deutschland und Frankreich abgestimmt und sei «in ständiger Kommunikation mit der Ukraine». Er habe mit Putin auch über die Lage der Israelis und der jüdischen Gemeinden angesichts des Konflikts gesprochen.

Im Ukraine-Krieg ist Israel als Vermittler im Gespräch. Nach Medienberichten soll der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Bennett vor einer Woche gebeten haben, in Israel Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine auszurichten. Israel hat gute Beziehungen zu beiden Ländern, befindet sich daher aber auch in einem Zwiespalt. Es will seinen wichtigsten Bündnispartner, die USA, nicht verärgern, ist aber gleichzeitig aus strategischen Gründen vom Wohlwollen Moskaus abhängig, unter anderem in den Konflikten mit Syrien und dem Iran.

Nach Angaben von Bennetts Büro war bei dem Treffen mit Putin auch der israelische Wohnungsbauminister Seew Elkin zugegen, der bei der Übersetzung helfe. Elkin stammt aus der ukrainischen Stadt Charkiw und gilt als Putin-Kenner. Er hatte auch stets bei den Treffen von Bennetts Amtsvorgänger Benjamin Netanjahu mit Putin teilgenommen.

Putin: Keine Grundlage für Kriegsrecht in Russland

Putin sieht derzeit keine Voraussetzungen für die Ausrufung des Kriegsrechts in Russland. Für eine solche Lage seien eine Aggression von außen oder Kämpfe in konkreten Regionen erforderlich, sagte Putin am Samstag nach Angaben russischer Agenturen in Moskau.

«Aber wir haben eine solche Situation nicht, und ich hoffe, sie kommt auch nicht.» Auch den Ausnahmezustand plane er nicht. Er trat damit Befürchtungen vieler Russen entgegen. Viele haben deshalb das Land schon verlassen.

Die finnische Bahn weitet derweil ihre Zugverbindung vom russischen St. Petersburg in die Hauptstadt Helsinki aus. Tausende seien bereits in Finnland angekommen, neben dem Schnellzug Allegro seien auch die Busse auf der rund 400 Kilometer langen Strecke zwischen St. Petersburg und Helsinki voll, berichtete der finnische Fernsehsender Yle. Russland und Finnland sind Nachbarstaaten und haben eine gemeinsam Grenze von rund 1300 Kilometern Länge.

Auch Erdogan will mit Putin sprechen

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will am Sonntag mit Putin zum Ukraine-Krieg telefonieren. Das kündigte Erdogans Sprecher, Ibrahim Kalin, nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu an. Das Nato-Mitglied Türkei unterhält enge Beziehungen zur Ukraine und zu Russland. Ankara verurteilt die Invasion, beteiligt sich aber nicht an Sanktionen gegen Russland. Die türkische Regierung hat sich mehrmals als Vermittler angeboten und zu einem Waffenstillstand aufgerufen.

Der Türkei kommt auch eine wichtige Rolle zu, weil sie die Hoheit über die Meerengen zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer (Dardanellen und Bosporus) hat. Zurzeit beschränkt die Türkei die Durchfahrt für Kriegsschiffe der Konfliktparteien. So hatte Ankara vor rund einer Woche den Versuch Moskaus, weitere Kriegsschiffe durch die Meerengen ins Schwarze Meer zu bringen, abgewiesen. Die Durchfahrtsrechte sind im Vertrag von Montreux geregelt, den die Türkei umsetzt.

Putins Bedingungen für ein Ende des Krieges

Einmal mehr wiederholte Putin seine Bedingungen für ein Ende des russischen Kriegs gegen die Ukraine. «Unsere Vorschläge liegen bei einer Gruppe von Unterhändlern aus Kiew auf dem Tisch. Wir hoffen, dass sie positiv darauf reagieren werden.» Die wichtigste Forderung sei die Entmilitarisierung der Ukraine. «Wir müssen klar und deutlich wissen, welche Waffen wo sind und unter welcher Kontrolle sie stehen.» Dazu würden verschiedene Optionen derzeit mit der ukrainischen Delegation diskutiert.

Nach Putins Angaben ist die «Zerstörung der militärischen Infrastruktur» in der Ukraine «als Teil der Operation (...) praktisch abgeschlossen». Er nannte etwa Waffen- und Munitionslager.

Putin warnt Westen vor Flugverbotszone

Putin warnt außerdem vor der Durchsetzung einer Flugverbotszone über der Ukraine. «Jede Bewegung in diese Richtung wird von uns als Teilnahme des jeweiligen Landes an einem bewaffneten Konflikt betrachtet», sagte Putin am Samstag bei einem Treffen mit Pilotinnen der Staatsfluggesellschaft Aeroflot. Es spiele dann auch keine Rolle, welcher Organisation diese Länder angehörten.

Die Nato hatte eine entsprechende Forderung der Ukraine bereits zurückgewiesen. Die Alliierten seien sich einig, dass Nato-Flugzeuge nicht im ukrainischen Luftraum operieren sollten, hatte der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, am Freitag gesagt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Nato-Staaten zuvor eindringlich aufgefordert zu verhindern, dass Russland weiter Luftangriffe auf sein Land starten könne.

US-Regierung: Amerikaner sollen Russland verlassen

Die US-Regierung verschärfte derweil ihre Reisewarnung für Russland weiter und rief alle US-amerikanischen Staatsbürger zur sofortigen Ausreise aus dem Land auf. «US-Staatsbürger sollten Russland sofort verlassen», teilte das Außenministerium in Washington am Samstag mit. Es gebe noch begrenzte Flugmöglichkeiten. Überlandstrecken seien noch geöffnet. In der vorherigen Reisewarnung vom vergangenen Montag hatte die US-Regierung Amerikaner aufgerufen zu «erwägen», Russland sofort zu verlassen. Das Ministerium warnte, in Russland könnten US-Bürgern Schikanen der Sicherheitskräfte drohen, zudem könne die Botschaft dort in Notfällen nur noch begrenzt unterstützen.

Mehr lesen