Milchwirtschaft

Landwirt Owe Klützke sorgt sich um seinen Familienbetrieb

Landwirt Owe Klützke sorgt sich um seinen Familienbetrieb

Landwirt Owe Klützke sorgt sich um seinen Familienbetrieb

Katharina Wimmer/shz.de
Tating
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Milchbauer Owe Klützke aus Tating mit einem vor ein paar Stunden neugeborenen Kalb. Foto: Volkert Bandixen

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Milchbauer Owe Klützke aus Tating führt den Familienbetrieb mit Leidenschaft, doch Corona brachte extreme Probleme.

Mehr als zweihundert Kuhaugen schauen neugierig aus dem offenen Stall. Genüsslich kauen sie ihr Futter wieder und halten sogar den Kopf in die Sonne. Das gleichmäßige Muhen der Kühe perfektioniert die landwirtschaftliche Idylle.

Kurz vor St. Peter-Ording liegt der Hof von Milchbauer Owe Klützke (28), der nach dem tödlichen Reitunfall seines Vaters seit vier Jahren den elterlichen Betrieb mit drei Angestellten führt.

Auf seinem Hof hält der studierte Agrarwissenschaftler 120 Milchkühe, weitere 120 Jungtiere zur eigenen Nachzucht, 220 Kälber und 400 Mastrinder. Daneben hat er 100 Mutterschafe und bewirtschaftet 250 Hektar Grund.

Der Milchbauer Owe Klützke führt den Familienbetrieb mit viel Liebe und Herz. Foto: Volkert Bandixen

Wie funktioniert die Kälberkette ?

Seine Kälbchen kauft Klützke immer direkt vom Viehhändler. Seine Bedingung an den Händler ist, dass die Tiere maximal einen Tag unterwegs sind und damit Transportwege und -dauer kurz gehalten werden. Insgesamt 90 Tiere aus 60 Betrieben werden mit einem Alter von 14 Tagen auf den Hof gebracht. Vor jedem Wechsel werden die Stallungen samt der Tränken desinfiziert, sodass das Ansteckungsrisiko möglichst gering bleibt. Auch bei der Anlieferung der Tiere kontrolliert der Jungbauer seine Neuen auf mögliche Krankheiten.

Um die Jungtiere schnell zu stärken, erhalten sie als erstes eine Vitamin-Kur. Danach gibt Klützke sieben Wochen lang Milchaustausch-Futtermittel, Wasser, Kraftfutter und selbst angebautes Heu – insgesamt 1000 Rundballen produziert er im Jahr.

 

Milchbauer Owe Klützke kauft seine Kälber immer direkt vom Erzeuger und geht nicht über Sammelstellen. Foto: Volkert Bandixen

Innerhalb einer Woche werden die Kälber abgetränkt und auf Kraftfutter sowie eine Grundfutterfütterung umgestellt. Dann werden sie umgestallt und erhalten für ein schnelles Wachstum proteinhaltige Grassilage. In der Endmast müssen die Rinder weiter Fleisch ansetzen und bekommen dafür ein Gemisch an Maissilage und Kraftfutter.

Mit 700 bis 750 Kilo verkauft Klützke seine 21 Monate alten Tiere, das sind 420 bis 450 Kilo Schlachtgewicht pro Tier.

Was am Ende des Tages bleibt

Der Fleischpreis für seine Tiere steige derzeit wieder, sagt Klützke. Im Moment erhält er vier Euro pro Kilo. Das sei aber vor Ostern und auch vor Weihnachten normal. Denn dann kommt die Roulade oder der Rinderbraten im privaten Haushalt auf den Tisch. Im Sommer beginnt die Grill-Saison mit Schweinefleisch, und der Preis für Rinder bricht meist ein.

Denn das Steak oder das Rinderfilet macht man sich nicht einmal schnell zu Hause, das isst man im Restaurant und weil diese im Lockdown schließen mussten, blieben die Edelstücke Ladenhüter.

Owe Klützke, Milchbauer aus Tating

Doch Corona habe den Fleischpreis-Rhythmus durcheinander gebracht. „Denn das Steak oder das Rinderfilet macht man sich nicht einmal schnell zu Hause, das isst man im Restaurant“, erklärt der Jungbauer. Das sei für den Fleischpreis katastrophal. Zeitweise gab es 2020 nur noch 3,40 Euro pro Kilo, damit sind nicht einmal die Produktionskosten gedeckt.

Damit hätte man vor der Corona-Krise nicht rechnen können. Steaks waren gerade in Gourmet-Küchen gefragt, und die Fleischhändler prognostizierten ein rosige Zukunft. So investierte auch der Milchbauer in diesen Geschäftszweig, doch dann kam alles anders.

Milchpreis im Sinkflug

Dennoch hat Klützke mit seinen Kühen auch Glück. Für seine eine Million Liter Milch jährlich hat er einen Vertrag mit der Meierei Nordseemilch in Witzwort abgeschlossen und ist sogar ihr neues Werbegesicht. Durch das Tierwohl-Label erhält er zu dem derzeitigen Handelspreis von 32 Cent pro Liter Milch noch vier Cent zusätzlich, sodass seine Kosten gedeckt sind. Jedoch erziele er damit keinen unternehmerischen Gewinn.

Die Kühe von Milchbauer Owe Klützke können das ganze Jahr frische Nordseeluft tanken. Foto: Volkert Bandixen

Doch bevor er den Vertrag unterschreiben konnte, musste er erst einmal 100.000 Euro investieren, um alle Auflagen zu erfüllen. Keine Kuh ist nun in seinem Stall angebunden, die Tiere können sich frei bewegen und ganzjährig aus dem Stall auf den Laufhof. Jeder Wiederkäuer hat einen Liege- und Fressplatz. Regelmäßige Klauenpflege und Massage-Bürsten sowie saisonale Weidehaltung geben zusätzlichen Kuh-Comfort.

Alles muss protokolliert werden. Unangekündigte Kontrolleure überprüfen die Einhaltung der Richtlinien. Doch für die Tiere lohne sich der Mehraufwand: Denn schon jetzt sieht Klützke, dass die Kühe ruhiger und entspannter sind, weniger Klauenprobleme haben und weitaus gesünder sind.

Der Milchbauer Owe Klützke ist stolz auf seine Milchkühe und sorgt sich um ihr Wohl. Foto: Volkert Bandixen

Viele seine Kollegen haben nicht einen solchen Vertrag und müssen zum regulären Milchpreis verkaufen. Und dieser sei in den vergangenen Jahren mit alle den Auflagen eine Frechheit, und auch hier habe Corona noch einmal den Preis für Frischmilch gesenkt. Zusammen mit seinen Kollegen ist er unter anderem deswegen regelmäßig bei den Protesten in Berlin dabei und demonstriert für eine bessere landwirtschaftliche Zukunft.

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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