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AfD: Spionageverdacht bei Assistent - Druck auf Krah wächst

AfD: Spionageverdacht bei Assistent - Druck auf Krah wächst

AfD: Spionageverdacht bei Assistent - Druck auf Krah wächst

dpa
Berlin
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Die Polizei hat einen Mann in Dresden wegen Spionageverdachts für China festgenommen. Foto: Oliver Berg/dpa

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Ein Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl soll für China spioniert haben. Für persönliche Konsequenzen sieht Maximilian Krah keinen Grund. Die Parteispitze hat ein Krisengespräch angesetzt.

Für die AfD könnte der Zeitpunkt nicht schlechter sein: Knapp sieben Wochen vor der Europawahl gerät ihr Spitzenkandidat Maximilian Krah durch die Festnahme eines Mitarbeiters unter dem Verdacht der Spionage für China massiv unter Druck - und mit ihm auch die Partei.

Die AfD-Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla wollen Krah heute zu einem Krisengespräch in Berlin treffen. Danach soll es eine Stellungnahme geben. Zu diesem Zeitpunkt dürfte auch klar sein, ob der Tatverdächtige Jian G. in Untersuchungshaft sitzt. Er wurde gestern dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt.

Was wird dem Verdächtigen vorgeworfen?

Das Landeskriminalamt Sachsen hatte Krahs Mitarbeiter Jian G. in Dresden festgenommen. Dem Mann, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, wird nach Angaben der Bundesanwaltschaft Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall zur Last gelegt. Er soll seit vergangenem Januar wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europaparlament weitergegeben und chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht haben.

Wie reagiert Krah?

Selbstbewusst. Er sieht keinen Grund, persönliche Konsequenzen zu ziehen: «Mir wird ja kein Fehlverhalten vorgeworfen. Das heißt, wir müssen aufklären, was tatsächlich wahr ist. Ich selbst werde jetzt nicht für das vermeintliche Fehlverhalten meines Mitarbeiters selbst in Sack und Asche gehen», antwortete Krah nach seiner Landung in Berlin auf eine entsprechende Frage. Tagsüber hatte er auf X geschrieben, er habe von der Festnahme aus der Presse erfahren, weitere Informationen lägen ihm nicht vor. Danach unterstrich er eine Selbstverständlichkeit: «Die Spionagetätigkeit für einen fremden Staat ist eine schwerwiegende Anschuldigung. Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, würde dies die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses nach sich ziehen.»

Und wie reagiert die AfD-Spitze?

Chrupalla hat die Festnahme als beunruhigend bezeichnet. Die Parteispitze versichert, man werde alles unternehmen, um die Aufklärung zu unterstützen. Auf die Frage, ob Krah noch der richtige Spitzenkandidat sei, gingen Chrupalla und Weidel nicht ein. Aber auch ihnen dürfte klar sein, dass viele in der Partei den 47-Jährigen schon länger als Problem ansehen. Zumal schon seit Wochen Berichte über mögliche Verbindungen von Krah und seinem Parteikollegen Petr Bystron zu prorussischen Netzwerken für Aufsehen sorgen. Bystron ist die Nummer zwei auf der Kandidatenliste.

Welche Folgen könnte die Affäre für die AfD haben?

Der Dresdner Rechtsextremismusforscher Steffen Kailitz rechnet nicht damit, dass die Vorwürfe große Auswirkungen auf die anstehenden Wahlen haben. «Solange die Vorwürfe nicht gerichtsfest belegt sind oder Anklage erhoben wird, haben sie nur wenig Effekt auf die Wählerschaft», sagte Kailitz der Düsseldorfer «Rheinischen Post». Die AfD setze in solchen Situationen auf den Märtyrerstatus.

Innerparteilich könnte das anders aussehen. Chrupalla und Weidel stehen unter Erklärungsdruck. Die AfD-Europaabgeordnete Sylvia Limmer warf ihnen auf X vor, auf Krah als Spitzenkandidaten bestanden zu haben. «Ein Problem war er bereits die letzten 5 Jahre für die Delegation mit seiner abseitigen Haltung zu China, Russland, den USA, Israel, Frauen und vielem mehr», so Limmer.

Könnte der Spitzenkandidat für die Wahl ausgewechselt werden?

Grundsätzlich gilt: Hat eine Partei die Wahlliste fristgerecht bis zum 18. März eingereicht, ist eine Änderung ausgeschlossen. Ausnahmen gibt es nach dem für deutsche Kandidaten gültigen Europawahlgesetz, wenn ein Bewerber mit deutscher Staatsbürgerschaft stirbt oder nicht mehr wählbar ist, wenn er also das Wahlrecht verliert, weil er zum Beispiel wegen einer schweren Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist. Zurücktreten von der Kandidatur kann ein Bewerber nicht.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Bundestag will sich voraussichtlich noch diese Woche mit dem Fall befassen. «Und alles andere wird dann auch im parlamentarischen Kontrollgremium eine Rolle spielen», sagt SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen haben Krah aufgefordert, eidesstattliche Erklärungen abzugeben.

Krah solle versichern, in keiner Weise Informationen an ausländische Geheimdienste gegeben zu haben, sagte Kühnert dem «Tagesspiegel». Röttgen sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), Krah müsse die Öffentlichkeit umfassend über seine Beziehungen zu seinem Mitarbeiter und zu chinesischen Funktionären unterrichten.

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