Energiekrise
Gasspeicher-Betreiber bleiben trotz Drosselung optimistisch
Gasspeicher-Betreiber bleiben trotz Drosselung optimistisch
Gasspeicher-Betreiber bleiben trotz Drosselung optimistisch
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Obwohl Russland die Gaslieferungen weiter zurückgefahren hat, sollen die Gasspeicher bis zum Winter gefüllt sein. Berlin und Moskau schieben sich gegenseitig die Schuld für die Gaskrise zu.
Die Bundesnetzagentur spricht angesichts der sinkenden Gaslieferungen aus Russland von einer angespannten, aber stabilen Lage bei der Versorgung. Die Betreiber der deutschen Erdgasspeicher-Betreiber sind da optimistischer. Sie gehen davon aus, dass selbst bei anhaltend niedrigen Lieferungen durch Nord Stream 1 die Depots weiter befüllt werden können. Bis zum Winteranfang könnten die Speicher demnach fast voll sein.
Bei weiter hohen LNG-Importen sei sehr wahrscheinlich ein Füllstand von über 90 Prozent bis zum 1. November zu erreichen, sagte der Geschäftsführer des Branchenverbandes Initiative Energien Speichern, Sebastian Bleschke, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Die Berechnung beruht auf der Annahme, dass der Gastransport durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 vom Mittwoch an fortlaufend bei 20 Prozent der maximalen Kapazität liegt. Fiele dieses Gas auch noch weg, müsse die Lage weitergehend bewertet werden, sagte Bleschke.
Ob Russland weiter an der Gasschraube dreht, ist unklar. Am Mittwoch hatte der mehrheitlich staatliche Energiekonzern die Lieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 auf nur noch 20 Prozent der Maximalkapazität gesenkt. Demnach kommen pro Tag nur noch maximal 33 Millionen Kubikmeter Gas aus dem russischen Wyborg über die Ostseepipeline nach Deutschland. Der Gaspreis legte infolge der Unsicherheit am Mittwoch weiter zu.
Dementi aus Moskau
Kremlsprecher Dmitri Peskow widersprach Vorwürfen, dass Russland die Lieferungen drossele, um politischen Druck auszuüben und ein Ende der westlichen Sanktionen sowie die Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2 zu erzwingen. Nicht der Kreml, sondern Gazprom sei Lieferant. Das Unternehmen liefere so viel wie benötigt und so viel wie technisch möglich, versicherte Peskow.
Der Rückgang der Lieferungen hänge allein mit den technischen Möglichkeiten zusammen, betonte der Kremlsprecher. «Gazprom ist und bleibt ein zuverlässiger Garant bei der Erfüllung seiner Pflichten, aber er kann ein Durchpumpen nicht garantieren, wenn die Importaggregate wegen der europäischen Sanktionen nicht gewartet werden können.»
Nach Angaben von Gazprom befindet sich derzeit nur eine Turbine im Betrieb. «Um die geplante Durchlasskapazität bei Nord Stream 1 zu gewährleisten, müssten fünf Gasturbinen arbeiten, und eine sollte sich in Reserve befinden», sagte der stellvertretende Chef des Gazprom-Konzerns, Witali Markelow, im russischen Staatsfernsehen. Doch die meisten der Aggregate hätten entweder ihre Solllaufzeit von 25 000 Stunden vor einer Wartung erreicht oder wiesen technische Mängel auf.
Er warf in dem Zusammenhang dem Hersteller der Turbinen, Siemens Energy, vor, die Maschinen weder zu warten, noch Ersatz für die zu reparierenden Turbinen zu liefern. Hintergrund seien die westlichen Sanktionen. Bekannt war, dass sich aus diesem Grund die Rückgabe einer in Kanada reparierten Turbine für die Pipeline verzögert hatte.
Siemens Energy wies die Vorwürfe von Gazprom am Mittwochabend zurück. «Wir haben derzeit keinen Zugang zu den Turbinen vor Ort und uns liegen bisher keine Schadensmeldungen von Gazprom vor. Daher müssen wir davon ausgehen, dass die Turbinen betriebsbereit sind», erklärte der Konzern. «Turnusgemäße Wartungen in der Zukunft können ebenfalls problemlos durchgeführt werden, die aktuelle Genehmigung der kanadischen Regierung sieht vor, dass weitere Turbinen von Siemens Energy in Montreal gewartet und anschließend ausgeführt werden können.»
Berlin erkennt keine technischen Ursachen
In Berlin hingegen werden die von Moskau genannten technischen Probleme nur als Vorwand für die Lieferkürzungen verstanden. «Wir sehen dafür wie schon zuvor keine technischen Ursachen», sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. «Was wir hier sehen, ist tatsächlich ein Machtspiel, und davon lassen wir uns nicht beeindrucken.» Die in Kanada gewartete Turbine sei bereit, an den russischen Energiekonzern Gazprom übergeben zu werden, damit sie eingesetzt werden könne.
Hoffmann machte klar, Deutschland könne sich nicht mehr auf Russland als Gaslieferant verlassen. Die Bundesregierung habe viele Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Energieinfrastruktur zu diversifizieren und den Verbrauch zu reduzieren. «Wir arbeiten kontinuierlich an weiteren Maßnahmen.»
Die Hoffnung, dass Gazprom die über Nord Stream wegfallenden Lieferungen nach Europa auf anderem Wege kompensiert, sind gering. So hatte auch der italienische Energieversorger Eni am Mittwoch mitgeteilt, dass er über eine Senkung der Gaslieferungen aus Russland um 20 Prozent informiert worden sei. Die Italiener wollen das russische Gas durch algerisches ersetzen.
Alles Teil eines Machtspiels?
Unklar bleibt die Lage um die Lieferungen entlang der Transgas-Pipeline, die von Russland aus über die Ukraine in die Slowakei nach Österreich und Deutschland führt. Im slowakischen Grenzort Veľké Kapušany, dem Startpunkt des slowakischen Abschnitts, wurde am Mittwoch die Durchleitung von 68,6 Millionen Kubikmeter Gas angemeldet. Am Vortag waren es 36,8 Millionen Kubikmeter. Die Buchung zusätzlicher Kapazität ist allerdings kein Beweis dafür, dass Gazprom tatsächlich mehr Gas schicken wird. An der Messstation Sudscha an der ukrainisch-russischen Grenze wurde ebenfalls keine höheren Mengen durchgeleitet.
Hoffmann kommentierte die Meldungen zu Transgas am Mittwoch in Berlin auf Nachfrage mit den Worten, «Wir begrüßen es, wenn Gas fließt.» Mehr könne sie dazu im Moment nicht sagen. Sie fügte aber hinzu: «Unser Eindruck ist, dass die Reduzierung von Gasmengen oder vielleicht auch das manchmal Reduzieren und dann Wiederhochfahren von Gasmengen Teil eines Machtspiels ist.»