Reaktionen auf Anschlag

Nach Solingen: FDP gegen Leistungen für Ausreisepflichtige

Nach Solingen: FDP gegen Leistungen für Ausreisepflichtige

Nach Solingen: FDP gegen Leistungen für Ausreisepflichtige

dpa
Berlin
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Frühere Gespräche zwischen Scholz und Merz über Migration waren gescheitert. (Archivbild) Foto: Hannes P. Albert/dpa

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Der Anschlag von Solingen hat die Debatte um Migration angeheizt. Die FDP-Fraktion will nun Sozialleistungen für abgelehnte Asylbewerber abschaffen. NRW-Ministerpräsident Wüst will sie überprüfen.

Nach dem tödlichen Anschlag in Solingen stellen Politiker von FDP und Union Sozialleistungen für abgelehnte Asylbewerber infrage. Für Ausreisepflichtige solle es «keinerlei Sozialleistungen» mehr geben, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr der «Bild»-Zeitung. FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle bekräftigte im Magazin «Stern»: «Wenn jemand nicht hierbleiben darf, darf er auch keine Sozialleistungen bekommen.» Wie das konkret umgesetzt werden soll, ließen beide offen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst sprach sich für eine Überprüfung der Leistungen für abgelehnte Asylbewerber aus. «Ich bin schon lange dafür, dass wir unseren Katalog von Sozialleistungen überprüfen und an die Regeln anderer EU-Länder anpassen», sagte der CDU-Politiker dem «Stern». «Wer auszureisen hat, sollte unmittelbar nach einem rechtskräftigen Bescheid unser Land auch verlassen.» Die Phase zwischen dem Beschluss und der tatsächlichen Ausreise müsse kürzer werden.

Die Messerattacke von Solingen mit drei Toten und acht Verletzten hatte die Debatte über Migrations- und Asylpolitik neu angefacht. Als mutmaßlicher Täter sitzt ein 26-jähriger Syrer in Untersuchungshaft, der 2023 hätte abgeschoben werden sollen, was jedoch scheiterte. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, sich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angeschlossen zu haben. Diese reklamierte den Anschlag für sich.

Gespräch von Scholz und Merz zu Migration erwartet

Welche migrationspolitischen Konsequenzen aus der Messerattacke gezogen werden könnten, darum dürfte es auch bei einem Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) gehen, das heute erwartet wird. Über den Termin hatte das «Handelsblatt» berichtet, offiziell bestätigt wurde er nicht. CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei sagte am Montag im Sender Phoenix, Merz habe Scholz am Sonntag erneut eine Zusammenarbeit beim Thema Migration angeboten. Ein Treffen der beiden sei noch in dieser Woche geplant.

Zum Gespräch mit dem Kanzler bringt CDU-Chef Merz einen Forderungskatalog mit. In seinem E-Mail-Newsletter «MerzMail» hatte er am Sonntag unter anderem für einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan plädiert und für die generelle Möglichkeit, abgelehnte Asylbewerber wieder in diese beiden Länder abzuschieben. Wie ein solcher Aufnahmestopp rechtlich umgesetzt werden soll, lässt er in dem Newsletter offen. SPD und Grüne kritisierten Merz' Vorstoß.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte zu einer möglichen Zusammenarbeit des Kanzlers mit dem Oppositionsführer, er wolle Gesprächen nicht vorgreifen. Er fügte hinzu: «Es muss natürlich immer um Vorschläge gehen, die nicht gegen das Grundgesetz verstoßen oder die UN-Menschenrechtscharta oder Ähnliches.» Mögliche Vereinbarungen müssten «vernünftig und zielführend» sein.

Klingbeil: Nicht in parteipolitisches Kleinklein verfallen

SPD-Chef Lars Klingbeil sprach sich angesichts des Anschlags für Kooperationen über Parteigrenzen hinweg aus. Er wünsche sich, «dass wir mit den demokratischen Parteien in diesem Land zusammenarbeiten», sagte er im Interview mit RTL/ntv. Man dürfe in Zeiten islamistischen Terrors nicht in parteipolitisches Kleinklein verfallen, sondern müsse sehen, wo man zusammenarbeiten und nachbessern könne.

Einen generellen Aufnahmestopp von Syrern und Afghanen, wie ihn Merz fordert, lehnt auch Klingbeil ab. «Ich will Ihnen ganz klar sagen, dass ich große Probleme damit hätte, wenn wir beispielsweise Frauen, die aus Syrien fliehen oder aus Afghanistan fliehen, weil sie vom IS mit dem Leben bedroht werden, dass wir diesen Menschen sagen, ihr kriegt hier keinen Schutz», sagte der SPD-Chef. Gefährder und Straftäter müssten aber nach Afghanistan und Syrien abgeschoben werden. «Das ist ein juristisch schwieriger Prozess, aber es ist klar, dass das passieren muss.»

Aus Sicht des SPD-Außenpolitikers Nils Schmid ist dafür kaum vermeidbar, dass die Bundesregierung Kontakt mit den Taliban in Afghanistan und der Regierung in Syrien aufnimmt. «Wir werden nicht umhinkommen, mit dem Taliban-Regime und dem Regime in Damaskus technische Gespräche über einzelne Punkte zu führen, etwa Abschiebungen», sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Eine Sprecherin des Außenministeriums sagte am Montag, Verhandlungen mit unterschiedlichen Staaten seien im Gange.

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