Behinderten-Wohnheim

Gewalttat in Potsdam - Tatverdächtige vorher nicht auffällig

Gewalttat in Potsdam - Tatverdächtige vorher nicht auffällig

Gewalttat in Potsdam - Tatverdächtige vorher nicht auffällig

dpa
Potsdam
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Blumen, Kerzen und Plakate liegen vor dem Eingang zur Einrichtung des diakonischen Anbieters Oberlinhaus. Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa

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Zwei Tage nach der tödlichen Gewalttat in einem Potsdamer Behinderten-Wohnheim schweigen die Ermittler weiter zum Hergang der Tat. Die Schulfähigkeit der Verdächtigen soll nun geprüft werden.

Nach der Gewalttat mit vier Toten und einer Schwerverletzten in einem Potsdamer Behinderten-Wohnheim soll die tatverdächtige Pflegemitarbeiterin auf ihre Schuldfähigkeit untersucht werden.

Die Begutachtung der 51-Jährigen sei beauftragt worden, sagte heute der Sprecher der Potsdamer Staatsanwaltschaft, Sebastian Thiele. Nach Angaben der diakonischen Einrichtung Oberlinhaus war die Frau zuvor nicht psychisch auffällig geworden. «Alle Mitarbeiter nehmen regelmäßig an Supervisionen und Teamsitzungen teil», erläuterte Sprecherin Andrea Benke. «Das ist zum Schutz unserer Klienten und Mitarbeiter unerlässlich.»

Nach Angaben von Thiele waren die Getöteten zwei Frauen im Alter von 31 und 42 Jahren sowie zwei Männer im Alter von 35 und 56 Jahren. Nach Angaben des Oberlinhauses lebten zwei von ihnen bereits seit ihrer Kindheit in der Einrichtung. Die schwer verletzte Frau ist 43 Jahre alt und nach Angaben des Oberlinhauses nach einer Notoperation auf dem Weg der Besserung. «Das ist für uns alle eine gute Nachricht», sagte Benke.

Die 51-jährige Tatverdächtige war gestern von einer Haftrichterin vorläufig in die Forensik der Psychiatrie in Brandenburg/Havel eingewiesen worden. Nach Angaben von Thiele hat sich die Frau bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wiesen die getöteten Bewohner schwere Schnittverletzungen an der Kehle auf. Zum Tathergang machte der Sprecher der Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen weiterhin keine Angaben. Auch zu den Ergebnissen der Obduktionen der Leichen äußerte sich die Staatsanwaltschaft nicht.

Immer noch stünden Mitarbeiter und Bewohner der Einrichtungen des Oberlinhauses unter Schock, sagte Benke. An einer Gedenkandacht in der Oberlinkirche hätten am Mittwochabend neben Politikern auch zahlreiche Mitarbeiter, Angehörige der Opfer und Bewohner des Thusnelda-von-Saldern-Hauses teilgenommen, berichtete Benke. «Soweit die Corona-Regeln dies zuließen war die Kirche voll, einige Teilnehmer standen vor der Kirche.» In zwei Wochen ist ein Gedenkgottesdienst in der Kirche geplant.

Wohltuend sei eine große Welle der Solidarität, die das Oberlinhaus von Verbänden und vielen Privatleuten aus ganz Europa erfahre, sagte die Sprecherin. «Diese mentale Unterstützung ist für uns ungeheuer wichtig.» Auch im Potsdamer Stadtteil Babelsberg, wo die Gewalttat geschah, ist die Anteilnahme weiter groß. Heute legten viele Menschen vor dem Wohnheim im Stadtteil Babelsberg Blumensträuße ab.

Unabhängig von dem Vorfall müsse es gerade in der Corona-Pandemie verstärkt begleitende Maßnahmen geben, um Mitarbeiter in Pflege-Wohnheimen, die «Außergewöhnliches leisten», aufzufangen, forderte der Allgemeine Behindertenverband in Deutschland (ABiD). «Sie sind in einer dauernden psychischen Ausnahmesituation», sagte der Vorsitzende Marcus Graubner heute. Einrichtungsleitungen müssten mehr darauf achten, dass es zu keiner Überlastung der Beschäftigten komme - weder körperlich noch psychisch. «Es muss eine Möglichkeit der Betreuung für Mitarbeiter geben, beispielsweise eine Seelsorge», so Graubner.

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