Sondierungen

Plötzlich potenzielle Partner: Grüne umgarnen FDP

Plötzlich potenzielle Partner: Grüne umgarnen FDP

Plötzlich potenzielle Partner: Grüne umgarnen FDP

dpa
Berlin
Zuletzt aktualisiert um:
Instagram-Selfie für die Sondierung (l-r): Volker Wissing, FDP-Generalsekretär, Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Christian Lindner, FDP-Vorsitzender und Robert Habeck, Co-Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. Foto: Volker Wissing/FDP/instagram/dpa

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FDP und Grüne haben sich in der Vergangenheit oft heftig attackiert. Die gemeinsame Aussicht aufs Regieren ändert nun den Blickwinkel - von Respekt und Vertrauen ist plötzlich die Rede.

Nach den ersten Vorgesprächen mit der FDP zur Regierungsbildung für Deutschland zeigen sich führende Grünen-Politiker zuversichtlich, Differenzen zwischen beiden Seiten überbrücken zu können.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sieht auch eine deutlich andere Vertrauensbasis als vor vier Jahren, als ein Bündnis aus Union, Grünen und FDP an den Liberalen scheiterte. Führende Mitglieder von Grünen und FDP hatten sich am Dienstag getroffen, ein weiteres Treffen in größerer Runde ist für Freitag anberaumt. Geplant sind auch separate Gespräche mit SPD und Union.

Es kommt auf Grüne und FDP an

Für die beiden wahrscheinlichsten Machtoptionen nach der Bundestagswahl kommt es auf Grüne und FDP an, weshalb sich beide Parteien auf Vorgespräche verständigten. Ein erstes Treffen am Dienstagabend machte das grüngelbe Quartett aus den Parteichefs Robert Habeck und Annalena Baerbock sowie FDP-Chef Christian Lindner und Generalsekretär Volker Wissing via Instagram publik.

SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz, dessen Partei am Sonntag mit 25,7 Prozent die meisten Stimmen bekam, will mit Grünen und FDP eine sogenannte Ampel-Koalition schmieden. Unionskanzlerkandidat und CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder hatten FDP und Grüne zu Gesprächen über die Bildung einer Jamaika-Koalition eingeladen. Die CDU/CSU war auf den Tiefpunkt von 24,1 Prozent gestürzt. Die Grünen kamen als drittstärkste Kraft auf 14,8 Prozent. Dahinter lag die FDP mit 11,5 Prozent.

«Persönliche Vertrauensverhältnisse»

Göring-Eckardt lobte das persönliche Verhältnis zwischen Grünen und FDP. «Vor vier Jahren, als die Jamaika-Verhandlungen gescheitert sind, hatten wir mit der FDP nicht gerade ein Vertrauensverhältnis. Das hat sich seither aber geändert - weil beide Seiten es wollten», sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Abgeordnete hätten miteinander geredet, es habe gemeinsame Gesetzentwürfe gegeben, man habe persönliche Vertrauensverhältnisse aufgebaut. «Auch Christian Lindner und ich als Fraktionsvorsitzende und haben so nach und nach verstanden, wie wir ticken», sagte Göring-Eckardt. Sie gehört dem zehnköpfigen Team für die anstehenden Gespräche mit den anderen Parteien an.

Göring-Eckardt machte deutlich, dass sie wenig Chancen für eine Koalition mit der Union sieht. «Ich sehe im Moment nicht, dass man die Union für sondierungsfähig halten könnte, geschweige denn für regierungsfähig», sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). «Was wir brauchen, ist eine zuverlässige Regierung.» Zwar sei sie immer der Meinung, dass man unter den demokratischen Parteien keine Option ausschließen sollte. «Aber beim Blick auf den Zustand der CDU sehe ich aktuell nicht, wie eine Koalition mit CDU und CSU gehen soll.»

Auch Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer schlug versöhnliche Töne in Richtung FDP an. In der «Welt» verwies der Verkehrsexperte darauf, dass auch die FDP mehr Klimaschutz im Verkehr wolle. «Wenn uns jemand sinnvollere Maßnahmen als unsere vorschlägt, sind die Grünen die letzten, die sich verweigern», sagte Krischer. Die Grünen sprächen auch nicht bewusst nicht von Aus für Verbrenner-Autos, sondern davon, dass ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden sollen. «Wir können gerne bei den Symbolbegriffen abrüsten», sagte Krischer.

Trittin: «FDP hat dazugelernt»

Der frühere Grünen-Fraktionschef und Bundesumweltminister Jürgen Trittin ging ebenfalls auf die Liberalen zu. «Die FDP hat dazugelernt», sagte Trittin den Partnerzeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. «Zum zweiten glaube ich, dass die FDP tatsächlich den Schritt in die Regierung machen möchte. Insofern sprechen wir auf einer anderen Grundlage miteinander», sagte Trittin. «Die FDP will keinen Stillstand der Gesellschaft mehr. Sie lehnt auch die Methode der Politik ab, sich erst dann zu bewegen, wenn nichts Anderes mehr geht», hob Trittin hervor.

Die ehemalige Grünen-Chefin Claudia Roth sagte in der ARD-Sendung «Maischberger»: «Man muss sich nicht lieben, aber man muss respektvoll miteinander umgehen.» Ähnlich äußerte sich FDP-Bundesvorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Es gehe darum, Vertrauen aufzubauen.

Grüne Jugend skeptisch

Die Grüne Jugend warnt allerdings vor zu viel Vertrauen in den Markt. «Hinter dem frischen Image der FDP steckt aber leider bisher nur die alte Leier der wundersamen Kräfte des Marktes», sagte der Bundessprecher der Grünen Jugend, Georg Kurz, der Deutschen Presse-Agentur. «Die Klimakrise den Profitlogiken und Wachstumszwängen zu überlassen, die uns in diese Krise erst geführt haben, ist keine Option», betonte Kurz.

Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke lehnte eine Präferenz für ein Ampel- oder Jamaika-Bündnis ab. «Die beiden Optionen sind weiter gleichrangig», sagte Fricke der «Passauer Neuen Presse» (Donnerstag). Es sei es «fair und vernünftig», dass die beiden kleineren, potenziellen Koalitionspartner sich besprechen, ehe sie mit den bisher Regierenden in Gespräche eintreten. Mit Blick auf die künftige Regierung warnte Fricke davor, dass «beim Schuldenmachen leicht ein Gewöhnungseffekt entsteht». In der Corona-Krise sei Ausgabendisziplin schwieriger geworden. «Die Haushälterfrage für die Zukunft wird lauten: Auf was kann ich, auf was sollte ich und auf was muss ich verzichten», sagte Fricke.

SPD will zügige Gespräche

Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans sprach sich für zügige Gespräche mit Grünen und FDP aus. «Wir als SPD wollen nichts überstürzen, aber auch nicht unnötig Zeit verlieren», sagte Walter-Borjans der «Augsburger Allgemeinen». «Dass sich die potenziellen Partner untereinander austauschen wollen, ist zu respektieren», fügte er hinzu. Klar sei dabei aber, dass der Auftrag zur Regierungsbildung bei der SPD liege.

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