Russische Invasion

Russischer Angriff auf Geburtsklinik - Städte unter Beschuss

Russischer Angriff auf Geburtsklinik - Städte unter Beschuss

Russischer Angriff auf Geburtsklinik - Städte unter Beschuss

dpa
Mariupol
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Menschen bringen sich vor dem russischen Artilleriebeschuss in einem Schulkeller im Dorf Horenka in der Nähe von Kiew in Sicherheit. Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa

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Ukrainische Städte werden in der Nacht weiter beschossen. Die Flucht der Bevölkerung gestaltet sich währenddessen weiterhin als schwierig. Der Angriff auf eine Geburtsklinik in Mariupol ruft international Entsetzen hervor.

Die Ukraine hat Russland einen Angriff auf eine Geburtsklinik in der umkämpften Hafenstadt Mariupol vorgeworfen. Präsident Wolodymyr Selenskyj veröffentlichte via Twitter ein Video, das völlig verwüstete Räume der Klinik zeigen soll.

Demnach müssen eines oder mehrere Geschosse oder Bomben im Hof des Klinikkomplexes eingeschlagen sein. Die Druckwelle zerstörte Scheiben, Möbel und Türen, wie im Video zu sehen ist. Das Gelände rund um das Gebäude am Asowschen Meer im Südosten des Landes war mit Trümmern übersät.

Von russischer Seite lag zunächst keine Stellungnahme vor. Moskau betont stets, keine zivilen Ziele zu attackieren.

«Angriff russischer Truppen auf die Entbindungsstation. Menschen, Kinder sind unter den Trümmern», schrieb Selenskyj. Die strategisch wichtige Hafenstadt wird seit Tagen von russischen Truppen belagert. Nach Angaben der lokalen Behörden wurden mehrere Bomben abgeworfen. Das ließ sich nicht unabhängig überprüfen.

Beschuss mehrerer Städte gemeldet

In der Nacht meldeten ukrainische lokale Behördenvertreter aus mehreren Städten Beschuss. Russische Flugzeuge hätten die Umgebung der nordostukrainischen Großstadt Sumy bombardiert, schrieb der Chef der Gebietsverwaltung von Sumy, Dmytro Schywyzkyj, auf Telegram. In der Stadt Ochtyrka südlich von Sumy seien erneut Wohngebiete beschossen worden. Es gebe zudem Informationen, dass dort auch eine Gasleitung getroffen worden sei.

Der Bürgermeister der südukrainischen Stadt Mykolajiw berichtete ebenso von Beschuss durch Mehrfachraketenwerfer, aus nördlicher Richtung kommend. «Entweder sie testen die Robustheit unserer Kontrollpunkte, oder sie bereiten sich auf eine Offensive vor», sagte Bürgermeister Olexandr Senkewitsch in einem Live-Video auf Facebook. Er rief die Menschen dazu auf, im Keller zu übernachten. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.

UN-Chef verurteilt Angriff auf Klinik in Ukraine

UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte die Russland zugeschriebene Attacke auf die Geburtsklinik. «Der heutige Angriff auf ein Krankenhaus in Mariupol, Ukraine, wo sich Entbindungs- und Kinderstationen befinden, ist entsetzlich», schrieb Guterres auf Twitter. Zivilisten zahlten den höchsten Preis für einen Krieg, der nichts mit ihnen zu tun habe. «Diese sinnlose Gewalt muss aufhören.»

Auch die britische Regierung verurteilte den mutmaßlichen Angriff auf das Schärfste. «Es gibt wenige Dinge, die verkommener sind, als die Verletzlichen und Hilflosen ins Visier zu nehmen», schrieb Premierminister Boris Johnson auf Twitter.

Die britische Außenministerin Liz Truss sprach bei einer Pressekonferenz im Anschluss an ein Gespräch mit ihrem US-Kollegen Antony Blinken von einem «abscheulichen, skrupellosen und entsetzlichen» Angriff.

Wladimir Klitschko unterstützt seinen Bruder

In der Ukraine sagte der Boxer Wladimir Klitschko, der seinen als Bürgermeister in Kiew tätigen Bruder Vitali Klitschko unterstützt, mit Blick auf die Lage in Mariupol: «Ihr müsst Putins Krieg stoppen!» Russische Truppen töteten Kinder, Eltern und Großeltern. «Mein Herz blutet», sagte er in einer bei Instagram veröffentlichten Videobotschaft. «Kinder anzugreifen bedeutet, das Leben anzugreifen, die Zivilisation selbst.»

Im Weißen Haus erklärte US-Präsident Joe Bidens Sprecherin Jen Psaki mit Blick auf die Berichte zu dem Angriff in Mariupol: «Es ist schrecklich, in einem unabhängigen Staat diese Art von barbarischer Anwendung militärischer Gewalt gegen Zivilisten zu sehen.»

«Humanitärer Korridor» bleibt Problem

Nach Angaben der Separatisten im Gebiet Donezk funktioniert der vereinbarte «humanitäre Korridor» weiterhin nicht. «Die Menschen verlassen Mariupol so schnell wie möglich aus eigener Kraft», sagte der Sprecher der prorussischen Kräfte, Eduard Bassurin, im russischen Staatsfernsehen. Nach seinen Angaben konnten am Dienstag 42 Menschen die Stadt am Asowschen Meer verlassen.

Die Ukraine gab ihrerseits den Angreifern die Schuld. Außenminister Dmytro Kuleba schrieb bei Twitter: «Russland hält weiterhin mehr als 400.000 Menschen in Mariupol als Geiseln, blockiert humanitäre Hilfe und Evakuierung.» Der wahllose Beschuss gehe weiter.

UN-Menschenrechtskommissarin: 516 Zivilisten getötet

Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hat in der Ukraine seit dem Einmarsch Russlands den Tod von 516 Zivilisten dokumentiert. Darunter waren 37 Minderjährige, wie das Büro in Genf berichtete. Dem Büro lagen zudem verifizierte Informationen über 908 Verletzte vor, darunter 50 Minderjährige.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, betont stets, dass die tatsächlichen Zahlen mit Sicherheit deutlich höher lägen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchten oft Tage, um Opferzahlen zu überprüfen. Das Hochkommissariat gibt nur Todes- und Verletztenzahlen bekannt, die es selbst unabhängig überprüft hat.

«Die meisten Opfer unter der Zivilbevölkerung wurden durch den Einsatz von Explosivwaffen mit großer Reichweite verursacht, darunter durch den Beschuss mit schwerer Artillerie und mit Raketenwerfern sowie durch Raketen- und Luftangriffe», teilte Bachelets Büro mit.

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