Urteil

BGH stützt Prozessrecht für Wohnungseigentümer

BGH stützt Prozessrecht für Wohnungseigentümer

BGH stützt Prozessrecht für Wohnungseigentümer

dpa
Karlsruhe
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Einzelne Wohnungseigentümer können trotz einer Gesetzesreform Prozesse fortführen, auch wenn sie Mitglied einer Eigentümergemeinschaft sind. Foto: Lothar Ferstl/dpa

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Ob Maschendrahtzaun oder Zypresse: Gründe für Nachbarschaftsstreits gibt es viele. Doch klagende Mitglieder einer Gemeinschaft aus Wohnungseigentümern standen seit Dezember vor einem Problem.

Zahlreiche Wohnungsbesitzer in Rechtsstreitigkeiten können aufatmen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sie davor bewahrt, dass ihr Verfahren für die Katz' und das nötige Geld für Anwälte umsonst investiert war.

Trotz einer Gesetzesreform können sie erstmal im Alleingang Prozesse fortführen, auch wenn sie Mitglied einer Eigentümergemeinschaft sind. Das entschieden die Karlsruher Richter und Richterinnen am Freitag und klärten damit eine wichtige Rechtsfrage für viele Betroffene (Az. V ZR 299/19).

Denn nach einer umfassenden Reform des Wohnungseigentumsgesetzes aus dem Jahr 1951, die seit Dezember 2020 in Kraft ist, kann eine Eigentümergemeinschaft nun nur noch als Ganze gemeinsame Rechte einklagen. Einzelne Eigentümer dürfen solche Ansprüche nicht mehr durchsetzen. Damit stellte sich die Frage, was mit schon laufenden Verfahren einzelner Wohnungseigentümer ist. Für den Übergang gibt es in dem Gesetz nämlich keine allgemeinen Übergangsregelungen.

Der fünfte Zivilsenat kam zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber diese Regelungslücke nicht erkannt habe. Allerdings beabsichtigte er nach Einschätzung des BGH auch nicht, dass zahlreiche Prozesse nutzlos waren und nun erheblicher Aufwand sowie viele zusätzliche Kosten entstehen. Das wäre nämlich der Fall, sollten alle noch einmal aufgerollt werden müssen. Wenn das die Absicht gewesen wäre, würde die Gesetzesbegründung eine Erläuterung enthalten, hieß es.

Daher entschieden die obersten Zivilrichter, dass die Kläger ihre teils jahrelangen Prozesse weiterführen können - solange die Eigentümergemeinschaft nicht aktiv einschreitet und dies schriftlich dem jeweiligen Gericht mitteilt. Das könnte zum Beispiel dann der Fall sein, wenn die Gemeinschaft das Verfahren selber als Partei übernehmen möchte. Oder aber, wenn sie dem Wohnungseigentümer die Fortführung des Verfahrens untersagen will, etwa weil sie den Konflikt auf andere Weise als vor Gericht beilegen will.

Die Überlegung sei, so sagte die Vorsitzende Richterin Christina Stresemann, dass es im Interesse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei, wenn gegen Beeinträchtigungen des gemeinschaftlichen Eigentums vorgegangen und Rechte erkämpft werden.

Wichtig ist hierbei zu beachten, dass die Verfahren vor dem 1. Dezember 2020 - also als das neue Gesetz in Kraft trat - bei einem Gericht anhängig waren. Weder bei Haus & Grund Deutschland noch beim Verein Wohnen im Eigentum (WiE) wusste man, wie viele solcher Klagen auf der Kippe standen. Das Problem beschäftigte aber beide Verbände.

Rechtsreferentin Julia Wagner von Haus & Grund Deutschland sprach von einer «charmanten Lösung». Für den Einzelnen bedeute sie im Zweifel Entbürokratisierung und Kostenersparnis. Zugleich werde der neuen Zuständigkeit der Gemeinschaft Rechnung getragen. «Wir werden sehen, wie das in der Praxis dann umgesetzt wird», sagte Wagner. Wichtig sei, dass der Kläger auch bei Übernahme des Verfahrens durch die Gemeinschaft nicht auf den Kosten sitzen bleibe.

WiE-Rechtsreferent Michael Nack machte deutlich, alternativ hätte ein Eigentümer möglicherweise zuerst die Gemeinschaft verklagen müssen, dass sie diese Klage auch führt. «Das wäre nicht nur zeitraubend und umständlich gewesen, sondern hätte wegen Verjährung auch zu einem Rechtsverlust führen können.» Daher sei die Entscheidung gut. Sie werfe aber ein Schlaglicht auf Versäumnisse des Gesetzgebers. Auch den Verlust der Direktansprüche der Eigentümer durch die Gesetzesänderung sehe der Verein weiter generell kritisch.

Um dieses allgemeine Problem lösen zu können, hatten die Karlsruher Richter einen Musterfall aus Baden-Württemberg verhandelt - und kamen auch hier zu einem Schluss, der nun das Ende von vier Zypressen besiegeln dürfte. Ein Mann aus Mannheim streitet mit seinen Nachbarn wegen der Pflanzen, die dicht an der Grundstücksgrenze stehen und immer größer werden. Er will, dass sie gefällt werden oder wenigstens auf eine Höhe von maximal 3,50 Metern zurückgeschnitten.

In den Vorinstanzen war seine Klage erfolgreich. Und auch die BGH-Richter sahen ihn im Recht. Sie wiesen die Berufung des Nachbarn zurück, der Kläger habe einen Anspruch auf Beseitigung der Zypressen.

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