Sommerspiele in Paris

«Unsportlichste Verhalten»: Silber-Stress mit Holland

«Unsportlichste Verhalten»: Silber-Stress mit Holland

«Unsportlichste Verhalten»: Silber-Stress mit Holland

dpa
Paris
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Bundeskanzler Olaf Scholz schaute beim Finale vorbei. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

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Die Niederlande schlagen Deutschland im Hockey-Finale. Danach verliert einer der Olympiasieger die Nerven. Es kommt zu wilden Szenen.

Als Duco Telgenkamp seine Goldmedaille bekam, hallten laute Buhrufe durch das Stade Yves-du-Manoir im Nordwesten von Paris. Der Niederländer ist Hockey-Olympiasieger - und nach seinem Ausraster gegen die unterlegenen Deutschen doch der Buhmann. «Das ist das unsportlichste Verhalten, das ich in meinem Leben von einem Gewinner je gesehen habe», sagte Nationalspieler Niklas Wellen.

Im Penaltyschießen hatte sich Oranje gegen die deutschen Weltmeister 3:1 (1:1, 0:0) durchgesetzt, direkt nach dem Ende verlor Telgenkamp die Nerven. «Der hat den schönsten Moment seines Lebens, gewinnt Gold bei den Olympischen Spielen und rennt zu unserem Torwart, der am Boden liegt und weint, kniet sich nieder und macht den Silencer», sagte Wellen.

Mit seinem über den Mund gelegten Zeigefinger hatte sich der Niederländer vor Jean-Paul Danneberg aufgebaut. Wellen geriet daraufhin in eine Rangelei mit mehreren Niederländern. Danneberg hatte vor dem Finale der Erzrivalen behauptet, «die Holländer haben richtig Angst».

«Ich finde es ein bisschen fragwürdig. Wenn man Gold gewinnt, würde ich zu meinen Jungs gehen und feiern», sagte Tom Grambusch. «Es gab vorher ein, zwei Kommentare, die nicht schlimm waren, die dazugehören. Dass das so ausartet, das ist unschön.» An einem klärenden Gespräch mit den Niederländern haben die Deutschen offenbar kein Interesse: «Das wird stehenbleiben.»

Stärke im Penaltyschießen nicht gezeigt

Letztlich feierten die Niederländer vor den Augen von Bundeskanzler Olaf Scholz das 3:1 (1:1, 0:0) im Penaltyschießen gegen die deutschen Weltmeister. Zwölf Jahre nach dem bislang letzten Olympiasieg des Teams in London war die Auswahl des Deutschen Hockey-Bunds angetreten, um in Frankreich wieder zu triumphieren. Nachdem die Enttäuschung nach Platz vier vor drei Jahren bei den Sommerspielen in Tokio groß war, gab es nun das erste Edelmetall seit 2016. 

«Das war auf vielen Ebenen ein unglaublich starkes Spiel von uns. Trotz des 0:1-Rückstands sind wir zum Ausgleich gekommen. Im Penalty-Shootout sind wir eigentlich sehr stark, aber wir haben unsere Qualitäten nicht gebracht. Da war die Niederlande einfach besser», sagte Bundestrainer André Henning.

Im Nordwesten von Paris brachte Thierry Brinkman (46. Minute) die Niederlande in Führung, Thies Prinz (50.) traf kurz darauf zum Ausgleich. Im Penaltyschießen sorgten Kapitän Brinkman, Thijs van Dam und Telgenkamp für die Entscheidung zugunsten von Oranje. Justus Weigand traf für Deutschland.

In der Vorrunde gewann Deutschland gegen die Niederlande

Das insgesamt achte Olympiafinale für eine deutsche Männermannschaft begann auf beiden Seiten verhalten. Erst nach zehn Minuten kam Deutschland durch eine scharfe Hereingabe von Christopher Rühr erstmals gefährlich vor das Tor, konnte daraus aber nichts machen. Auch die Niederländer schafften es im ersten Viertel nicht, sich gute Chancen zu erarbeiten. Stattdessen ging es zunächst darum, kompakt und sicher zu stehen.

Das war der DHB-Auswahl auf dem Weg ins Finale oft gelungen. Die DHB-Auswahl hatte sich mit vier Siegen aus fünf Gruppenspielen als Erster für die K.-o.-Runde qualifiziert und dabei nur wenige Gegentore zugelassen. Bei den Siegen gegen Argentinien im Viertelfinale und Indien in der Vorschlussrunde (jeweils 3:2) wurde es teilweise dramatisch. Die Niederländer hatten im Halbfinale gegen Spanien (4:0) zwar weniger Mühe, mussten sich dafür aber Deutschland schon in der Vorrunde 0:1 geschlagen geben. 

Zu Beginn des zweiten Viertels nahm dann Scholz auf Höhe der Mittellinie Platz. Der SPD-Politiker machte seinen ersten Zwischenstopp bei den Spielen in Paris beim Hockey und wurde auf der Tribüne unter den Ehrengästen von seinen Leibwächtern geschützt. Der Bundeskanzler sah, wie sich die Niederländer immer mehr Ballbesitz erarbeiteten, aber Deutschland die erste Strafecke bekam. Diese führten genau wie alle anderen Bemühungen zur Pause zu keinem Tor mehr.

Auch die zweite Halbzeit begann zögerlich. Tausende niederländische Fans auf den Tribünen trieben den EM-Gewinner des Vorjahres mit «Holland»-Rufen an - kurz nach Start des Schlussviertels durften sie jubeln. Eine kleine Unachtsamkeit in der Verteidigung nutzte Brinkman zum 1:0, den zweiten Treffer kurz darauf verhinderte Keeper Jean-Paul Danneberg mit einer Glanztat. Fast im Gegenzug traf Prinz nach einer Strafecke mit einem satten Schuss zum Ausgleich.

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