Gefahr für Wildtiere

Naturschützer fürchten Ansturm der Tagestouristen in SH

Naturschützer fürchten Ansturm der Tagestouristen in SH

Naturschützer fürchten Ansturm der Tagestouristen in SH

Kay Müller/shz.de
Tönning
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Zu Ostern fürchten Naturschützer viele Menschen in den Wäldern. Foto: Jasmin Johannsen

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Förster, Landwirte und Nationalpark-Ranger mahnen: Besucher sollten sich an die Regel halten.

„Mein Hund tut so etwas nicht.“ Den Satz kann Hans-Caspar Graf zu Rantzau kaum mehr hören. Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Waldbesitzerverbandes begegnet in diesen Tagen immer wieder Spaziergängern, die ihre Hunde frei laufen lassen – und ärgert sich darüber. „Die Tiere scheuchen das Wild auf, das dann auf die Straßen rennt.“ Die Wälder im Norden seien einfach zu klein. „Und zu Ostern wird das bestimmt noch zunehmen, weil die Menschen ja sonst nirgendwo Urlaub machen können.“

Dabei will Rantzau sie gar nicht aus den Wäldern verbannen. „Ich freue mich ja, wenn die Menschen sich für die Natur interessieren, aber sie sollten sich an ein paar Regeln halten.“ Neben der Leinenpflicht sollten die Besucher auf den Wegen bleiben und ihren Müll wieder mitnehmen.

Masken verschmutzen die Landschaft

Das gelte auch und gerade für Masken. Die finden sich auch an den Küsten . Wolfgang Förster-Hahn kennt dieses Corona-Phänomen. Er ist seit 25 Jahren Nationalparkranger auf Eiderstedt. Noch sei die Zahl der Tagestouristen überschaubar. „Aber zu Ostern gibt es bestimmt einen Ansturm.“

Der Ranger trifft ebenfalls immer wieder Leute, die ihre Hunde frei an Deich, Strand und im Watt herumlaufen lassen – was fast überall verboten ist. Jeder unangeleinte Hund sei eine Störung für Vögel oder Robben und bedeute Stress für die Tiere. Kein Mensch und kein Haustier müsse in die Rast- und Brutgebiete.

Höchste mögliche Schutzkategorie

Die meisten Gäste hielten sich an die Regeln, es gebe aber durch den Lockdown auch manche Tagestouristen, die neu seien und geschützte Gebiete nicht sofort erkennen. Gerade wenn es in touristischen Hotspots eng wird, wollten viele Menschen ausweichen, sagt Martin Kruse, Leiter des Nationalparkverwaltung in Tönning. „Der Besucherdruck im Nationalpark hat auch bei schlechten Witterungsbedingungen zugenommen. Bei allem Verständnis dafür, dass es Menschen gerade jetzt zu Coronazeiten in die Natur drängt: Die in einem Schutzgebiet geltenden Regeln sollten sie beachten. ‚Nationalpark‘, das bedeutet die höchste in Deutschland mögliche Schutzkategorie für ein Ökosystem, quasi die Kronjuwelen des Naturschutzes.“

Über die Regeln könne man sich „fast an jeder Ecke“ informieren, sagt Kruse – etwa im Internet, bei den Touristinformationen oder dem Besucher-Informationssystem.

Bei allem Verständnis dafür, dass es Menschen gerade jetzt zu Coronazeiten in die Natur drängt: Die in einem Schutzgebiet geltenden Regeln sollten sie beachten.

Martin Kruse, Nationalparkverwaltung

Wenn die Menschen zu Ostern an die Küsten strömen fürchtet Wolfgang Förster-Hahn auch mehr Wohnmobilisten. Da Ferienwohnungen und Hotels noch geschlossen sind, sei das eine der wenigen Möglichkeiten, irgendwo auswärts zu übernachten. Allerdings sei es eben an vielen Stellen untersagt. „Und das hat auch seinen Grund, nämlich der Natur die Ruhe zu gönnen“, sagt Förster-Hahn.

Landwirte haben Probleme: Ausflügler auf Feldern

Doch er weiß auch, dass viele Menschen einfach mal raus wollen in die Natur. Aber selbst Landwirte haben schon Probleme mit Touristen, wie Bernd Schwintowski von der „Information.Medien.Agrar“ mitteilt, die dem Bauernverband nahe steht. „Es gab in der Vergangenheit immer mal wieder Probleme mit Ausflüglern, die auf Randflächen von Feldern oder sogar darauf ihre Autos abgestellt haben.“ Das sei ein bundesweites Thema.

Und gerade jetzt sei das für die Bauern ein Problem, weil die meisten Pflanzen noch klein und anfällig sind. „Dazu haben viele Landwirte in den Randbereichen Blühstreifen angelegt. Das wäre fatal wenn Ausflügler die Bereiche schädigen, die für mehr Artenvielfalt und Insektenschutz sorgen, die die Gesellschaft doch immer von den Landwirten verlangt.“

Allerdings sagen Förster, wie Landwirte und Naturschützer, dass die meisten Tagestouristen durchaus einsichtig seien. Obwohl: Auf manche Hundebesitzer treffe das nicht zu, meint Graf Rantzau. „Die sagen, dass ihr Hund aufs Wort gehorcht, manche hören aber nur ausnahmsweise.“

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