Rockerkrieg

Lebensgefährlicher Angriff auf der A7

Lebensgefährlicher Angriff auf der A7

Lebensgefährlicher Angriff auf der A7

Florian Görres
Flensburg/Flensborg
Zuletzt aktualisiert um:
Clubhaus, Hells Angels, Streustrasse, Weissensee, Berlin, Deutschland Clubhaus Hells Angels Weissensee Berlin Deutschland Foto: www.imago-images.de

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Auf der A7 kommt es im September 2009 zu einem Zusammenstoß zwischen einem Auto und einem Motorrad. Der schwer verletzte Motorradfahrer ist Mitglied der Rockergruppe „Bandidos“, der Unfallwagen gehört einem verfeindeten „Hells Angel“.

Die Tat – Nur knapp am Tod vorbei

Es ist der Abend des 12.09.2009, auf der A7 zwischen Tarp und Flensburg fährt eine Motorradkolonne. Es sind Mitglieder des „Bandidos“-Clubs, die gerade von einem Ausflug nach Dänemark zurückkehren. Die Fahrt wird abrupt unterbrochen als ein schwarzer Audi A8 in die Kolonne fährt und einen 24-jährigen „Bandido“ mit zwei Stößen vom Motorrad rammt. Der junge Mann bleibt an der Leitplanke liegen. Später werden bei ihm ein Milzriss, Rippenbrüche, eine Wirbelfraktur und eine Lungenquetschung diagnostiziert, die Verletzungen sind lebensgefährlich, der Rocker wird zeitweise ins künstliche Koma versetzt.

Der Fahrer des Audi begeht Fahrerflucht und rast davon. Gleichzeitig kommt es zu einer Schlägerei an der Unfallstelle. Die alarmierten Polizisten finden im Gebüsch zwei verletzte Männer, die sie dem Umfeld der „Hells Angels“, eines mit den „Bandidos“ verfeindeten Rockerclubs, zuordnen. 

Einer der beiden Männer hat bei der Auseinandersetzung mehrere Zähne verloren und eine Stichverletzung davongetragen, dem anderen wurde mit einer Schusswaffe auf den Kopf geschlagen. Im Wagen der beiden Männer finden die Beamten einen Schlagstock, einen Elektroschocker und ein Klappmesser, die beiden behaupten sie hätten beim Unfall helfen wollen.

Der Täter – Präsident des Erzfeindes

Die beiden Verletzten sind jedoch nicht die einzigen „Hells Angels“, die in den Fall verwickelt sind. Die Polizei findet im Kreis Schleswig-Flensburg einen schwarzen Audi A8, passend zu dem Wagen, der beim Angriff verwendet wurde, mit eindeutigen Unfallspuren.

Besonders brisant: Der Halter des Autos ist der Präsident der „Hells Angels Flensburg“. Verhaftet wird dieser im Rahmen einer Großrazzia im Januar 2010. Vorgeworfen wird ihm versuchter Totschlag – er kommt in Untersuchungshaft und bleibt dort bis Ende September 2010.

Der Prozess – Schweigen, Spektaktel und ein Urteil

Der Prozess beginnt bereits im Juni 2010 vor dem Landgericht Flensburg – er wird fast ein Jahr dauern. Bis zur Urteilsverkündung hat der Prozess einiges an Spektakel zu bieten: Die Verteidigung plädiert auf unschuldig, es sei nicht nachzuweisen, dass ihr Mandat am Steuer des Unfallwagens gesessen habe, lassen die Anwälte des Angeklagten verlauten.  Die während der Ermittlung ausgewerteten Handydaten seien nicht verwertbar, erklärt einer der Verteidiger.

Inzwischen wurden die „Hells Angels Flensburg“ und die „Bandidos Neumünster“ verboten, der Angeklagte ist deswegen nur noch Ex-Rockerpräsident und will deswegen auch nicht als solcher, sondern als „Bürger dieses Landes“ beurteilt werden. Für Aufsehen sorgt auch der bestellte Verkehrsgutachter, der durch fehlende Kompetenzen auffällt. „Gutachter blamiert sich“ titelt der sh:z.

Zusätzlich erschwert wird der Prozess außerdem durch den rockerinternen Ehrenkodex, der eine Zusammenarbeit mit Polizei und Justiz verbietet. Sowohl Angeklagter auch als Geschädigter schweigen, Letzterer will sich nicht einmal weiteren Untersuchungen unterziehen.

Im Mai 2011 fällt schließlich das Urteil, der Ex-Präsident wird schuldig gesprochen. Vier Jahre Haft lautet das Urteil, wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und gefährlicher Körperverletzung. Dazu kommt ein mindestens dreijähriges Fahrverbot.

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