Russische Invasion

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

dpa
Kiew
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Nach der Freigabe der EU-Milliardenhilfen hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (l) Bundeskanzler Olaf Scholz seinen besonderen Dank ausgesprochen (Archivbild). Foto: Christoph Soeder/dpa

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Die Freigabe der EU-Milliarden ist in Kiew mit Erleichterung aufgenommen worden. Präsident Selenskyj erhofft sich davon erhebliche Signalwirkung. Der Überblick.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht das milliardenschwere Hilfspaket der EU für sein Land als Signal an Russland - und die USA. «Das ist ein deutliches Signal an Moskau, dass Europa standfest ist und nicht zerbricht an den immer neuen destruktiven Wellen, die im Kreml erdacht werden», sagte Selenskyj in der Nacht in seiner täglichen Videobotschaft. Zugleich sei das Hilfspaket aber auch eine Botschaft an Washington, dass Europa sich für die Belange Kiews engagiere und Einigkeit demonstriere.

Die USA gelten als wichtigster Unterstützer der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen den russischen Aggressor - vor allem im militärischen Bereich. Allerdings liegen wegen innenpolitischer Querelen in den USA zwischen Demokraten und Republikanern weitere Rüstungshilfen für Kiew derzeit auf Eis. Die ukrainischen Truppen sind wegen des Mangels an Munition und Waffen noch stärker als ohnehin schon in Bedrängnis geraten.

«Wir warten auf die Entscheidungen Amerikas», rief Selenskyj noch einmal in Erinnerung. Das auf vier Jahre ausgelegte Paket aus Brüssel im Umfang von 50 Milliarden Euro soll vor allem soziale Stabilität in der finanziell angeschlagenen Ukraine gewährleisten.

Selenskyj lobt Scholz

Nach der Freigabe der EU-Milliardenhilfen sprach Selenskyj Bundeskanzler Olaf Scholz seinen besonderen Dank aus. «Lieber Olaf, ich bin dankbar für deine persönlichen Anstrengungen, um diese Entscheidung zur Realität werden zu lassen», schrieb der ukrainische Staatschef auf X (vormals Twitter). Er lobte Deutschlands Engagement für den Frieden in Europa und versicherte, die Unterstützung der Ukraine sei die beste Investition, um die Sicherheit des ganzen Kontinents zu schützen.

Die Freigabe des EU-Hilfspakets war möglich geworden, nachdem Ungarns Präsident Viktor Orban, der den Beschluss wochenlang blockiert hatte, sein Veto zurücknahm. Als Gegenleistung für Orbans Zustimmung willigten die anderen EU-Staaten ein, einmal im Jahr auf Spitzenebene über die Umsetzung des Hilfsprogramms für die Ukraine zu sprechen. Der Kompromiss kam auf Basis eines Gesprächs in kleiner Runde zusammen, der auch Scholz angehörte.

Zudem hatte der Bundeskanzler zum Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel die anderen Mitgliedstaaten erneut dazu aufgefordert, ihre Waffenlieferungen in die Ukraine aufzustocken. Statt sich auf andere zu verlassen, müsse jeder der 27 Mitgliedstaaten selbst alles in seinen Kräften Stehende beitragen, um der Ukraine bei ihrer Verteidigung zu helfen, sagte Scholz.

Deutschland sagt Ukraine weitere Gesundheits-Kooperation zu

Deutschland sichert der von Russland angegriffenen Ukraine zudem weitere Hilfe und Zusammenarbeit bei der Gesundheitsversorgung zu. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte, die Unterstützung werde fortgesetzt, so lange es nötig sei. Eine große Rolle spielten die psychische Gesundheit unter anderem von Kindern und das Thema Rehabilitation. Dies gelte auch für die Zeit über den Krieg hinaus.

Saluschnyj warnt vor Munitionsmangel

Währenddessen sprach der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj, über dessen angeblich bevorstehende Entlassung eifrig spekuliert wird, in einem Meinungsartikel massive Probleme bei der Truppenversorgung an. «Wir müssen mit einer verringerten militärischen Unterstützung durch entscheidende Verbündete fertig werden, die mit ihren eigenen politischen Spannungen zu kämpfen haben», schrieb der General in einem auf der Internetseite des US-Fernsehsenders CNN veröffentlichten Aufsatz.

Die Bestände der Partner an Raketen, Flugkörpern für Flugabwehrsysteme und Artilleriemunition neigten sich aufgrund der intensiven Kampfhandlungen in der Ukraine dem Ende entgehen. Zudem gebe es einen globalen Mangel an Treibladungen, die zum Beispiel für den Abschuss von Artilleriegeschossen benötigt werden.

Russland hat Saluschnyj zufolge Vorteile bei der Mobilmachung von Soldaten. Ohne unpopuläre Maßnahmen seien die staatlichen Institutionen der Ukraine nicht in der Lage, diesen Nachteil auszugleichen. Aktuell wird im ukrainischen Parlament bereits der zweite Gesetzentwurf der Regierung über verschärfte Mobilmachungsmaßnahmen diskutiert.

Saluschnyj forderte zudem, innerhalb der nächsten fünf Monate ein neues staatliches System zur technologischen Aufrüstung zu schaffen. Dabei gehe es vor allem um ferngesteuerte Systeme zur Verringerung von eigenen Verlusten.

Stadt nach russischen Drohnenangriffen zeitweise ohne Strom

Russland hat die Ukraine in der Nacht erneut mit Drohnenangriffen überzogen und damit in der Industriestadt Krywyj Rih zeitweise einen größeren Stromausfall verursacht. Zehntausende Haushalte und zahlreiche Industriebetriebe in der Stadt im Gebiet Dnipropetrowsk im Südosten des Landes waren durch Schäden an einer Anlage über Stunden von der Versorgung abgeschnitten, wie das ukrainische Energieunternehmen Ukrenerho mitteilte.

Der Gebietsgouverneur Serhij Lyssak teilte mit, dass durch den Stromausfall auch zwei Bergbauschächte betroffen waren, 100 Arbeiter seien zu dem Zeitpunkt unter der Erde gewesen. Ein Teil von ihnen konnte an die Oberfläche gebracht werden. Laut Behörden liefen die Arbeiten zur Wiederaufnahme der Stromversorgung. Krywyj Rih ist die Geburtsstadt von Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Weiter Rätsel um Leichen nach Flugzeugabsturz in Russland

Gut eine Woche nach dem Absturz einer russischen Transportmaschine vom Typ Iljuschin Il-76 mit angeblich 65 ukrainischen Kriegsgefangenen an Bord gibt es weiter Rätsel um die Leichen. Auf Forderungen Kiews nach einer Überführung der Toten in die Ukraine sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow, das sei Sache der russischen Ermittler.

«Die Ermittlungen laufen, und im Zuge der Untersuchungen werden alle Festlegungen nur durch die Ermittlungsorgane getroffen», sagte Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. In der Ukraine halten sich von offizieller Seite Zweifel, ob die Gefangenen wirklich an Bord waren.

Moskau wirft den ukrainischen Streitkräften vor, die Iljuschin am 24. Januar im Gebiet Belgorod mit Raketen vom US-Flugabwehrsystem Patriot abgeschossen zu haben. Neben den neun Mitgliedern der russischen Crew seien auch die für einen Gefangenenaustausch vorgesehenen ukrainischen Soldaten getötet worden. Der ukrainische Koordinierungsstab hatte zuletzt bestätigt, dass an dem Tag Gefangene ausgetauscht werden sollten.

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