Militärbündnis
Nato startet Aufnahmeverfahren für Finnland und Schweden
Nato startet Aufnahmeverfahren für Finnland und Schweden
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Wochenlang hat die Türkei den Nato-Beitritt von Schweden und Finnland blockiert. Kurz vor einem Gipfeltreffen in Madrid wurde der Streit beigelegt. Nun haben die Nato-Staaten eine lange erwartete Entscheidung getroffen.
Die Nato hat offiziell das Verfahren zur Aufnahme von Finnland und Schweden gestartet. «Heute haben die Staats- und Regierungschefs der Nato die historische Entscheidung getroffen, Finnland und Schweden einzuladen, Mitglieder der Nato zu werden», sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg beim Gipfeltreffen des Bündnisses in Madrid. Dies sei wochenlange harte Arbeit gewesen.
Erst am Vorabend hatte die Türkei ihre Blockade gegen den Nato-Beitritt von Finnland und Schweden aufgegeben - im Gegenzug für Zugeständnisse der nordischen Länder. Stoltenberg sagte, die Einigung sei gut für die Türkei, Finnland und Schweden - und auch für die Nato.
Aufnahmeprozedur dauert mehrere Monate
Bis Finnland und Schweden tatsächlich Mitglieder der Allianz sind, dürfte es jedoch noch einige Monate dauern. Die Beitrittsprotokolle sollen nach derzeitiger Planung am kommenden Dienstag unterzeichnet werden. Danach müssen diese noch von den Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Bis alle 30 Alliierten dies erledigt haben, könnte es Schätzungen zufolge sechs bis acht Monate dauern. In Deutschland muss auch der Bundestag zustimmen.
Stoltenberg wollte sich nicht auf einen Zeitrahmen für den Beitritt festlegen. Er betonte aber, im gesamten Bündnis gebe es einen «starken Willen», mit den Parlamenten zusammenzuarbeiten, damit sie die Ratifizierung so bald wie möglich vornehmen könnten.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, das Beschlussverfahren in Deutschland werde «noch schneller gehen als Sie und ich das in der Regel für möglich halten». Ob alle notwendigen Schritte noch vor der parlamentarischen Sommerpause, die Ende der kommenden Woche beginnt, umgesetzt werden könnten, ließ der Ministeriumssprecher offen. Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff sagte, dass der Bundestag noch vor der Sommerpause über das Thema abstimmen sollte.
Skandinavier machen Zugeständnisse
Finnland und Schweden hatten unter dem Eindruck des russischen Kriegs gegen die Ukraine am 18. Mai die Mitgliedschaft in der Nato beantragt. Die Türkei blockierte jedoch wochenlang den Beitrittsprozess und begründete dies unter anderem mit der angeblichen Unterstützung Schwedens und Finnlands von «Terrororganisationen» wie der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, der syrischen Kurdenmiliz YPG und der Gülen-Bewegung - in Stockholm und Helsinki werden diese Vorwürfe zurückgewiesen. Auch forderte die Türkei die Auslieferung mehrerer Menschen, die in der Türkei unter Terrorverdacht stehen.
Den Durchbruch brachte am Dienstag kurz vor Gipfelbeginn ein Treffen Stoltenbergs mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, Schwedens Ministerpräsidentin Magdalena Andersson und dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö. In einer gemeinsamen Erklärung sicherten die beiden nordischen Länder zu, auf mehrere Forderungen der Türkei einzugehen.
Unter anderem sagten Schweden und Finnland zu, dass es keine Waffenembargos gegen die Türkei geben werde. Zudem versprachen sie ein entschiedenes Vorgehen gegen Terrorismus sowie die PKK. Auch sollten türkische Auslieferungsanträge von Terrorverdächtigen zügig geprüft werden.
Türkei fordert weiter Auslieferungen
Nach der Einigung im Nato-Streit mit Schweden und Finnland hat die Türkei erneut die Auslieferung von Terrorverdächtigen gefordert. Im Rahmen des neuen Abkommens mit den beiden Ländern erinnere das Justizministerium daran, dass die Türkei die Auslieferung von insgesamt 33 Personen beantragt habe, sagte Justizminister Bekir Bozdag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwoch.
Von Finnland verlange man die Aushändigung von zwölf mutmaßlichen Terroristen, von Schweden die Überstellung von 21 Verdächtigen. Dabei gehe es um Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und der sogenannten Gülen-Bewegung. Ankara macht die Bewegung um den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch von 2016 verantwortlich. Die PKK gilt in der Türkei, Europa und den USA als Terrororganisation.
Scholz: «Sehr, sehr wichtig»
Bundeskanzler Olaf Scholz und andere Staats- und Regierungschefs begrüßten die geplante Nato-Erweiterung. Das sei «etwas, das uns sehr, sehr wichtig ist», sagte der Kanzler am Mittwoch. «Beide Länder passen sehr gut zu unserem Bündnis.» US-Präsident Joe Biden sagte über den russischen Präsidenten Wladimir Putin: «Putin wollte die Finnlandisierung Europas. Er wird die Natoisierung Europas bekommen.» Finnland war während des Kalten Krieges offiziell neutral.
Stoltenberg betonte: «Präsident Putin ist es nicht gelungen, die Tür der Nato zu schließen. Er bekommt das Gegenteil von dem, was er wollte.»