Russische Invasion

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

dpa
Kiew/Dnipro
Zuletzt aktualisiert um:
Rettungskräfte räumen Trümmer weg, nachdem eine russische Rakete nach ukrainischen Angaben in ein Hochhaus eingeschlagen ist. Foto: Evgeniy Maloletka/AP/dpa

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Nach dem verheerenden russischen Raketenangriff auf ein Wohnhaus in Dnipro am Wochenende werden noch immer viele Bewohner vermisst. Es gibt immer mehr Tote. Die Entwicklungen der Nacht im Überblick.

Dutzende Bewohner eines Hochhauses in der zentralukrainischen Stadt Dnipro gelten nach dem Einschlag einer russischen Rakete am Samstag weiter als vermisst. Rettungskräfte suchten in den Trümmern des Wohnhauses weiter nach mehr als 35 Menschen, sagte der Militärgouverneur des Gebiets Dnipropetrowsk, Walentyn Resnitschenko, am Montag. In der Nacht seien weitere Leichen aus den Trümmern geborgen worden. Zugleich machte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensnykj dem schweigenden Teil der russischen Bevölkerung schwere Vorwürfe.

Im Laufe des Wochenendes war die Zahl der Toten in Dnipro immer weiter angestiegen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach sich für die Lieferung weiterer schwerer Waffen an die Ukraine aus.

Mindestens 35 Tote in Dnipro

«Wir kämpfen um jeden Menschen», betonte Selenskyj mit Blick auf die Verschütteten in Dnipro. «Und die Rettungsarbeiten werden so lange andauern, wie auch nur die geringste Chance besteht, ein Leben zu retten.» Die Zahl der Toten stieg offiziellen Angaben zufolge auf 35, darunter zwei Kinder. Das teilte der Militärgouverneur mit. Weitere 75 Menschen wurden demnach verletzt.

Selenskyj sprach in seiner Videobotschaft zudem auf Russisch die Menschen im Nachbarland an: «Ich möchte mich an alle in Russland wenden, die nicht einmal jetzt ein paar Worte der Verurteilung für diesen Terror haben, obwohl sie alles klar sehen und verstehen. Euer feiges Schweigen wird nur damit enden, dass diese Terroristen eines Tages auch hinter euch her sein werden.»

EU-Chefdiplomat Josep Borrell verurteilte das Vorgehen der russischen Seite als «unmenschliche Aggression, mit Zivilisten und Kindern als direkten Zielen». Die Verbrechen würden nicht straflos bleiben. Und die EU werde die Ukraine solange unterstützen, wie es nötig sei.

Der Angriff auf das im Gebiet Dnipropetrowsk gelegene Dnipro war der folgenreichste von mehreren Angriffen am Samstag. Die heftigste russische Angriffswelle seit dem Jahreswechsel richtete sich erneut auch gegen die ukrainische Energieinfrastruktur. Neben Dnipropetrowsk waren etwa auch die Region um die Hauptstadt Kiew und Charkiw im Osten schwer betroffen.

Ukraine beklagt Strom-Engpässe

Die Ukraine stellte ihre Bürger vor diesem Hintergrund auf verstärkte Probleme bei der Stromversorgung ein. Landesweit müsse die vielerorts ohnehin schon deutlich reduzierte Strommenge pro Haushalt noch weiter gedrosselt werden, um größere Engpässe zu vermeiden, teilte der staatliche Stromnetzbetreiber Ukrenerho auf Facebook mit. Auch Notabschaltungen seien nicht ausgeschlossen.

Russland und Belarus starten gemeinsames Manöver

Inmitten von Ängsten in der Ukraine vor neuen russischen Angriffen auch aus Belarus begannen Minsk und Moskau unterdessen ein Manöver ihrer Luftstreitkräfte. Hauptziel der gemeinsamen taktischen Übung von Flugeinheiten verschiedener Truppenteile sei eine Verbesserung des Zusammenspiels, um Aufgaben der Kampfausbildung zu erfüllen, teilte das belarussische Verteidigungsministerium in Minsk mit. Beteiligt seien im Land alle Militärflugstützpunkte und Truppenübungsplätze der Luftstreitkräfte sowie der Flugabwehr der Republik Belarus, hieß es.

Derweil hielten sich in der benachbarten Ukraine weiter Befürchtungen, dass Russland Belarus wie zu Beginn des Krieges vor gut einem Jahr erneut für Angriffe auf das Land nutzen könnte. Zwar hatte Machthaber Alexander Lukaschenko in Belarus stets betont, er wolle sich nicht in den Krieg hineinziehen lassen. Die Ukraine sieht Belarus aber längst als Kriegspartei. Russland hatte zuletzt Tausende Soldaten und Militärtechnik in das Land verlegen lassen.

Nato-Chef erwartet mehr Waffenlieferungen

Vor neuen Gesprächen in Ramstein über westliche Militärhilfe für die Ukraine sprach sich Nato-Generalsekretär Stoltenberg für die Lieferung weiterer schwerer Waffen an die Ukraine aus. «Die jüngsten Zusagen für schweres Kriegsgerät sind wichtig - und ich erwarte schon in naher Zukunft mehr», sagte Stoltenberg dem «Handelsblatt».

Großbritannien hatte am Samstag angekündigt, der Ukraine 14 Kampfpanzer vom Typ Challenger 2 zur Verfügung zu stellen. Auf die Frage, ob sich auch Deutschland jetzt bewegen müsse, sagte Stoltenberg: «Wir sind in einer entscheidenden Phase des Kriegs. Wir erleben heftige Gefechte. Daher ist es wichtig, dass wir die Ukraine mit den Waffen ausstatten, die sie braucht, um zu gewinnen - und als unabhängige Nation fortzubestehen.»

Der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk machte den Vorschlag, auch deutsche Kampfjets an sein Land zu liefern. Die Bundeswehr habe 93 Tornados in ihrer Flotte, die bald ausgemustert und durch moderne F-35-Tarnkappenjets ersetzt würden. Diese Tornados seien zwar alte, aber «noch immer sehr mächtige» Kampfjets, schrieb der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland auf Twitter. An die Adresse von Bundeskanzler Olaf Scholz richtete Melnyk die Frage: «Warum nicht diese Tornados an die Ukraine liefern?» Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter begrüßte den Vorschlag auf Twitter.

Tote nach Explosion in russischer Kaserne

Infolge einer schweren Explosion wurden in einer Kaserne in der westrussischen Region Belgorod drei Soldaten getötet und 16 weitere verletzt. Acht weitere Männer würden seit dem Vorfall, der sich bereits am Samstag in der an die Ukraine grenzenden Region ereignete, vermisst, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf Rettungsdienste. Den Angaben zufolge hatte ein Unteroffizier versehentlich eine Handgranate zur Detonation gebracht, woraufhin in dem Gebäude ein Feuer ausbrach. Er selbst erlitt demnach schwere Verletzungen und wurde in ein Krankenhaus gebracht.

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