Katholische Kirche

Kein Versteckspiel mehr: Homosexuelle sollen Segen bekommen

Kein Versteckspiel mehr: Homosexuelle sollen Segen bekommen

Kein Versteckspiel mehr: Homosexuelle sollen Segen bekommen

dpa
Frankfurt/Main
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Die Synodalversammlung der katholischen Kirche in Frankfurt am Main. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

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Der vielleicht wichtigste Prüfstein für die Veränderungsfähigkeit der Kirche ist die offizielle Zulassung von Segensfeiern für homosexuelle Paare. Die Synodalversammlung hat sich nun entschieden.

Die Synodalversammlung zur Reform der katholischen Kirche hat am Freitag in Frankfurt/Main offizielle Segensfeiern für homosexuelle Paare beschlossen. Dafür stimmten 176 von 202 Versammlungsmitgliedern, dagegen 14. Zwölf enthielten sich. Auch die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe kam zustande.

Es soll nun eine Arbeitsgruppe gebildet werden, die «zeitnah» eine Handreichung für die Segensfeiern erstellt. Die Handreichung soll konkretisieren, wie die Segensfeiern ablaufen sollen. Sobald diese Handreichung fertig ist, kann jeder Bischof die Segensfeiern in seinem Bistum umsetzen. 2026 soll es dann eine Evaluierung der Erfahrungen geben.

In der Frankfurter Messehalle brandete nach der Abstimmung Applaus auf. Die Zulassung von Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare war eine Hauptforderung für den seit 2019 laufenden Reformprozess Synodaler Weg und galt als Prüfstein für die Veränderungsfähigkeit der katholischen Kirche in Deutschland.

Die Segensfeiern werden in vielen Gemeinden heute schon praktiziert, finden aber in einer kirchenrechtlichen Grauzone statt - in Kirchenräumen ohne große Ankündigung oder gar in Wohnzimmern, wie es hieß. Damit soll nun Schluss sein. Künftig soll sich niemand mehr verstecken müssen. Priester, die den Segen spenden, sollen keine Sanktionen mehr zu befürchten haben. Auch wiederverheiratete Geschiedene sollen gesegnet werden können.

Gegen die Linie des Vatikans

Allerdings soll der Unterschied zur Ehe immer deutlich gemacht werden. Sie ist in der katholischen Kirche ein Sakrament, ein «Heilszeichen», in dem Menschen Gott begegnen können. Der Vatikan hatte 2021 klargestellt, dass es «nicht erlaubt» sei, homosexuelle Partnerschaften zu segnen, da solche Verbindungen «nicht als objektiv auf die geoffenbarten Pläne Gottes hingeordnet anerkannt werden» könnten.

Unter denen, die in Frankfurt eine Ablehnung des Antrags ankündigten, wurde unter anderem auf die sehr unterschiedlichen Positionen innerhalb der Weltkirche zu Homosexualität verwiesen. In Afrika seien die Katholiken strikt dagegen, sagte der Delegierte Emeka Ani. Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke warnte vor einer innerkirchlichen Zerrissenheit in dieser Frage, wie sie die anglikanische Kirche derzeit erlebe. Zu den Bischöfen, die gegen die Segensfeiern stimmten, gehörten nach eigenen Worten auch der Passauer Bischof Stefan Oster und der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer.

Die mit einer Frau verheiratete Theologin Mirjam Gräve betonte dagegen: «Segen schenken ist die ureigene Mission von Kirche.» Die Emotionen waren ihr anzuhören, als sie begründete, warum die beiden «schon ziemlich katholischen» Frauen nicht versucht hatten, einen mehr oder weniger heimlichen Segen zu erhalten: Sie wären als Bittstellerinnen aufgetreten. Auch die Theologieprofessorin Julia Knop unterstrich: «Wenn Liturgie genutzt wird, um Menschen durch Verweigerung von Segen zu demütigen, widerspricht das dem Willen Gottes.»

Gute Erfahrungen in Belgien

Der Antwerpener Bischof Johan Bonny berichtete in der Synodalversammlung durchaus humorvoll über die in Belgien bereits erfolgte Einführung von Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare. Dies sei relativ geräuschlos verlaufen, berichtete er. Man habe sich informell mit dem Vatikan abgestimmt. Papst Franziskus habe zu ihm nur gesagt: «Das ist Ihre Entscheidung.» Außerdem habe er betont, es sei wichtig, diesen Weg mit Weisheit weiterzugehen. Dazu Bonny: «Mit Weisheit? Das müssen wir immer.»

Die Reformer mussten in Frankfurt aber auch Rückschläge einstecken. Zwar beschloss die Synodalversammlung, die Rechte der Laien zu stärken - dabei geht es zum Beispiel darum, dass Frauen in Gottesdiensten predigen dürfen. Die Beschlüsse wurden auf Drängen der Bischöfe jedoch deutlich abgeschwächt und weichgespült - ebenso wie schon am Donnerstagabend, als es um die Öffnung des priesterlichen Pflichtzölibats gegangen war. Viele Synodale warfen den Bischöfen Erpressung vor: Sie würden gnadenlos ausnutzen, dass ohne sie nichts beschlossen werden könne. Alle Beschlüsse der Versammlung müssen von den Bischöfen mit Zwei-Drittel-Mehrheit abgesegnet werden.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, beschwor die anderen Oberhirten geradezu, die noch ausstehenden Reformvorhaben nun voll mitzutragen: «Ich bitte die bischöflichen Mitbrüder, diese Anträge nicht scheitern zu lassen.» Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, ging mit den Bischöfen hart ins Gericht: «Wie lange wollen Sie unsere nicht unendliche, aber doch sehr große Kompromissbereitschaft noch in Anspruch nehmen, liebe Bischöfe?», hielt sie ihnen vor. «Zuweilen fühlen manche von uns sich auch erpresst. Es ist allerhöchste Zeit, dass Sie uns entgegenkommen. Gehen Sie bitte jetzt einen Schritt auf uns zu. Bewegen Sie sich!»

Großer Konsens herrschte immerhin bei zwei Texten, die sich in zweiter beziehungsweise erster Lesung mit der Prävention von Missbrauch und sexualisierter Gewalt befassten. Beide wurden ohne Gegenstimmen bei nur wenigen Enthaltungen angenommen. Ein deutliches Signal im Umgang mit den Opfern - der Missbrauchsskandal war es auch gewesen, der den Reformprozess der deutschen Katholiken überhaupt ausgelöst hatte. An einem Text, in dem es auch um Maßnahmen gegen Missbrauch an Frauen in der Kirche geht, soll nun weiter gearbeitet werden.

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