Initiative „Kulturgesichter048“

Eine Bühne für Menschen hinter den Kulissen

Eine Bühne für Menschen hinter den Kulissen

Eine Bühne für Menschen hinter den Kulissen

Jonas Bargmann/shz.de
Husum
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Uwe Schmitz, Husumer Bürgermeister, unterstützt die bundesweite Initiative und lässt sich für die „Kulturgesichter“ von Jacques Lüddecke ablichten. Foto: Herbert Müllerchen

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Eine Initiative will auf Personen aufmerksam machen, die unter den ausfallenden Konzerten und Festivals leiden.

Wann Konzerte wieder im Husumer Speicher stattfinden können, ist Pandemie-bedingt derzeit noch nicht absehbar. Von der Bildfläche verschwinden sollen die Protagonisten aber nicht – dafür setzt sich die Initiative „Kulturgesichter048 – Ohne uns ist's still“ ein.

Vor zwei Wochen wurde die Aktion von Jacques-Marcel Lüddecke (28), Alena Hansen (31), Julia Tetens (35) und Arne Dekarz (46) ins Leben gerufen. Neu ist die Idee nicht. Im vergangenen Jahr trat die Aktion auf Bundesebene in München erstmals öffentlich in Erscheinung. Seither wurde sie in vielen Region Deutschlands eigenständig umgesetzt.

Der Name orientiert sich an der Telefonvorwahl der Städte. „Das Projekt in Nordfriesland startete in Husum. Wir haben aber die letzte Ziffer gestrichen“, erklärt Lüddecke. „Der Radius erweitert sich so bis nach Itzehoe.“ Das Ziel: „Der Branche ein Gesicht geben. Hinter den Künstlern auf der Bühnen hängen so viele Menschen dran – Garderobiere, Tontechniker, Gastronomen, die allesamt von den Events leben“, sagt der 28-Jährige. Als Fotograf war er sonst auf Konzerten und Festivals unterwegs und hat ein eigenes Magazin für Musik-Veranstaltungen.

 

Hinter den Künstlern auf der Bühnen hängen so viele Menschen dran — Garderobiere, Tontechniker, Gastronomen, die allesamt von den Events leben.

Jacques-Marcel Lüddecke, gelernter Großhandelskaufmann

Beruflich traf ihn die Pandemie dennoch nicht direkt. Lüddecke verdient sein Geld hauptsächlich als Großhandelskaufmann. Als Beamtin ist Ketels ebenso nicht hauptberuflich in der Eventbranche tätig wie Dekarz als Rettungssanitäter. Hansen arbeitete neben ihrem Studium der Sozialen Arbeit als Tattoo-Model und trat öfter auf „Tattoo Conventions“ auf – Corona-bedingt dürfen die nicht stattfinden. „Wir haben viele Freunde und Menschen, die auf direktem Wege betroffen sind. Daher ist es uns ein Anliegen, dass wir etwas bewegen.“

Fotoshootings für mediale Aufmerksamkeit

Um den Menschen aus der Kulturbranche ein Gesicht zu geben, können sich die Protagonisten für ein Fotoshooting anmelden. Lüddecke lichtet die Interessierten ab. Nach dem Shooting erhalten die Teilnehmer die Fotos per E-Mail. „Das dauert vielleicht ein oder zwei Tage, aber wir möchten sogar, dass die Bilder in den sozialen Netzwerken veröffentlicht werden.“

Die Nachfrage nach dem Projekt ist groß: In den ersten 48 Stunden haben 30 Interessierte für ein Fotoshooting fest zugesagt. Für das erste Foto-Wochenende werden gegenwärtig 50 Kulturunterstützer erwartet – auch Husums Bürgermeister Uwe Schmitz gehört dazu. „Die Kulturschaffenden weisen auf ihre prekäre Lage hin. Sie fallen durch viele Hilfstöpfe.“ Der Verwaltungschef der Kreisstadt hat Verständnis für die bundesweite Aktion. „Ich finde den Namen Kulturgesichter sehr passend.“ Als Vorsitzender des Museumzweckverbands Nordfriesland ist Schmitz nah dran an den Betroffenen.

Der Bürgermeister hofft, dass kulturelle Veranstaltungen nicht in Vergessenheit geraten. „Vielleicht denkt der eine oder andere, dass man solche Angebote auch nach der Pandemie besuchen kann. Aber man läuft in Gefahr, dass sie dann nicht mehr existieren.“

Nicht vergessen werden – darauf hofft auch Jacques Lüddecke. „Die gesamte Branche wurde in ein künstliches Koma versetzt. Die Kulturschaffenden können derzeit mit ihrer Arbeit kein Geld verdienen. Um leben zu können, brauchen wir aber Sauerstoff in Form von finanziellen Mitteln.“ Der 28-Jährige weiß, dass das kein Kurzzeitprojekt ist: „Man kann nicht alles von einem auf den anderen Tag hochfahren. Es braucht nachhaltige Lösungen und bedarf daher einer monatelangen Planung.“ Der Großhandelskaufmann stellt klar: „Wir haben nichts gegen die Corona-Maßnahmen, sondern wollen erreichen, dass man uns als Branche nicht vergisst.“

Vielleicht denkt der eine oder andere, dass man solche Angebote auch nach der Pandemie besuchen kann. Aber man läuft in Gefahr, dass sie dann nicht mehr existieren.

Uwe Schmitz, Bürgermeister in Husum

Die Fotoshootings seien laut Lüddecke „finanzierbar“. Wenn aber weitere Aktionen, etwa das Aufhängen von Plakaten, geplant werden, wäre „eine finanzielle Unterstützung von Unternehmen natürlich toll“. Aber dafür sei es zunächst wichtig, mit einem Stamm an Fotos für mediale Aufmerksamkeit zu sorgen, so Lüddecke. 

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