CORONA IN NORDFRIESLAND

Biontech statt Astrazeneca: Hausärzte fürchten Chaos

Biontech statt Astrazeneca: Hausärzte fürchten Chaos

Biontech statt Astrazeneca: Hausärzte fürchten Chaos

Carlo Jolly/shz.de
Husum
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Empfang im Husumer Impfzentrum: Hier wird sofort auf die neue Zweitimpf-Empfehlung bei Astrazeneca reagiert. Foto: Volkert Bandixen

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Erstgeimpfte mit Astrazeneca sollen jetzt zur Zweitimpfung auch Biontech oder Moderna wählen können. Was die Impfzentren Husum und Niebüll sofort umsetzen können, führt zu Chaos in manchen Hausarztpraxen.

Die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), Erstgeimpften mit Astrazeneca bei der Zweitimpfung einem mRNA-Impfstoff, also Biontech oder Moderna, anzubieten, schlägt Wellen. Während es in manchen Hausarztpraxen angesichts der Anfragen von Impfwilligen drunter und drüber geht, hat der Kreis Nordfriesland in seinen Impfzentren Husum und Niebüll bereits reagiert. 

 

„Ab sofort haben alle im Impfzentrum die Wahl für einen mRNA-Impfstoff“, sagt Bernd Petersen, Impfkoordinator des Kreises. Allerdings könne nicht ausgesucht werden, ob es Biontech oder Moderna sein soll. Die Stiko hatte am Donnerstag bei Zweitimpfungen der Astrazeneca-Geimpften die sogenannte Kreuzimpfung mit Hinweis auf einen höheren Impfschutz empfohlen. Die Immunantwort des Körpers sei bei dieser gemischten Impfung der doppelten Astrazeneca-Impfung überlegen, so die Kommission. 

 

Die Leute können nicht morgen kommen. Es wird nicht auf vier Wochen runtergegangen.

Bernd Petersen, Impfkoordinator NF

 

Auch solle der Abstand zwischen beiden Impfungen verkürzt werden, erklärte die Kommission. Dies sei allerdings für die Impfzentren logistisch nicht möglich, erklärt Petersen: „Die Leute können nicht morgen kommen. Es wird auch nicht auf vier Wochen runtergegangen.“ Er berichtet von zahlreichen Anrufen Erstgeimpfter am Morgen. Allerdings halte sich die Zahl der Astra-Zweitimpfungen im Impfzentrum insgesamt in Grenzen. Petersen: „Es sind nicht Tausende.“ 

 

Zählt man die sogenannte Open-Shop-Aktion des Impfzentrums Husum vom 11. bis 30 Juni dazu, bei der 2542 Personen mit Astrazeneca ganz überwiegend eine Erstimpfung erhielten, wird allerdings ab Mitte Juli doch eine deutlich vierstellige Zahl an Zweitimpfungen zusammenkommen. Und jedes Mal die Frage: Beim zweiten Mal lieber nicht Astrazeneca? Petersen sagt hier klipp und klar: „Jeder, der kommt, hat das Recht auszusuchen.“ 

Die Leute laufen Sturm und wollen mit Biontech geimpft werden.

Nikolaus Schmidt, Kassenärztliche Vereinigung

 

Die Rückmeldungen der impfenden Haus- und Fachärzte vor Ort sind allerdings weniger entspannt als in den Impfzentren. Nikolaus Schmidt von der Kassenärztlichen Vereinigung SH spricht von Chaos und Durcheinander: „Die Leute laufen Sturm und wollen mit Biontech geimpft werden.“ Soviel mRNA-Impfstoff gebe es in den Arztpraxen aktuell aber noch nicht. 

Die Hausärzte fühlten sich von der neuesten Empfehlung für die Astrazeneca-Geimpften überrumpelt, so Schmidt: „Dieser Aktionismus wird auf dem Rücken der Ärzte und des Personals ausgetragen, bei denen die Leute vor der Tür stehen. In den Praxen geht es drunter und drüber.“

Lieferung direkt aus dem Landeslager 

Ein Problem der Hausärzte dabei: Die Praxen bestellen bei ihrem Apothekenverband. Und dort sind Impfstoffe nicht so schnell verfügbar. Die Impfzentren in Schleswig-Holstein erhalten ihre Lieferung dagegen direkt aus dem Landeslager nahe Neumünster. 

 

Bei der Lagerung im Impfzentrum und bei den Hausärzten vor Ort spricht im Vergleich der mRNA-Impfstoffe vieles für Moderna, da dieser Impfstoff einfacher und länger gelagert werden könne, gibt Bernd Petersen zu bedenken.Und er ergänzt: „Auch wenn wir das über Nacht umsetzen: Mit dem höheren Beratungsaufwand ist das auch im Impfzentrum eine logistische Herausforderung.“ 

mRNA-Impfstoffe bauen nur das Spikeprotein 

Die mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 enthalten eine Bauanleitung für einen einzigen Baustein des Virus, das sogenannte Spikeprotein. Mit dieser Information baut der Körper den Impfschutz auf.

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