Corona-Krise

Demo für Öffnungen in Gastronomie und Einzelhandel

Demo für Öffnungen in Gastronomie und Einzelhandel

Demo für Öffnungen in Gastronomie und Einzelhandel

Mira Nagar/shz.de
Flensburg
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Die Demonstration richtete sich gegen die Schließungen im Einzelhandel und in der Gastronomie. Foto: Marcus Dewanger

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Flensburger Einzelhändler und Gastronomen fordern ein Entgegenkommen der Stadt bei Gebühren und Steuern.

Am Ende stand der gestandene Gastronom da und kämpfte mit den Tränen. Asterx, Feuerkünstler und Inhaber der Kieler Kultkneipe Erbse, berichtete mit stockender Stimme, dass er von der Rente seiner Mutter lebe. Hinter ihm aufgestellt hatten sich ein Mann und ein Mädchen mit bemalten Kreuzen für geschlossene Ferienwohnungen. 

Kreuze für die Ferienwohnungen "Alte Käserei". Foto: Marcus Dewanger

Mit einer Mischung aus Bedrückung und Unverständnis haben etwa 25 Kaufleute, Gastronomen und Selbstständige auf dem Südermarkt für den Erhalt ihrer Unternehmen demonstriert. Mindestens genauso viele Interessierte stellten sich dazu.

Zu wenig Solidarität

Dehoga- Kreisvorstand Günter Blankenagel fasste zusammen, was viele beschäftigt: Kein oder kaum Umsatz, Kurzarbeit und schleppende Hilfszahlungen. „Seit Oktober haben wir keine Touristen“, sagt der Inhaber von Ferienwohnungen. Auch wenn diese Umstände nicht von der Stadt zu verantworten seien, fehle ihm die Solidarität aus der Stadtverwaltung.

„Wir folgen den Auflagen, wir erbringen unsere Sonderopfer, wir spüren aber nicht, dass die Stadt Flensburg uns unterstützt“, sagte Blankenagel. „Dabei wollen wir gar kein Bargeld, sondern ein Entgegenkommen bei Gebühren oder Steuern.“ So sei beispielsweise die Bettensteuer weder ausgesetzt noch gestundet worden. Der Stadtverwaltung wirft er mangelnde Wirtschaftskenntnisse vor. Weder ein kostenloser ÖPNV noch kostenlose Parkplätze wurden eingerichtet, um mehr Kunden in die Stadt zu locken. „Reißt euch doch endlich zusammen“, richtete sich Blankenagel an die Stadt.

Organisiert hat die Demo Jens Drews von der Flensburger Gilde. Der Optiker fordert kurzfristige und schnelle Hilfen – auch Vermieter sieht er in der Pflicht. „Die Mieten stunden reicht nicht mehr“, sagte er. Auch Drews berichtet von Unternehmern, die von Familienangehörigen abhängig sind oder ihre Altersvorsorge gefährden.

Jens Drews demonstriert regelmäßig vor dem Kieler Landeshaus. Foto: Marcus Dewanger

Kritik wegen der „Basis“

Kritisiert wurde die Demo von einer Handvoll Gegendemonstranten, die sich gegen einen ursprünglich angekündigten Redebeitrag von einem Mitglied der umstrittenen Partei „Die Basis“ aussprachen. Sie hielten Plakate mit der Aufschrift „Distanziert euch“ hoch, ihre Rufe wurden aber vom Megafon übertönt. Die Kritik: Die Basis ist aus den Reihen der Corona-Demos entstanden und hat auch in Flensburg einige Schnittmengen mit der Demo „Flensburg für Grundrechte“. Der ehemalige Flensburger Grünen-Politiker David Claudio Siber schloss sich der Partei an, nachdem ihm von ehemaligen Parteifreunden vorgeworfen wurde, mit „Faschisten auf die Straße“ zu gehen.

Der Redebeitrag der Partei wurde aber kurzerhand abgesagt. „Ich habe sie gebeten, nicht zu kommen“, erklärte Jens Drews. Ihm wurde gesagt, dass das Polizeiaufgebot verstärkt werden müsste, weil bei einer Rede der „Basis“ eine Gegendemo zu erwarten gewesen sei. Drews entschied sich also, die Rede abzusagen. „Wir wollen hier keine Parteipolitik“, sagte er.

Ausladung als Redner

Gekommen sind Vertreter der Basis dennoch: David Claudio Siber und der verhinderte Redner Holger Möller, der nach eigenen Angaben als Unternehmer sprechen wollte. Siber fühlt seine Partei zu Unrecht ausgeladen. „Die Stadtverwaltung hat eine Rednerliste verlangt und gesagt, wenn die Basis redet, müssen die Regeln verschärft werden“, sagte er am Rande der Demo. Welche Regeln das sind, konnte er nicht beantworten. Drews widersprach dem: Verschärfungen seien nicht angekündigt worden.

Auch die Fraktion von Flensburg Wählen hatte sich – im Gegensatz zu Siber ohne Masken – unter die Zuschauer gemischt. Sie hatten in der vergangenen Ratsversammlung für einen Eklat gesorgt, als sie Menschenversuche im Dritten Reich und Corona-Impfungen auf eine Stufe stellte.

Tätowierer Nori Storm von Black Pearl Tattoo stellte in seiner Rede klar: „Wir wollen hier keine Corona-Leugner, aber wir können nicht jeden auf den Kopf stellen und fragen: Wo stehst du denn?“

Die Demo richtete sich weniger dagegen, dass es Corona-Maßnahmen gibt, sondern dass der Einzelhandel benachteiligt werde – trotz aller Bemühungen, Konzepte und Anschaffungen von kostspieligen Spuckschutzscheiben. Auch Nori Storm gehe es bei seiner Kritik um die Probleme für die kleinen Unternehmer um die Ecke. „Wenn mein Lieblingsrestaurant alles umgesetzt hat, was gefordert wurde – wie kann es denn sein, dass es schließen muss?“

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