CORONAWELLE

Teststation als Goldgrube – ganz ohne Betrug

Teststation als Goldgrube – ganz ohne Betrug

Teststation als Goldgrube – ganz ohne Betrug

Kristina Sagowski/shz.de
Itzehoe
Zuletzt aktualisiert um:
Ohne Tests keine Sicherheit: Betreiber Torben Festersen (links) und sein Vater Eckehard Festersen sehen in der Testung einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Corona. Foto: Kristina Sagwoski

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Der Betreiber rechnet vor, dass das Geschäft mit der Teststation lukrativ ist. Kleine Teststationen sieht er durch die gesenkte Vergütung aber bedroht und warnt: Corona ist nicht vorbei, die Fallzahlen steigen wieder.

Torben Festersen greift zu seiner Tasse Kaffee. Noch bevor er einen Schluck trinken kann, klingelt das Handy. „Ja, Tests sind bestellt.“ Er setzt die Tasse erneut an – und gleich wieder ab: Noch ein Anruf. Der 34-jährige Itzehoer erklärt einer Frau, wie sie sich online einen Termin für eine Coronatestung holen kann. 

Seit Ende April betreibt Torben Festersen die Teststation auf dem Parkplatz des Edekacenters Frauen am Langen Peter – und hat gut zu tun. Der nächste Anruf bringt schlechte Neuigkeiten: Eine Mitarbeiterin informiert ihn, dass eine Person positiv getestet wurde. Die betroffene Person wird sich nun einem PCR-Test unterziehen müssen und bei positivem Befund isoliert. 

 

Damit hat Festersen genau das erreicht, was er möchte: Mehr Sicherheit in der Bevölkerung. „Das Ziel ist es ja, durch zufällige Testungen diejenigen herauszufiltern, die zwar keine Symptome zeigen, aber infiziert sind.“ Bundesweit steigen die Infektionszahlen wieder leicht. „Was passiert erst, wenn die ganzen Urlauber zurückkehren?“, fragt Festersen. Von über 13.000 Tests in seiner Station waren knapp 20 positiv. Jede einzelne Corona-Infektion, die so erkannt wird, sei ein wichtiger Schritt im Kampf gegen das Virus, die Teststationen deshalb enorm wichtig – aber nun droht vor allem kleinen Stationen die Schließung, weil Bundesgesundheitsminister Spahn die Vergütung gedrosselt habe.

 

Betrug: Einige Betreiber hatten mehr Tests abgerechnet als pro Tag tatsächlich durchgeführt wurden. Foto: Eibner-Pressefoto/Thomas Dinges via www.imago-images.de

Der selbstständige Unternehmer übt scharfe Kritik an dem Beschluss des Bundesgesundheitsministeriums, die Vergütungen für Schnelltest zu kürzen. Seit Anfang des Monats können Betreiber von Corona-Testzentren nicht mehr so viel Geld pro durchgeführtem Test abrechnen wie bisher. Statt 15 Euro gibt es nur noch acht Euro.

Einige Teststation-Betreiber hatten sich als schwarze Schafe entpuppt, weil sie offenbar mehr Tests abgerechnet hatten als pro Tag tatsächlich durchgeführt wurden sowie Sachkosten für die Tests angegeben, die den tatsächlichen Einkaufspreis überstiegen. Nach dem Verdacht des Testbetrugs im großen Stil hatte das Bundesgesundheitsministerium beschlossen, die Vergütung für Schnelltests zu senken. 

Die, die ordentlich und ehrlich arbeiten, werden jetzt abgezockt.

Torben Festersen, Betreiber der Teststation am Langen Peter

 

„Als ich das hörte, ist mir ganz schlecht geworden“, berichtet Festersen. „Die können uns doch nicht dafür bestrafen, dass andere sich da die Taschen mit Geld vollmachen mit Millionen nicht gemachter Tests“, kritisiert er die Entscheidung des Ministeriums. „Die, die ordentlich und ehrlich arbeiten, werden jetzt abgezockt.“ Er habe viel Arbeit investiert, damit jetzt alles reibungslos läuft. Trotz Kürzungen gehe es ihm finanziell gut. „Aber die kleinen Testzentren werden Schwierigkeiten bekommen, doch genau die werden wir brauchen, wenn die vierte Welle kommt.“

Ob sich eine Teststation halten könne oder nicht, hänge vor allem davon ab, wie viele Menschen sich testen lassen. 800 Tests würden er und sein Team – 23 Mitarbeiter, davon zwei Festangestellte – in der Spitze schaffen können. „Unter 80 Leuten am Tag zahle ich drauf“, sagt er und rechnet die Wirtschaftlichkeit an einem Beispieltag vor. „Letzten Mittwoch wurden bei uns 235 Leute getestet.“ 

880 Euro Ertrag – pro Tag 

Weil er pro Abstrich nach der Neuregelung nur noch acht Euro bekommt, hatte er Einnahmen an diesem Tag in Höhe von 1.880 Euro. „An dem Beispieltag waren fünf Mitarbeiter im Dienst. Jeder bekommt einen Stundenlohn von 12,50 Euro und hat 10,5 Stunden gearbeitet. Das macht mit anfallenden Nebenabgaben, die ich leisten muss, 850 Euro Personalkosten.“ Für Hygieneartikel, Internet, Buchungsprogramme und Material fallen täglich im Durchschnitt 150 Euro an. Miete muss er nicht zahlen, das Edekacenter Frauen stellt den Parkplatzbereich kostenfrei zu Verfügung. „Als Ertrag bleiben mir dann 880 Euro für den Tag.“ 

Der Einkauf eines Tests wird außerdem statt bisher mit sechs nur noch mit 3,50 Euro berücksichtigt, sagt Festersen. Jeden zweiten Tag benötigt er ein neues Paket mit Tests, 3622 Euro für 675 Einzeltests – umgerechnet zahlt er damit 5,36 Euro pro Test. 

Eine Starthilfe für die, die wollen, aber nicht können, wäre schön.

Torben Festersen

 

Die Kosten für Personal, Material und Tests musste er bis jetzt komplett alleine stemmen, weil die Vergütung erst nach zweieinhalb Monaten komme – und die wird nun auch noch gekürzt. „Ich hatte bis jetzt Ausgaben in Höhe von 135.000 Euro, aber erst einen einzigen Tag im April vergütet bekommen.“

„Man kann sich eine goldene Nase verdienen“, gibt er dennoch unumwunden zu. Allerdings müsse man, um überhaupt eine Station aufmachen so können, wegen der Vorauszahlungen Geld haben. Er wünsche sich deshalb eine faire Vergütung, die sich nicht jeden Monat ändert. „Eine Starthilfe für die, die wollen, aber nicht können, wäre schön“, findet er. Für Installationskosten beispielsweise. 

Brief an das Ministerium 

Für Torben Festersen Vater, den Allgemeinmediziner im Ruhestand Eckehard Festersen aus Itzehoe, ist die gesenkte Vergütung ein Schlag ins Gesicht der ehrlichen Betreiber und Mitarbeiter. Er selbst ist jeden Tag im Testzentrum und verärgert über die Kürzungen. Als Reaktion hat er einen Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg verfasst. 

Seine Botschaft an die Politiker: „Die Inzidenzen gehen langsam zurück, weniger Menschen sterben an Corona und es scheint so, dass die vielen Teststationen, die sich inzwischen etabliert haben, offenbar ganze Arbeit geleistet haben“, schreibt er. Weiter heißt es: „Wenn keiner mehr getestet werden kann, ist die erhoffte Sicherheit im Corona-Weltkrieg dahin.“ Eine Rückmeldung auf seinen Brief an die Ministerien hat er bis jetzt nicht erhalten. 

Mehr lesen