Wahlkampf in SH

Vorwurf „Verdi-Schlampe“ - CDU stellt SPD Ultimatum für Entschuldigung

Vorwurf „Verdi-Schlampe“ - CDU stellt SPD Ultimatum für Entschuldigung

Vorwurf „Verdi-Schlampe“ - CDU stellt SPD Ultimatum für Entschuldigung

shz.de
Kiel
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Daniel Günther zeigte sich nach den Anschuldigungen irritiert. Foto: Screenshot NDR

Im Duell der Spitzenkandidaten kommt es zum pikanten Vorwurf: Daniel Günther soll eine Gewerkschafterin „Verdi-Schlampe“ genannt haben. Einen Beweis gibt es nicht.

Im Duell der Spitzenkandidaten kommt es zum pikanten Vorwurf: Daniel Günther soll eine Gewerkschafterin „Verdi-Schlampe“ genannt haben. Einen Beweis gibt es nicht.

Beim Duell der Spitzenkandidaten in der NDR-Wahlarena am Dienstagabend hat Zuschauerin Gabriele Schwohn für Irritationen gesorgt. Die langjährige Gewerkschafterin warf Daniel Günther vor, sie im Landtag eine „Verdi-Schlampe“ genannt zu haben. Der CDU-Kandidat wies die Anschuldigung sofort von sich. Die Flensburgerin bekräftigte ihren Vorwurf, indem sie behauptete, man könne dies nachlesen.

Für einen merkwürdigen Beigeschmack sorgt der unbewiesene Vorwurf unter anderem auch deshalb, weil Gabriele Schwohn Mitglied im SPD-Kreisvorstand Schleswig-Flensburg ist. Die CDU Schleswig-Holstein fordert nach der Behauptung eine ebenso öffentliche Klarstellung und Entschuldigung durch den SPD-Spitzenkandidaten Torsten Albig und den SPD-Landesvorsitzenden Ralf Stegner. „Wir erwarten die öffentlichen Erklärungen und Distanzierungen der Herren Albig und Stegner bis heute um 17 Uhr“, sagt der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Tobias Koch. Die CDU erwarte vom SPD-Landesvorsitzenden, dass er von dem Verhalten seines Kreisvorstandsmitgliedes distanziert. „Andernfalls muss die Öffentlichkeit davon ausgehen, dass es in seinem Sinne und damit im Sinne der SPD war.

Der Landesgeschäftsführer der SPD Schleswig-Holstein, Christian Kröning, sieht für die SPD Schleswig-Holstein keinen Grund, sich zu diesem Anlass zu äußern. „Wir führen die Auseinandersetzung mit der CDU und ihrem Spitzenkandidaten in der Sache. An derlei persönlichen Auseinandersetzungen beteiligen wir uns grundsätzlich nicht“, so Kröning. „Die Auswahl des Publikums der NDR-Wahlarena wurde ausschließlich vom NDR vorgenommen. Auf die Auswahl hatten wir weder Einfluss noch hatten wir Kenntnis davon.“ Alles Weitere müssten die Beteiligten von CDU und Verdi untereinander klären.

Tatsächlich findet sich in keinem der online öffentlich einsehbaren Landtagsprotokolle eine solche Äußerung. Später sei Schwohn etwas zurückgerudert, heißt es vom NDR. Nach der Sendung sprach der Sender noch einmal mit ihr. Sie hielt den Vorwurf weiter aufrecht, sagte aber nun, Günther habe dies am Rande einer Sitzung gesagt. Sie könne es aber nicht belegen.

Nach dem Duell habe Günther mit der Zuschauerin geredet, berichten die Kieler Nachrichten: „Sie sagte, sie sei dabei gewesen, als ich in einer Debatte im Landtag einen Gesetzesentwurf als 'Kniefall vor den Gewerkschaften' bezeichnet hatte. Das habe ich auch“, wird Daniel Günther zitiert. „Sie sagte dann zu mir, dass sie es nicht selbst, sondern von Dritten gehört habe.“

Im Raum steht jetzt der Vorwurf, die Aussage sei ein von der SPD inszenierter Schachzug gewesen - doch auch das sind unbewiesene Vorwürfe. „Nach den Regularien hätte diese SPD-Funktionsträgerin gar nicht im Studio sein dürfen. Dies alleine ist ein grobes Foul der SPD“, so Tobias Koch. Christian Kröning sagt jedoch: „Weder die SPD Schleswig-Holstein noch der SPD-Spitzenkandidat haben mit dem Vorgang etwas zu tun oder hatten Kenntnis davon.“

„Es gab eine klare Absprache zwischen NDR, CDU und SPD. Bei der Vorbesprechung war die SPD mit Carsten Maltzan und Raju Sharma [Pressesprecher und Büroleiter, Anm. der Red.] hochrangig aus dem engsten Umfeld von Herrn Albig vertreten. Dort sei klargestellt worden, dass die Identität aller Studiogäste überprüft wird, um Funktionsträger der Parteien von der Sendung auszuschließen, damit derartige unfaire Angriffe und Fragen vermieden werden können“, so Koch. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies Herrn Albig nicht mitgeteilt worden ist. Aus mittlerweile gelöschten Beiträgen von ihrem Facebook-Profil und auch der vergleichsweise hohen Funktion wird deutlich, dass Herr Albig diese Dame persönlich kennt. Er hätte derart haltlose Anschuldigungen durch seine Parteifreundin nicht unkommentiert stehen lassen dürfen.“

Auf Twitter äußerte sich der Moderator der Sendung, Andreas Cichowicz, zum Vorwurf, man habe ein Parteimitglied ins Publikum gelassen: „Wir versuchen, Partei-Funktionäre/innen möglichst vorher auszusortieren. Überwiegend gelingt uns das. Je näher an Basis, desto schwerer.“

Daniel Günther behalte sich zivil- und strafrechtliche Schritte gegen Frau Schwohn vor, heißt es in der Pressemitteilung der CDU. Auch von ihr werde eine Klarstellung und Entschuldigung erwartet. In ihrer Flensburger Verdigruppe hatte man von dem Vorwurf Schwohns noch nichts gehört und zeigte sich überrascht. Gabriele Schwohn war für eine Stellungnahme bislang nicht zu erreichen.

Stattdessen zieht die Diskussion um den Vorwurf immer weitere Kreise. „Wir vermuten, dass Frau Schwohn ihren Genossen helfen wollte“, sagte FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki gegenüber dem Hamburger Abendblatt. „Das ändert nichts an der Tatsache, dass diese Behauptung in höchstem Maße ehrverletzend ist. Nun sollte Frau Schwohn beweisen, dass diese Aussage tatsächlich gefallen ist – wenn sie erklärt, 'das können wir nachlesen', sollte dies kein Problem darstellen. Ansonsten fällt dieser Angriff auf die schleswig-holsteinische SPD zurück. Denn der Eindruck muss zwangsläufig entstehen, dass mit unlauteren Mitteln zulasten der Union in den Wahlkampf eingegriffen wird.“

Nach dem persönlichen Disput kehrten die Kontrahenten in der NDR-Wahlarena aber wieder auf die Sachebene zurück und Schwohn fragte nach mehr Wohnraum für Studenten. Der NDR-Moderator versprach anschließend, den Sachverhalt nach der Sendung noch einmal aufzuklären und gegebenenfalls zu korrigieren.

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