Russland-Nähe

Altkanzler Schröder darf vorerst SPD-Mitglied bleiben

Altkanzler Schröder darf vorerst SPD-Mitglied bleiben

Altkanzler Schröder darf vorerst SPD-Mitglied bleiben

dpa
Hannover
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Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hat mit seinem Engagement für russische Staatskonzerne nicht gegen die Parteiordnung der SPD verstoßen. Foto: Kay Nietfeld/dpa

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Hat der frühere Kanzler Gerhard Schröder mit seiner Nähe zu Russland gegen die Parteiordnung der SPD verstoßen? Darauf gibt es nun eine erste Antwort. Endgültig beigelegt ist der Streit aber noch nicht.

Der wegen seines Engagements für russische Staatskonzerne heftig in die Kritik geratene Altkanzler Gerhard Schröder darf vorerst SPD-Mitglied bleiben. Ein Verstoß gegen die Parteiordnung könne Schröder nicht nachgewiesen werden, entschied die zuständige Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover am Montag in erster Instanz. Die Kommission sieht damit keine Grundlage für eine Rüge oder gar einen Parteiausschluss. Eine Berufung müsste innerhalb von zwei Wochen schriftlich eingelegt und binnen eines Monats schriftlich begründet werden. Ein Ortsverein erwägt dies. 

In Parteiordnungsverfahren können demnach mehrere Entscheidungen getroffen werden. Das ist zum einen etwa das Erteilen einer Rüge, das zeitweilige Ruhen der Mitgliedschaft oder sogar der Ausschluss aus der Partei. Ein solches Verfahren kann ebenfalls eingestellt oder wie bei Schröder festgestellt werden, dass ihm ein Verstoß nicht nachzuweisen ist. Ein Ausschluss aus der Partei galt zuvor bereits als unwahrscheinlich.

Öffentlich bezog Schröder am Montag zunächst keine Stellung zu der Entscheidung. Sein Anwalt Michael Nagel begrüßte sie. Der «Neuen Osnabrücker Zeitung» sagte er: «Es war keine andere Entscheidung zu erwarten.» Schröder habe sich «von Beginn an deutlich gegen den Krieg distanziert, die Entscheidung Russlands als Fehler bezeichnet. Womit ein parteischädliches Verhalten begründet werden sollte, erschloss sich mir zu keinem Zeitpunkt.» Die SPD müsse ertragen können, dass Schröder sich als Altkanzler für eine Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg starkmache. Ebenso habe es die SPD auszuhalten, dass er «dafür seine Möglichkeiten, die ihm dank der Freundschaft zu Wladimir Putin wie wenigen auf dieser Welt eröffnet sind», nutze.

Klingbeil: Politisch ist Schröder isoliert

Aus Sicht von SPD-Chef Lars Klingbeil traf die Kommission in Hannover eine juristische Entscheidung. «Für uns steht fest: Politisch ist Gerhard Schröder mit seinen Positionen in der SPD isoliert.» Seine Co-Chefin Saskia Esken hatte Schröder wegen dessen Äußerungen zum Ukraine-Krieg vor Monaten nahegelegt, aus der Partei auszutreten.

Gleich 17 SPD-Gliederungen hatten das Parteiordnungsverfahren gegen Schröder beantragt, hinzu kamen weitere Anträge, die den formalen Vorgaben nicht entsprachen. Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover ist für das Verfahren zuständig, weil Schröder Mitglied des dazu gehörenden SPD-Ortsvereins Oststadt-Zoo ist. Es sind jedoch noch bis zu zwei weitere Instanzen möglich: beim SPD-Bezirk Hannover sowie bei der SPD-Bundesschiedskommission.

Zu Beginn der Erklärung der Schiedskommission wird auf die zahlreichen hochrangigen Ämter in Schröders politischer Karriere verwiesen: Bundestagsabgeordneter, Ministerpräsident Niedersachsens oder Bundeskanzler. Es liest sich wie eine beeindruckende Vita. Direkt danach folgen jedoch Ämter wegen denen Schröder in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik stand - etwa seine mittlerweile eingestellte Tätigkeit für das russische Mineralölunternehmen Rosneft.

Weiter heißt es, Schröder, der laut Schiedskommission seit 1963 Mitglied der SPD ist, habe sich zur Frage des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine geäußert, etwa beim Netzwerk Linkedin habe er geschrieben, der Krieg müsse schnellstmöglich beendet werden.

Schröder sorgt immer wieder für Kritik

Doch Schröder sorgte immer wieder für Kritik mit seiner Nähe zu Russland und Kremlchef Wladimir Putin. Esken hatte Schröder für seine jüngsten Äußerungen über eine angebliche Verhandlungsbereitschaft von Russlands Präsident Putin im Ukraine-Krieg scharf kritisiert. «Gerhard Schröder agiert nicht als Ex-Kanzler, sondern als Geschäftsmann, und so sollten wir seine Äußerungen auch interpretieren», sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. «Mit allem, was er tut und sagt, handelt er im eigenen Interesse und in dem seiner Geschäftspartner.»

Ende Juli war der Altkanzler erneut zu Besuch bei Putin in Moskau und gab anschließend dem Magazin «Stern» sowie den Sendern RTL und ntv ein Interview, in dem er mit Blick auf den Ukraine-Krieg behauptete: «Die gute Nachricht heißt: Der Kreml will eine Verhandlungslösung.» Diese und andere Äußerungen in dem Interview stießen in Deutschland parteiübergreifend, aber auch international auf massive Kritik.

Schröders enger Draht zu Putin stammt aus einer Zeit, in der Russlands Präsident im Bundestag noch mit Standing Ovations gefeiert wurde. «Das war eine andere Zeit, eine Zeit der Hoffnung, dass nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts etwas zusammenwächst», erinnerte sich Schröders Ex-Frau, Doris Schröder-Köpf, im März nach Russlands Angriff auf die Ukraine. «Das hat mit heute nichts zu tun, heute ist es eine andere Welt, leider.»

Milliardenprojekte mit Gazprom

In der alten Welt, im Jahr 2000, verkündeten Schröder und Putin einen Neustart der deutsch-russischen Beziehungen. Es war ein historischer Schritt, ein Zeichen der Versöhnung - und auch schon damals war Gas ein zentrales Thema. Im Beisein der Spitzenpolitiker wurden Verträge über mehrere Milliardenprojekte der deutschen Wirtschaft mit dem russischen Energiekonzern Gazprom unterschrieben.

Zurück in der Gegenwart ließen Reaktionen auf die Entscheidung der Schiedskommission nicht lange auf sich warten. Der SPD-Ortsverein Essen-Frohnhausen/Altendorf, der ein Parteiordnungsverfahren beantragt hat, erwägt in Berufung zu gehen. «An der Haltung, dass Herr Schröder aus der SPD ausgeschlossen werden soll, hat sich für uns nichts geändert», sagte der Ortsvereinsvorsitzende Ali Kaan Sevinc der «Rheinischen Post» (Print Dienstag). Der Altkanzler dürfte seine Partei noch weiter beschäftigen.

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