Russische Invasion

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

dpa
Kiew
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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft auf eine baldige Aufnahme seines Landes in die EU. Foto: Ukraine Presidency/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa

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Außenministerin Annalena Baerbock ist in die Ukraine gereist. Wolodymyr Selenskyj hofft auf einen schnellen EU-Beitritt und Joe Biden unterzeichnet einen wichtigen Vertrag. Die Entwicklungen im Überblick.

Außenministerin Annalena Baerbock ist als erstes deutsches Kabinettsmitglied seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine in die Hauptstadt Kiew gereist.

Die Grünen-Politikerin informierte sich zu Beginn ihres Besuches über die Lage im Vorort Butscha, wo nach dem Abzug der russischen Truppen mehr als 400 Leichen gefunden worden waren. In einer Kirche zündete sie eine Kerze für die Opfer an.

«Wir sind es diesen Opfern schuldig, dass wir hier nicht nur gedenken, sondern dass wir die Täter zur Verantwortung bringen und ziehen», sagte sie. «Das werden wir als internationale Gemeinschaft tun. Das ist das Versprechen, was wir hier in Butscha geben können und geben müssen», betonte sie.

Wenig später zeigte sich Baerbock bei einem Besuch in dem schwer zerstörten Kiewer Vorort Irpin beeindruckt vom Mut der Ukrainer im Kampf gegen die russische Aggression. «Sie sind ein sehr tapferes Land, und alles, was wir tun können ist, an Ihrer Seite zu stehen», sagte die Außenministerin.

Wohl Tausende tote Zivilisten in Mariupol

In Mariupol sind nach Überzeugung der UN-Menschenrechtsbeauftragten in der Ukraine Tausende Zivilisten ums Leben gekommen. Matilda Bogner, Leiterin der Kommission, die die Menschenrechtslage in der Ukraine seit 2014 untersucht, sagte in Genf, bislang habe die Sicherheitslage es nicht erlaubt, die Fälle einzeln zu dokumentieren. Daran werde aber gearbeitet. «Mariupol ist das große schwarze Loch», sagte Bogner. «Wir gehen davon aus, dass es dort Tausende Tote gab, Zivilisten, die wegen der Kämpfe umgekommen sind.»

Geistlicher bittet Kremlchef Putin um Hilfe in Mariupol

In einem neuen Appell hat der hohe ukrainische Geistliche Onufrij Kremlchef Wladimir Putin um eine Rettung der Menschen aus dem Stahlwerk der Hafenstadt Mariupol gebeten. Putin solle sich wie ein Christ verhalten und die eingekesselten Zivilisten, die Kämpfer und Sicherheitskräfte auf von der Ukraine kontrolliertes Gebiet oder in Drittstaaten fliehen lassen. Ein vom Kreml gewähltes Vermittlerland könne die Mission führen, sagte der Vorsteher der größten ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats.

Nach ukrainischen Behördenangaben sollen in dem Stahlwerk noch rund 100 Zivilisten ausharren, viele Menschen hatten die Anlage zuletzt verlassen können. Zudem sollen sich dort nach russischen Angaben mehr als 2000 ukrainische Kämpfer und ausländische Söldner verschanzt haben. Die Kämpfer hatten bisher Forderungen Putins abgelehnt, sich zu ergeben und die Waffen niederzulegen.

Selenskyj hofft auf baldigen EU-Beitritt

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft, dass seinem Land schon im Juni der Status eines EU-Beitrittskandidaten zuerkannt wird. Das sagte er in seiner täglichen Videoansprache.

Stunden zuvor waren rund 1000 Seiten Dokumente als Antwort auf den berühmten Fragebogen zur EU-Mitgliedschaft an Brüssel übergeben worden. In Washington unterzeichnete US-Präsident Joe Biden ein Gesetz, das die Lieferung von Rüstungsgütern an die Ukraine und andere osteuropäische Staaten erleichtert.

Dobrindt: EU-Aufnahme kann Jahrzehnte dauern

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat die Hoffnungen der Ukraine auf eine schnelle Aufnahme in die Europäische Union deutlich gedämpft. «Eine kurzfristige EU-Mitgliedschaft ist sicherlich nicht absehbar. Da reden wir über Prozesse, die Jahrzehnte dauern können», sagte Dobrindt in Berlin. Dazu seien in einem Land grundlegende Strukturveränderungen notwendig.

Möglich sei aber der Status einen EU-Beitrittskandidaten. Das werde die Union auch unterstützen. «Einen schnellen Beitritt sehen wir an der Stelle nicht. Das ist etwas, was ganz lange dauern kann und dauern wird und ein offenes Ergebnis hat», betonte der CSU-Politiker.

Biden unterzeichnet Gesetz für Rüstungslieferungen

US-Präsident Biden unterzeichnete ein Gesetz, das - ähnlich wie das Lend-Lease-Gesetz aus den Zeiten des Zweiten Weltkriegs - die Lieferung von Rüstungsgütern an die Ukraine und andere osteuropäische Staaten erleichtert. Biden sprach von einem «wichtigen Instrument zur Unterstützung der ukrainischen Regierung und des ukrainischen Volkes in ihrem Kampf zur Verteidigung ihres Landes und ihrer Demokratie» gegen den Krieg von Russlands Präsident Wladimir Putin. «Die Kosten des Kampfes sind nicht gering. Aber ein Nachgeben gegenüber der Aggression ist noch teurer.»

Selenskyj sprach von einem «historischen Schritt». Die Ukraine sei dankbar, twitterte er. «Ich bin sicher, dass wir wieder gemeinsam gewinnen. Und wir werden die Demokratie in der Ukraine verteidigen. Und in Europa. Wie vor 77 Jahren.»

Der US-Präsident wird somit bis 2023 ermächtigt, der Ukraine und anderen Staaten in Osteuropa, die vom russischen Angriffskrieg betroffen sind, militärische Ausrüstung zu leihen oder zu verpachten. Ein ähnliches Leih- und Pachtgesetz hatte der US-Kongress 1941 verabschiedet: Dies erlaubte es den USA, Rüstungsgüter an Alliierte im Kampf gegen die Nationalsozialisten zu liefern.

Tote und Verletzte bei Raketenangriffen auf Odessa

Bei russischen Raketenangriffen auf die ukrainische Hafenstadt Odessa sind in der Nacht mindestens ein Mensch getötet und fünf weitere verletzt worden. Das berichtete die Agentur Unian unter Berufung auf die örtliche Militärführung. «Der Feind hält seinen psychologischen Druck aufrecht und setzt seine hysterischen Attacken gegen friedliche Zivilisten und die zivile Infrastruktur fort», hieß es.

Die Stadt wurde am Abend von zahlreichen Explosionen erschüttert. Nach Medienberichten wurden unter anderem ein Einkaufszentrum und ein Warenlager getroffen. Kurz zuvor hatte die russische Luftwaffe nach Darstellung des ukrainischen Militärs mehrere Hyperschallraketen vom Typ Kinschal auf Odessa abgefeuert. Dabei seien «touristische Objekte» getroffen und mindestens fünf Gebäude zerstört worden, berichtete die «Ukrajinska Prawda».

Die Hafenstadt im Süden der Ukraine ist seit Sonntagabend Ziel verstärkter russischer Raketenangriffe. Am Montagnachmittag schlugen während eines Besuchs von EU-Ratspräsident Charles Michel mehrere Raketen in der Region ein. Michel und der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal mussten deswegen Schutz suchen. Damit zeige Russland seine wahre Haltung gegenüber Europa, kommentierte am Abend Präsident Selenskyj.

Litauens Parlament: Russland begeht Völkermord

Das litauische Parlament hat den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als Völkermord am ukrainischen Volk anerkannt. Die Abgeordneten verabschiedeten in Vilnius eine entsprechende Entschließung einstimmig. Die Volksvertretung des baltischen EU- und Nato-Landes in Vilnius verwies auf «massenhafte Kriegsverbrechen» der russischen Armee wie etwa Mord, Folter und Vergewaltigung von ukrainischen Zivilisten. 

Moskaus Absicht sei es, die ukrainische Nation ganz oder teilweise zu zerstören, hieß es weiter. Alle Täter müssten zur Rechenschaft gezogen und ein Internationaler Sondergerichtshofs zur Untersuchung des Verbrechens der russischen Aggression eingerichtet werden. «Die Russische Föderation, deren Streitkräfte bewusst und systematisch zivile Ziele angreifen, um sie zu bombardieren, ist ein Staat, der Terrorismus unterstützt und verübt», hieß es in der Erklärung weiter.

Das bringt der Tag

Selenskyj will sich in einer Videobotschaft an des Parlament der Slowakei wenden. Erstes Halbfinale des Eurovision Song Contest - eines der Teilnehmerländer ist die Ukraine.

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Leitartikel

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
„Zusammenhalt: Es geht noch viel mehr in Nordschleswig“