Pfarrei St. Ansgar Schleswig

Kirchenaustritte: Katholiken im Norden bleiben verschont

Kirchenaustritte: Katholiken im Norden bleiben verschont

Kirchenaustritte: Katholiken im Norden bleiben verschont

Birger Bahlo/shz.de
Schleswig
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St. Ansgar in Schleswig geschmückt für Weihnachten 2020 - eine der letzten gemeinsamen Feiern der katholischen Kirchengemeinde. Foto: Wolfgang Johannsen

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Kirchenaustritte wegen des Missbrauchskandals in Köln haben die Pfarrei St. Ansgar in Schleswig nicht beschädigt.

Pfarrer Wolfgang Johannsen von der Pfarrei St. Ansgar in Schleswig ist ein geduldiger Gesprächspartner. Der Sohn einer katholischen Mutter aus Westpreußen und eines protestantischen Vaters aus Nordschleswig nimmt sich Zeit und weicht keiner Frage aus.

Aktuelle Berichte über teils massenhafte Kirchenaustritte, der Missbrauchskandal im Erzbistum Köln, die für Gleichberechtigung kämpfende Bewegung Maria 2.0 – auf alles hat er Antworten. Natürlich auch auf die Frage, wie der Kirchenalltag in unserer Region eigentlich unter Pandemie-Bedingungen überhaupt noch gestaltbar ist. Wie geht es also gerade jetzt der katholischen Kirche hier mitten in Schleswig-Holstein?

Eines vorweg: Die Zahl der Mitglieder in der Pfarrei St. Ansgar liegt heute bei 11.800, im Jahr 2019 lag sie bei 12.000. Jeder Austritt – 156 im Jahr 2020 – mache ihn zwar traurig, aber die Veränderungen erschrecken ihn nicht, zumal es stets durch Zuzüge auch neue Mitglieder gebe. Die 11.800 Mitglieder verteilen sich auf 2000 Quadratkilometer im sogenannten Pastoralen Raum Eckernförde-Rendsburg-Schleswig, der erst zum Jahreswechsel 2016/17 aus früheren Pfarreien gebildet worden war.

Pfarrer Wolfgang Johannsen, St. Ansgar in Schleswig Foto: Privat

Auch wenn im Norden nur mäßige Austrittszahlen zu beklagen seien, werde über den Kölner Missbrauchsskandal durchaus diskutiert – auch vor dem Hintergrund, dass dem Hamburger Erzbischof Stefan Heße vorgeworfen wird, in seiner Zeit als Generalvikar im Erzbistum Köln an der Vertuschung von sexuellem Missbrauch mitgewirkt zu haben. Heße bestreitet die Vorwürfe, erklärte aber im Februar, bereit zum Rücktritt zu sein.

Johannsen ist wichtig zu betonen, dass auch Kirche lernfähig sei und viel im Laufe der Jahre intern neu geordnet worden sei, um solche Fälle zu verhindern oder rasch aufzuklären, sollten sie geschehen. Er sagt: „Ich versichere: Im Erzbistum ist nicht ein einziger Mitarbeiter im Zusammenhang mit solchen Taten im Dienst.“

Ich versichere: Im Erzbistum ist nicht ein einziger Mitarbeiter im Zusammenhang mit solchen Taten im Dienst.

Pfarrer Wolfgang Johannsen, Pfarrei St. Ansgar in Schleswig

Und welche Bedeutung hat die Bewegung Maria 2.0 im Norden? „Keine so große Rolle angesichts der Vielfalt in unseren Gemeinschaften, aber Geschlechtergerechtigkeit generell bleibt immer Thema für uns.“

Vieles weggebrochen – manches Neue entstanden

Brechend volle Kirchen zur Erstkommunion, Chorproben oder Seniorennachmittage – alles weg? „Kirche leben wir als Gemeinschaft aller Gläubigen“, sagt der Pfarrer und es klingt die Wehmut durch, dass das zurzeit nur höchst eingeschränkt darstellbar ist. Allerdings habe es mittlerweile etliche Treffen unter freiem Himmel auf dem Auferstehungsweg gegeben, der im Zuge des ersten Lockdowns im Brekendorfer Wald eingerichtet worden war, der in der weiträumigen Pfarrei liegt. Stelen entlang des 4,5 Kilometer langen Rundwanderweges laden zur Meditation ein mit Fragen wie „Was ist Frieden für Dich?“

Gottesdienste im Rahmen der Regeln

Zudem wurden in den Kirchen oft die zulässigen Besucherzahlen von 50 und 100 vor den Gotteshäusern ausgereizt. Zudem seien viele Online-Angebote aufgebaut worden.

So werde der Alltag im Rahmen der Bestimmungen weitgehend aufrecht erhalten, mit allen Amtshandlungen, Gottesdiensten und Besprechungen in den Gremien und Teams.

Hoffen auf die Rückkehr des Kirchenchores

Betrübt schaut der Pfarrer auf das seit dem ersten Lockdown geltende Aus für Auftritte des von Günter Schlechter geleiteten Kirchenchores. „Ich setze alle Hoffnung darauf, dass die Wiedergeburt gelingen wird.“ So gut es gehe, hielten die Mitglieder untereinander private Kontakte.

Und die Zeit nach allen Lockdowns?

Überhaupt – die Zeit danach? Da glaubt Wolfgang Johannsen fest daran, „dass diese Zwischenphase Neues entstehen lässt, vor allem, dass wir der Frage auf den Grund gehen, was wirklich wichtig ist“.

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