Islamische Kleiderordnung

Iran: Vorgehen der Sittenpolizei löst Empörung aus

Iran: Vorgehen der Sittenpolizei löst Empörung aus

Iran: Vorgehen der Sittenpolizei löst Empörung aus

dpa
Teheran
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In sozialen Medien nahmen Iranerinnen und Iraner auch den neuen Präsidenten Peseschkian in die Pflicht - er hatte versprochen, die Kontrollen zu stoppen. (Archivbild) Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa

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Ein kurzes Video erzürnt viele Iranerinnen und Iraner. Darauf wird ein minderjähriges Mädchen von der Sittenpolizei brutal abgeführt. Ihr Vergehen: Sie trug kein Kopftuch.

Ein Video in den sozialen Medien sorgt im Iran für Wut und Empörung. Auf diesem ist zu sehen, wie die Sittenpolizei die minderjährige Nafas H. auf offener Straße in der Hauptstadt Teheran äußerst grob in ein Polizeiauto zerrt und abführt. Die 14-Jährige und ihre gleichaltrige Freundin, die auch festgenommen wurde, trugen kein Kopftuch.

In der Islamischen Republik ist das Kopftuch per Gesetz vorgeschrieben, das teils gewaltsame Vorgehen der Sittenpolizei gegen Verstöße jedoch ein umstrittenes Thema. «Wie lange braucht ihr noch um zu begreifen, dass diese Politik der islamischen Kleiderordnung gescheitert ist und nur zu noch mehr Unzufriedenheit in der Bevölkerung führt», schrieb Asar Mansuri, die Vorsitzende der Reformpartei Ettehad Mellat, auf der Plattform X mit Blick auf die Führung des Landes.

In den sozialen Medien stellte das Video sogar die Nachrichten bezüglich der Kriegsgefahr und Konfrontation mit dem Erzfeind Israel in den Schatten. Das islamische System solle sich schämen, so mit einem Kind umzugehen, schrieben viele Nutzer. «Für einen Angriff auf Israel habt ihr keinen Mut, aber auf ein junges Mädchen schon», war ein Kommentar auf X.

Präsident solle lieber Mädchen im eigenen Land beschützen

Auch der neue Präsident Massud Peseschkian wurde in die Pflicht genommen. Dieser hatte im Wahlkampf die Kontrollen der Sittenwächter kritisiert und versprochen, diese umgehend zu stoppen. Anstatt «wegen eines Arabers» – gemeint ist der Hamas-Auslandschef Ismail Hanija, der vergangene Woche im Iran gezielt getötet wurde, wofür Teheran Vergeltung an Israel angekündigt hat – das Land in einen Krieg zu führen, solle der Präsident die jungen Mädchen im eigenen Land beschützen, war vielfach zu lesen.

Der Vorfall ereignete sich bereits im vergangenen Monat. Das Video, das von Kameras der Verkehrspolizei aufgezeichnet wurde, ging jedoch erst in der Nacht zum Mittwoch viral. Die Mutter des Mädchens will nun die Sittenpolizei verklagen. Ihre Tochter sei von den Sittenwächterinnen verletzt worden und habe im Krankenhaus behandelt werden müssen. «Sie ist doch noch ein Kind, was soll diese Brutalität», sagte die Mutter laut Nachrichtenportal Tejarat-News.

Seit der Frauenbewegung im September 2022 haben das islamische System und seine Sittenwächter einen verschärften Kurs zur Kontrolle der islamischen Kleidungsregeln eingeschlagen. Frauen ohne Kopftuch werden zunächst verwarnt. Bei Nichtbeachtung der Warnungen werden sie festgenommen und auf die Polizeiwache gebracht.

Auslöser der Proteste war damals der Tod der jungen iranischen Kurdin Mahsa Amini. Weil unter ihrem Kopftuch ein paar Haarsträhnen zu sehen waren, wurde sie von der Sittenpolizei verhaftet. Sie starb in Polizeigewahrsam.
 

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