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Die Liberalen wollen eine andere Agrar-Debatte

Die Liberalen wollen eine andere Agrar-Debatte

Die Liberalen wollen eine andere Agrar-Debatte

Frank Jung/shz.de
Kiel
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Demonstration der Landwirte
05.03.2021, Baden-Württemberg, Stuttgart: Traktoren stehen während einer Demonstration von Bauern in der Innenstadt. Mit zahlreichen Traktoren haben protestierende Bauern in Stuttgart ihrem Ärger über einen, nach ihrer Ansicht, unfairen Wettbewerb in der Agrarpolitik Luft gemacht. Foto: Marijan Murat

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Die FDP in Schleswig-Holstein will auf die Proteste von Landwirten hören und sie besser in die Politik einbinden.

Die immer wieder neuen Bauern-Demos waren für Oliver Kumbartzky der Anlass: „Es wird Zeit, die wachsenden Dissonanzen zwischen Landwirtschaft und Politik endlich wahrzunehmen und zufriedenstellende Lösungen zu entwickeln“, findet der Agrar-Experte der FDP im Landtag. Deshalb hat er ein agrarpolitisches Positionspapier verfasst. Ohne den grünen Koalitionspartner explizit anzugreifen, setzt es andere Schwerpunkte als sie die Öko-Partei vertritt. Unterm Strich betont es die Notwendigkeit, dass sich die schleswig-holsteinischen Bauern auf dem Weltmarkt behaupten können müssten. 

Die Landwirtschaft steht in vielen Bereichen mit dem Rücken zur Wand.

Oliver Kumbartzky

Die Landwirtschaft steht in vielen Bereichen mit dem Rücken zur Wand“, beklagt Kumbartzky und zählt auf: „Immer weniger Wertschätzung, immer mehr Bürokratie, immer mehr Vorgaben und immer mehr Ideologie von Nichtregierungsorganisationen“. Die Liberalen wollen eine Wende und den Bauern „Verlässlichkeit und Respekt“ zukommen lassen. „Auch soll man nicht so tun, als ob sie freiwillig nichts für die Natur machen“, sagt Kumbartzky. „Landwirte erbringen schon jetzt viele Öko-Dienstleistungen.“ 

 

Glyphosat ohne Hektik abschaffen, Düngen nicht pauschal einschränken 

Die liberalen Agrar-Thesen unter dem Titel „Bekenntnis zu einer modernen Landwirtschaft“ lenken in der Debatte stärker den Blick auf wirtschaftliche Belange der Bauern. Unter anderem lehnen sie „pauschale, praxisfremde, pauschale Einschränkungen bei der Düngung“ ab. Sie wollen das Pflanzenschutzmittel Glyphosat erst verbieten, „wenn sinnvolle Alternativen gefunden sind“. Die Dokumentationspflichten für die Betriebe sollen kostentechnisch kompensiert werden. 

Landwirte besser in den politischen Prozess einbinden 

Vor allem verlangt das Papier „eine bessere Einbindung der Landwirte in den politischen Prozess“. Dazu möchte Kumbartzky in Schleswig-Holstein eine Enquete-Kommission einrichten. Sie solle dafür sorgen, dass Verordnungsentwürfe anhand von Pilotprojekten im Norden auf ihre Praxistauglichkeit überprüft werden. Mit der Kommission möchte die FDP den vom grünen Agrarminister Jan Philipp Albrecht ins Leben gerufenen Dialogprozess zur Landwirtschaft der Zukunft ablösen. „In einer Enquete-Kommission wäre der parlamentarische Raum enger eingebunden“, stellt sich Kumbartzky vor. „Es hätte mehr Gewicht“, wenn man sich auf diese Weise um die Belange der Landwirtschaft kümmere.

 

Ich freue mich, dass sich die FDP mit mir gemeinsam um die Zukunft der Landwirtschaft kümmern möchte.

Jan Philipp Albrecht

Agrar- und Umweltminister Jan Philipp Albrecht erklärt zum Vorstoß der Liberalen: „Ich freue mich, dass sich die FDP mit mir gemeinsam um die Zukunft der Landwirtschaft kümmern möchte. Durch viele Jahre rückwärtsgewandter Landwirtschaftspolitik auf Bundesebene ist wertvolle Zeit auf diesem Weg verloren gegangen. Umso wichtiger ist es, jetzt die dringend nötige Neuausrichtung der Landwirtschaft offensiv mit allen Beteiligten anzugehen und ihnen dabei die nötige Unterstützung beim Umbau zukommen zu lassen.“

Statt lediglich ordnungsrechtliche Maßgaben zu treffen, sei es richtig, vor allem auf finanzielle Anreize und die Vergütung von Leistungen für Klimaschutz, Umwelt und Tierwohl zu setzen. „In genau diese Richtung zielen die ersten Ergebnisse des von mir initiierten Dialogprozesses im Land.“ Allerdings empfiehlt der Grüne, die Nord-FDP solle beim FDP-geführten Landwirtschaftsministerium in Rheinland-Pfalz darauf hinwirken, dass dieses seine Blockade einer stärkere Bereitstellung von EU-Agrarfördermitteln für besondere Umweltleistungen durch landwirtschaftliche Betriebe aufgebe. Einer „Institutionalisierung des im Land begonnenen Dialogs“ erteilte Albrecht seine Unterstützung, ließ aber offen, in welcher Form und mit welchen Aufgaben.

 

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