Russische Invasion

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

dpa
Kiew/Moskau
Zuletzt aktualisiert um:
Ukrainische Feuerwehrleute löschen einen Brand in einem beschädigten Wohnhaus in Lyssytschansk. Foto: -/(Militärverwaltung der Region Luhansk/AP/dpa

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Heute ist für die Ukraine der 131. Kriegstag. Die Russen rücken nach der Einnahme von Lyssytschansk auf das nächste Ziel vor. Die Entwicklungen im Überblick.

Nach der Einnahme der einstigen Großstadt Lyssytschansk im Osten der Ukraine rücken die russischen Truppen auf das nächste Ziel vor, den Ballungsraum um Slowjansk.

«In Richtung Slowjansk versuchen die Russen, die Kontrolle über die Ortschaften Bohorodytschne, Dolyna und Masaniwka herzustellen», teilte der ukrainische Generalstab in Kiew mit. Die drei Ortschaften liegen weniger als 20 Kilometer im Norden und Nordosten von Slowjansk, auf der Südseite des Flusses Siwerskyj Donez.

Von Osten herhaben die russischen Truppen nach diesen Angaben ebenfalls den Siwerskyj Donez überquert, der in der Region in einem Bogen verläuft. Dort versuche der Feind die ukrainischen Kräfte auf eine neue Verteidigungslinie zwischen Siwersk, Soledar und Bachmut zurückzudrängen, hieß es in dem Lagebericht. Diese drei Städte liegen etwa 30 bis 40 Kilometer östlich vom Ballungsraum Slowjansk-Kramatorsk, der als Hauptquartier der ukrainischen Verteidigungskräfte im Donbass gilt.

Moskau: «Spezial-Operation» in Ukraine wird fortgesetzt

Nach der Eroberung der strategisch wichtigen Stadt Lyssytschansk hat Russland die Fortsetzung der Kämpfe in anderen Teilen des Nachbarlandes angekündigt. «Die Streitkräfte der Russischen Föderation setzen die militärische Spezial-Operation fort», sagte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu bei einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin. In Moskau wird der vor rund viereinhalb Monaten begonnene Krieg gegen die Ukraine offiziell als «Spezial-Operation» bezeichnet.

Armee: Rückzug zum Schutz der Soldaten

Die ukrainische Armee teilte mit, sie sei mit dem Rückzug aus Lyssytschansk einem Einkesseln zuvorgekommen. «Russland hat einen großen Vorteil in der Infanterie und in der Artillerie», teilte das Militär in Kiew mit. Der Rückzug sei zum Schutz der Soldaten erfolgt. «Wir holen alles zurück, wir bauen alles wieder auf.»

Russland hatte zuvor gemeldet, dass es die Stadt eingenommen habe. Lyssytschansk war die letzte größere Bastion der Ukrainer im Gebiet Luhansk. Dessen Eroberung gehört zu den von Russland benannten Kriegszielen. Die Angaben aus den Kampfgebieten lassen sich unabhängig kaum prüfen.

Präsident Selenskyj sagte, die ukrainische Armee bewege sich vorwärts - sowohl im Gebiet Charkiw im Osten, als auch im Gebiet Cherson im Süden und auf dem Schwarzen Meer. Die jüngst wiedererlangte Schlangeninsel sei ein gutes Beispiel dafür. «Es wird einen Tag geben, an dem wir dasselbe über den Donbass sagen werden», meinte er. «Die Ukraine gibt nichts verloren.»

Nur noch etwa 10.000 Zivilisten in Lyssytschansk

In der von Russland eroberten Stadt Lyssytschansk sind nach ukrainischen Angaben von einstmals mehr als 100.000 Einwohnern nur noch wenige Tausend übrig geblieben. Der Militärgouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, nannte im ukrainischen Fernsehen eine Größenordnung von etwa 10.000.

In der Nachbarstadt Sjewjerodonezk, die sich ebenfalls unter russischer Kontrolle befindet, seien nur noch etwa 8000 Menschen verblieben. Auch dort lebten vor Beginn des Krieg mehr als 100.000.

Tote und Verletzte durch Beschuss

Bei Raketenangriffen auf die ostukrainische Stadt Slowjansk wurden Bürgermeister Wadym Ljach zufolge sechs Menschen getötet und 15 verwundet. Ljach nannte die Attacke den «schwersten Angriff in jüngster Zeit» auf die Großstadt in der Region Donezk.

Unter den Toten sei ein Kind. Ljach zufolge wurden zivile Objekte getroffen - keine militärischen Einrichtungen. Beim Beschuss des ostukrainischen Gebiets Charkiw wurden dem regionalen Befehlshaber Oleg Sinegubow zufolge drei Menschen getötet und einer verletzt.

Hofreiter: Zumindest gepanzerte Fahrzeuge liefern

Mit Blick auf die russische Offensive forderte der Vorsitzende des EU-Ausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), die Bundesregierung auf, Schützenpanzer oder zumindest gepanzerte Fahrzeuge ins Kriegsgebiet zu liefern.

Dies sei angesichts des massiven Vorgehens Russlands im Osten der Ukraine dringend geboten, sagte er der «Bild»-Zeitung. Gepanzerte Fahrzeuge wie zum Beispiel «Marder», «Fuchs» oder «Dingo» könnten hier ungezählte Leben retten.

Selenskyj trifft IOC-Chef Bach

Präsident Selenskyj begrüßte bei einem Treffen mit IOC-Präsident Thomas Bach in Kiew den Ausschluss russischer und belarussischer Sportler aus vielen Turnieren. «Man darf nicht zulassen, dass ein Terrorstaat den Sport nutzt, um seine politischen Interessen und Propaganda zu fördern», sagte er einer Mitteilung zufolge.

Er sei Bach für seine «unerschütterliche Position» bei diesem Thema dankbar. «Während Russland versucht, das ukrainische Volk zu zerstören und andere Länder Europas zu erobern, haben seine Vertreter keinen Platz in der Sportgemeinschaft der Welt», betonte Selenskyj.

Keine Glückwünsche von Putin

Aus Ärger über die aus seiner Sicht russlandfeindliche US-Politik gratuliert Kremlchef Wladimir Putin seinem Kollegen Joe Biden in diesem Jahr nicht zum amerikanischen Unabhängigkeitstag. «Nein, dieses Jahr wird kein Glückwunsch-Telegram verschickt werden», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge.

«Das hängt damit zusammen, dass dieses Jahr zum Höhepunkt einer unfreundlichen Politik der Vereinigten Staaten gegenüber unserem Land geworden ist», sagte er mit Blick auf den amerikanischen Feiertag am 4. Juli. «Daher kann es unter diesen Umständen kaum als angemessen angesehen werden, eine solche Glückwunschbotschaft zu senden.»

Die Beziehungen zwischen Russland und den USA, die bereits in den vergangenen Jahren schlecht waren, sind seit Russlands Angriff auf die Ukraine Ende Februar auf einem Tiefpunkt. Ungeachtet der eigenen Aggression gegen das Nachbarland stellt sich Moskau seit Wochen in erster Linie als Opfer angeblich russlandfeindlicher Politik aus dem Ausland dar.

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