Landtagswahl

Enges Rennen zwischen CDU und AfD in Sachsen - BSW stark

Enges Rennen zwischen CDU und AfD in Sachsen - BSW stark

Enges Rennen zwischen CDU und AfD in Sachsen - BSW stark

dpa
Dresden/Berlin
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Es wird eng: Die Parteien von CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer und Jörg Urban, Vorsitzender der AfD in Sachsen, liegen dicht beieinander. (Archivbild) Foto: Robert Michael/dpa

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Schon 2019 hat die AfD in Sachsen ein Rekordergebnis eingefahren, das sie nun ausbaut. Für eine Fortsetzung der Koalition aus CDU, Grünen und SPD ist es zumindest nach einer Hochrechnung knapp.

Bei der Landtagswahl in Sachsen liefern sich CDU und AfD ein enges Rennen um Platz eins. Nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF liegt die CDU von Ministerpräsident Michael Kretschmer im Vergleich zur Wahl 2019 leicht unter ihrem damaligen Ergebnis, aber knapp vorn. Die AfD legt zu. Die Regierungsbildung könnte schwierig werden, denn mit der AfD will keine der übrigen Parteien zusammenarbeiten. 

Auf dem dritten Platz landet das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), erst mit Abstand folgt die SPD. Die Grünen müssen um den Einzug in den Landtag bangen, die Linke scheitert an der Fünf-Prozent-Hürde und könnte aus dem Parlament fliegen.

Den Hochrechnungen zufolge kommt die CDU auf 31,6 bis 31,7 Prozent (2019: 32,1 Prozent), die AfD liegt mit 30,4 bis 31,4 Prozent (27,5) ganz knapp dahinter. Das BSW erreicht aus dem Stand 11,4 bis 12,0 Prozent. Die SPD landet bei 7,8 bis 8,2 Prozent (7,7). Die Linke rutscht dramatisch ab auf 4,0 bis 4,3 Prozent (10,4) - und damit unter die Fünf-Prozent-Hürde. 

Auch die Grünen müssen mit 5,3 bis 5,5 Prozent (8,6) zittern. Die FDP verpasst erneut den Einzug in den Landtag - wie schon bei den vergangenen zwei Landtagswahlen. Alle Parteien, die unter fünf Prozent liegen, können es allerdings dann entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis in den Landtag schaffen, wenn sie zwei Direktmandate gewinnen.

Die vom sächsischen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte AfD bekommt nach den Hochrechnungen 42 bis 43 Sitze (38), die CDU 43 Mandate (45). Das BSW stellt 16 bis 17 Abgeordnete. Die SPD erhält 11 Sitze (10), die Grünen kommen auf 7 Sitze (12).

Zur Abstimmung aufgerufen waren etwa 3,3 Millionen Bürger. Die Wahlbeteiligung lag bei 73,5 bis 74,0 Prozent.

Sachsens Ministerpräsident Kretschmer sieht seine Partei nach den ersten Zahlen in der Lage, weiter die Regierung im Land zu bilden. «Das wird alles nicht einfach», sagte Kretschmer auf der Wahlparty der CDU. «Aber eins gilt: Mit vielen Gesprächen und dem Willen, etwas für dieses Land zu tun, kann es gelingen, mit diesem Wahlergebnis Sachsen eine stabile Regierung zu geben, die dem Land dient und mit Demut vorangeht.» Die CDU stehe bereit, weiter Verantwortung für dieses Land zu übernehmen.

CDU könnte auf BSW angewiesen sein

Seit der Wiedervereinigung hat die CDU stets den Regierungschef in Sachsen gestellt - zuletzt regierte Kretschmer seit 2019 in einer Koalition mit Grünen und SPD. Will die CDU an der Macht bleiben, würde es nach den Hochrechnungen für eine Fortsetzung dieses Bündnisses reichen - möglicherweise aber nur knapp. Möglich wäre auch die Unterstützung der CDU durch das BSW und einen weiteren Partner. 

Aber: Auch BSW-Chefin Wagenknecht war einst SED-Mitglied und galt später als Ikone der kommunistischen Plattform in der Linken - was etlichen CDU-Politikern Bauchschmerzen macht. Eine Koalition wäre dennoch möglich, denn nach einem Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU darf die Partei weder mit der AfD noch mit der Linken koalieren - zum BSW gibt es aber keine Festlegung.

Die Grünen hatten CDU und SPD vor der Wahl vorgeworfen, sich auf eine gemeinsame Minderheitsregierung vorzubereiten. CDU und SPD haben in Sachsen schon drei Mal koaliert.

AfD hat CDU in Sachsen schon mehrmals geschlagen

Die AfD hatte die Union in Sachsen auch schon bei Wahlen geschlagen: bei zwei Bundestagswahlen und einer Europawahl. Sollte sie nun mehr als ein Drittel der Landtagsmandate gewinnen, hätte sie eine sogenannte Sperrminorität: Bei Entscheidungen und Wahlen, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern, bedürfte es der Zustimmung der AfD. So werden etwa die Verfassungsrichter vom Parlament mit Zweidrittelmehrheit gewählt.

Die AfD-Bundesvorsitzende Alice Weidel wertete den Ausgang der Wahlen in Thüringen und Sachsen als historischen Erfolg für ihre Partei. Zugleich sei es eine Abstrafung der Ampel-Regierung im Bund, sagte Weidel in der ARD. Weidel kritisierte zudem die Haltung der CDU, eine Koalition mit der AfD auszuschließen. «Das ist natürlich die pure Ignoranz des Wählerwillens», sagte sie. Ohne die AfD sei eine stabile Regierung überhaupt nicht mehr möglich. 

BSW-Spitzenkandidatin zeigt sich zufrieden

Die sächsische BSW-Spitzenkandidatin Sabine Zimmermann zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Partei. «Wir sind zweistellig und wir haben das Ergebnis der Europawahl gehalten. Da können wir stolz drauf sein und das sind wir auch», sagte sie in der ARD. Mit dem BSW müsse sich die Politik verändern, ganz spürbar auch für die Bürgerinnen und Bürger. «Und das in kurzer Zeit.»

Die sächsische SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping äußerte sich erleichtert über das Abschneiden der Sozialdemokraten. «Ich bin natürlich auch genauso froh wie ihr, dass wir diesen wirklich harten Wahlkampf, den wir in den letzten Monaten, ich würde fast sagen Jahren, geführt haben (...), dass wir doch so abgeschnitten haben bei allen Prognosen», sagte sie auf der Wahlparty ihrer Partei. 

Scharfe Töne vor der Wahl

Der Wahlkampf war aufgeheizt. Ein Streitpunkt war der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und Deutschlands Rolle als Kiews Verbündeter und in der Nato. So sagte Wagenknecht, für eine BSW-Beteiligung an einer Regierung müsse diese sich klar gegen die Stationierung weitreichender US-Raketen in Deutschland aussprechen. 

Zusätzliche Schärfe in die Debatte über Asyl und Migration brachte das Messerattentat von Solingen mit drei Todesopfern, für das die Bundesanwaltschaft einen mutmaßlich islamistischen Syrer verantwortlich macht, der als Flüchtling nach Deutschland kam.

In den vergangenen Monaten gab es außerdem mehrere Angriffe auf Politiker und Wahlhelfer in Sachsen, etwa den Fall des SPD-Politikers Matthias Ecke, der Anfang Mai beim Plakatieren für die Europawahl in Dresden brutal zusammengeschlagen wurde.

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