US-Studie

Long-Covid-Patienten: Ist die Impfung die Lösung?

Long-Covid-Patienten: Ist die Impfung die Lösung?

Long-Covid-Patienten: Ist die Impfung die Lösung?

Lia Gavi/shz.de
Hamburg
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Jüngste Studienergebnisse zeigen, dass junge Frauen besoners häufig von Long-Covid-Symptomen betroffen sind. Foto: colourbox/Volkova Yuliya/Yuliannaja

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Auf eine von zehn Corona-Infektionen folgt Long-Covid. Doch nach dem Impfen geht es einigen besser. Was steckt dahinter?

Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Kurzatmigkeit, Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden, Depressionen – die Liste der Long-Covid-Symptome ist lang. Jeder zehnte an Covid-19 erkrankte Mensch hat oft noch Wochen und Monate später mit den Langzeitfolgen zu kämpfen. Davon gehen Wissenschaftler der Universität zu Köln und des King's College in London aus. Bislang gab es wenig Hoffnung auf Abhilfe, doch jetzt mehren sich Berichte von Patienten, deren Symptome sich nach einer Corona-Impfung linderten. Ist der Immun-Boost des Rätsels Lösung?

Linderung der Symptome unabhängig vom Impfstoff

Darauf, dass Impfungen Long-Covid-Symptome tatsächlich bessern könnten, fanden britische Forscher von der North Bristol NHS Trust zumindest erste Hinweise. 66 Long-Covid-Patienten, die einen schweren Covid-verlauf mit Krankenhausaufenthalt hatten, wurden zunächst drei und dann acht Monate nach ihrer Entlassung untersucht. 44 Probanden wurden geimpft, 22 blieben ungeimpft.

Die Impfstoffe sollen uns aus der Pandemie führen. Können sie auch Long-Covid-Patienten heilen? Foto: colourbox/Mariia Mutova

Zwar wiesen auch nach acht Monaten noch ganze 82 Prozent der Teilnehmenden mindestens ein Long-Covid-Symptom auf, am häufigsten traten Müdigkeit und Kurzatmigkeit auf. Allerdings ging es den Geimpften besser als den Ungeimpften. Im Direktvergleich besserten sich ihre Symptome oder konnten in Gänze behoben werden. Verschlechterungen der Symptome wurden seltener, egal ob die Probanden mit dem Vakzin von Biontech/Pfizer oder Astrazeneca geimpft wurden.

Ursache und Lösung in der Immunreaktion?

Eine weitere Studie aus den USA liefert mögliche Erklärungen für die Beobachtungen aus Großbritannien. 83 im vergangenen Jahr mit dem Coronavirus infizierte Mitarbeiter der Rutgers Universität in New Jersey wurden hinsichtlich der Reaktion ihrer B-Gedächtniszellen und Antikörper auf die Corona-Infektion untersucht. Auch hier wurden einige der Probanden in der Testphase mit den Vakzinen von Moderna oder Biontech/Pfizer immunisiert, die anderen blieben ungeimpft.

Dysfunktionale B-Zellen könnten Ursache für Long-Covid sein

Bei der ungeimpften Testgruppe fanden die Wissenschaftler sogenannte dysfunktionale B-Zellen, eine Untergruppe der B-Gedächtniszellen, in erhöhter Anzahl. Diese produzieren Autoantikörper, die körpereigenes, gesundes Gewebe angreifen und die Immunantwort auf Coronaviren hemmen. Die Forscher glauben, mit ihnen eine mögliche Ursache für Long-Covid gefunden zu haben.

Nach der Impfung stellten die Wissenschaftler neben der gestiegenen Anzahl von Antikörpern und gesunden B-Zellen als verstärkte Immunantwort nämlich einen Rückgang der dysfunktionalen B-Zellen fest. Anschließend konnte eine Linderung der Long-Covid-Symptome festgestellt werden. Je weniger dysfunktionale B-Zellen der Körper produzieren kann, desto weniger Autoantikörper treten auf – und damit auch weniger Long-Covid-Symptome, so die Annahme der Forscher.

Die Long-Covid-Symptome sind so vielfältig wie belastend für Betroffene. Foto: colourbox/Volkova Yuliya/Yuliannaja

Aktuelle Studien noch nicht belastbar

Aktuell empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), Corona-Infizierte frühestens ein halbes Jahr nach ihrer Infektion zu impfen. Diese Empfehlung basiert allerdings auf der Annahme, dass Antikörper die Menschen in den ersten Monaten gegen eine Re-Infektion schützen – und auch auf der Annahme der Impfstoffknappheit.

Sollte die Studienlage sich in der nächsten Zeit festigen, könnte sich die Empfehlung der Stiko ändern. Vorher müssen jedoch breiter angelegte Studien abgewartet und von unabhängigen Experten bewertet werden.

Der Virologe Christian Drosten hatte sich im Podcast "Coronavirus-Update" bereits im März hoffnungsvoll geäußert. Er könne sich gut vorstellen, dass an der Linderung der Long-Covid-Symptomen durch die Impfung etwas dran sei.

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