Literatur

Neues, persönliches Buch des Niebüller Autors Axel Schauder

Neues, persönliches Buch des Niebüller Autors Axel Schauder

Neues, persönliches Buch des Niebüller Autors Axel Schauder

Arndt Prenzel/shz.de
Niebüll
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Nordfriesland als letzte Station: Der Journalist und Autor Axel Schauder lebt seit 30 Jahren in Niebüll. Foto: Arndt Prenzel

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Reflektion des eigenen Vaters als großen Fremden.

Der Niebüller Journalist und Buchautor Axel Schauder, Jahrgang 1944,beschäftigte sich immer wieder mit seinem Lebensthema, der Auseinandersetzung mit dem Vater. Der gebürtige Schlesier hat nun aus diesem Stoff ein Buch entwickelt, das in der Edition Marehalm erschienen ist.

Der Autor reflektiert in „Der andere und ich – mein Vater, der große Fremde“ sein Leben – immer in Bezug auf sich und auf seinen Vater. Ein Leben, das geprägt ist von „tiefen Gedanken an Freude und Leid“. Dadurch ist ein sehr persönliches, intensives Buch entstanden. „Ich war besessen von dem Bestreben, es besser zu machen, als er", sagt der Autor heute.

Schwierige Beziehung

Axel Schauder ist fünf Jahre alt, als sein Vater 1949 aus der Gefangenschaft heimkommt. Die beiden haben sich noch nie gesehen, doch das erste Treffen verläuft für den Jungen enttäuschend. Es ist der Beginn einer lebenslangen, schwierigen Beziehung.

Schnell erfährt der Leser, das auch dem Vater in der Kindheit Verletzungen zugefügt worden sind, die dieser wohl nicht verarbeitet hat. Konfrontiert mit Ungerechtigkeiten und väterlichen Jähzorn entwickelte sich aus dem Vater eine sehr ich-bezogene Persönlichkeit, die nur den eigenen Weg nach vorn kannte.

Berlin der 30-er Jahre

Das Werk entführt den Leser zunächst in die höchst spannende Welt Berlins der 30er Jahre, denn der 1917 geborene Jüngling lernt Kellner im weltberühmten Hotel Adlon. Das liest sich gut, zumal der Autor es versteht, die Lebensgeschichte mit zahlreichen zeitbezogenen Details anzureichern.

Zugleich taucht man in höchst dramatische Ereignisse ein. Kaum hat der junge Mann seine große Liebe gefunden, wird er eingezogen. Im Krieg wird der Soldat beinahe hingerichtet, eine Erfahrung, die ihn lebenslang traumatisierte. Ein weiteres Nah-Toderlebnis erlebt er als Bergbau-Zwangsarbeiter in Sibirien, bis vier Jahre Gefangenschaft vorüber sind.

Ich erzähle nicht weitere Widrigkeiten, Enttäuschungen und Katastrophen, die folgen sollten.

Axel Schauder

Die Nachkriegszeit in Dresden zeigt einen Mann, der nach oben will. Die Familie bleibt da auf der Strecke. Axel Schauders Bezugsperson, der geliebte, sanftmütige Großvater stirbt. Die Lebensgeschichte geht gleichwohl voller aufregender Ereignisse weiter.

Beruflicher Aufstieg des Vaters, aufkeimender Wohlstand, Agententätigkeit und Flucht nach Westdeutschland sind Stationen der weiteren Entwicklung. In Oberbayern angekommen, es ist das Ende der Flucht, bricht der Autor unvermittelt ab. „Ich erzähle nicht weitere Widrigkeiten, Enttäuschungen und Katastrophen, die folgen sollten.“

Scheidungsgrund

Und dennoch erfährt der Leser, dass der Vater ein Unternehmen nach dem anderen in den Ruin führt, ehe er ganz verschwindet; seine Familie mit einer kränkelnden, mutlosen und suizidgefährdeten Mutter einfach zurücklässt.

„Für einen großen Teil des Lebensunterhalts haben wir Kinder gesorgt“, schreibt der Autor bitter nieder. Als Gipfel der Niedertracht schleust der Vater später einen Mann in die Familie ein, der ihm einen Scheidungsgrund liefern sollte.

Folgt man den Ausführungen, so hat der Vater nicht nur eine neue Familie gegründet, sondern lebenslang weitere Firmen in den Konkurs geführt. Das Schicksal war zu Schauders Familie letztlich gnädig, die Mutter fand einen neuen Partner.

Enttäuschter Sohn

„Meinen Vater habe ich seitdem vergeblich versucht auszublenden", notiert der enttäuschte Sohn. Axel Schauder berichtet nun romanhaft, teilweise autobiografisch, über seine Erlebnisse mit zwei Frauen, mit denen er Teile seines Lebens verbracht hat.

Im dritten Teil des Buches kommt er zum Vaterthema zurück. Dieser sucht ihn Mitte der 70er Jahre unerwartet auf. Es ist kaum zu fassen: Der erfolglose Geschäftsmann pumpt seinen Sohn ohne Umschweife an. Ein letztes Mal lässt sich der damals als Journalist tätige Mann darauf ein. Er soll das Geld nie wiedersehen.

Das Wenige, das uns verbunden hat, soll anstelle von Vorwürfen, Abrechnungen und Demütigungen treten.

Axel Schauder

Wieder vergehen viele Jahre, ehe die Söhne des Autors sich nach dem Großvater erkundigen. Mühselig gelingt nun eine Wiederannäherung. „Das Wenige, das uns verbunden hat, soll anstelle von Vorwürfen, Abrechnungen und Demütigungen treten.“

Den beiden Männern gelingt es auf der allerletzten Wegstrecke sich näherzukommen. Als der Vater stirbt, will der Sohn ihm noch verzeihen. Er kommt jedoch zu spät. So ist das Buch auch ein Lehrstück darüber, dass man die Auseinandersetzung in der Familie rechtzeitig führen soll, auch um einen eigenen inneren Frieden zu finden.

Traurigkeit bleibt

„Diesen habe ich nun“, sagt Axel Schauder. „Es bleibt die Traurigkeit, dass ich ihm nicht mehr verzeihen konnte.“

Das Buch „Der andere und ich – mein Vater, der große Fremde“ ist im Handel erhältlich. Eine telefonische Bestellung ist in der Bücherstube Leu in Niebüll unter Telefon 04661/5722 möglich.

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