Wirtschaft

Wie ein Nordfriese mit winzigen Häusern eine drohende Insolvenz verhinderte

Wie ein Nordfriese mit winzigen Häusern eine drohende Insolvenz verhinderte

Wie ein Nordfriese eine drohende Insolvenz verhinderte

Jonas Bargmann/shz.de
Wobbenbüll
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Stephan Lensinger in einem seiner selbstgebauten Tiny Houses. Foto: Volkert Bandixen

Corona-bedingt sind Stephan Lensinger viele Aufträge weggebrochen. Dann baute er sich ein anderes Standbein auf.

Es ist der Mega-Trend der vergangenen Jahre: Tiny Houses (deutsch: winzige Häuser). Sie sind deutlich kleiner als herkömmliche Wohnungen- und sie sind in der Regel mobil. Gebaut werden sie in Nordfriesland von Stefan Lensinger. Der 45-Jährige ist Geschäftsführer der Tiny House Manufaktur – dem einzigen Unternehmen in Nordfriesland dieser Art. Seine Frau Claudia ist die Inhaberin.

Tränen beim ersten Hausverkauf

Vor acht Jahren fing alles an: In einem Fernsehbeitrag sah Stephan Lensinger den Bau solcher Mini-Wohnungen. Vor etwa fünf Jahren beschäftigte sich der gelernte Zimmermann gründlicher mit der Bauart der Häuser „Oder wie sie optimiert werden können“, sagt er.

 

Damals war der 45-Jährige noch als Selbstständiger unterwegs. Durch Corona wurde alles anders: Viele Aufträge sind weggebrochen. „Entweder Insolvenz oder das noch vorhandene Geld in die Tiny Houses stecken“, sei die Wahl gewesen, erinnert er sich. Das Risiko ging das Duo ein. Mit Erfolg: „Als wir das erste Haus verkauften, kamen mir die Tränen. An solchen Fertigstellungen hängt man.“ Allerdings: Neben der emotionalen Bindung zum ersten Haus musste sich der Zimmerer Fehler eingestehen. „Meine Frau und ich wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie man bei solchen Objekten kalkuliert“, gab er offen zu. Daher habe er beim ersten Verkauf ein Minusgeschäft gemacht. Das habe sich inzwischen geändert.

Ein Blick ins Innere: Stephan Lensinger in einem von ihm gebauten Tiny House. Foto: Volkert Bandixen

Über den bisherigen Ansturm sei er überrascht gewesen. Lensinger: „Damit habe ich zu keiner Zeit gerechnet. Ich habe meine Leidenschaft zum Beruf gemacht“ Durch Mitgliedschaften in Facebook-Gruppen habe er seine Kundschaft vergrößert. „Die Anfragen werden mehr.“

Kunden aus mehreren Ländern

Acht Wohnungen hat er inzwischen verkauft – an Kunden aus ganz Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien – in unterschiedlichen Größen. Im Grundriss sind die Einzelwohnungen zwischen 20 und 26 Quadratmetern groß. Es können auch „doppelte Tinys“ gekauft werden, erwähnt Lensinger. „Die sind im Grundriss circa 46 Quadratmeter groß und verfügen über eine 15 Quadratmeter große Terrasse.“

Meist seien seine Kunden zwischen 40 und 64 Jahren alt, erzählt der gebürtige Berliner: „Das sind meist Menschen, die ökologisch und ressourcensparend leben und sich von allen ein wenig absondern wollen“, sagt er. „Das zieht sich durch alle Schichten. Das sind also nicht nur reiche Leute.“

 

Ein Vorteil: Die Häuser sind transportabel. Entweder werden sie mit Hilfe eines Krans auf einen Tieflader eines Lkw geladen und vor Ort abgeladen oder als mobile Variante ausgeliefert. Das heißt: Die Wohnungen verfügen nicht nur über die erforderliche Straßenzulassung, sondern auch über eine Anhängerkupplung und können von Fahrzeugen, die diese Last ziehen dürfen, transportiert werden.

Bei jedem Hammerschlag kommen neue Gedanken und Ideen. Wenn ich die habe, spreche ich die mit meinem Kunden ab. Stephan Lensinger, kreativer Handwerker

Tiny Houses sind deutlich günstiger als herkömmliche Häuser. Los geht es ab einem Nettopreis von 55.000 Euro. „Das Teuerste, das wir haben, kostet 135.000 Euro. Aber das sind zwei Wohnungen zusammen.“ Gebaut wird nach den Wünschen des Kunden. „Bei jedem Hammerschlag kommen neue Gedanken und Ideen. Wenn ich die habe, spreche ich die mit meinem Kunden ab“, so der Wobbenbüller.

Ökonomische Herstellung hat einen hohen Stellenwert bei Tiny Houses

Nach einer Bauzeit zwischen sechs und zwölf Wochen sind die Häuser bezugsfertig. Auf eine ökonomische Herstellung wird ebenfalls geachtet. „Wir arbeiten mit Schafswolle und vielen Naturprodukten wie etwa Holz. Wenn der Kunde Rehgips haben möchte, verbauen wir das natürlich auch.“

 

Nicht immer werden die Häuser komplett fertig verkauft: „Manchmal auch nur zu 75 Prozent, weil die Kunden selbst den Fußboden verlegen wollen.“

Innenministerium plant Förderung von Tiny House-Projekten

Auf Landesebene wurde das Potenzial bereits erkannt. Das Innenministerium will Tiny Houses künftig fördern. Geplant ist, die Projekte mit einem Gesamtpool von 300.000 Euro zu unterstützen. Die Mittel stammen aus dem Landeshaushalt. Wie genau die Förderungen aussehen soll, wird derzeit debattiert und soll in Richtlinien festgehalten werden. „Es könnte beispielsweise ein Gutachten gefördert werden“, so Andreas Tietze, Landtagsabgeordneter (Grüne). Die Rahmenbedingungen sollen bis Ostern feststehen.

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