Migration
Polen treibt Zaunbau an Grenze zu Belarus voran
Polen treibt Zaunbau an Grenze zu Belarus voran
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Nach Litauen verzeichnet nun auch Polen einen Andrang von Migranten, die über Belarus in die EU wollen. Warschau spricht von einem «hybriden Krieg» des belarussischen Machthabers Lukaschenko.
Es soll nun alles sehr schnell gehen mit dem Bau eines Zauns an Polens Grenze zu Belarus. Ingenieure der polnischen Armee hätten die Sperre mit einer Höhe von 2,50 Metern bereits geplant, Soldaten würden die Ausführung übernehmen, sagte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak.
Bereits in den kommenden Tagen würden die Arbeiten beginnen, ergänzte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki nach seinem Besuch beim Grenzschutz in Kuznica nahe Bialystok. Die Kosten für den Zaun werde Polen selbst tragen, finanzielle Hilfe aus Brüssel sei nicht notwendig. Polens 418 Kilometer lange Grenze zu Belarus ist zugleich auch eine Außengrenze der EU.
Der Bau könne mehrere Wochen oder sogar Monate in Anspruch nehmen, sagte Morawiecki. Vorrangig sollten diejenigen Grenzabschnitte gesichert werden, die über Land verlaufen - insgesamt etwa 190 Kilometer. Dort, wo der Fluss Bug die beiden Länder trenne, werde man den Zaun später errichten.
Der geplante Zaun ist Polens hastiger Versuch, sich vor den Launen und Einfällen des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko zu schützen. Der hat in Minsk mehrfach erklärt, dass seine Grenzschützer die Migranten nicht mehr an der Weiterreise in die EU hindern werden - als Reaktion auf verschärfte westliche Sanktionen gegen die isolierte Ex-Sowjetrepublik. «Wir müssen vorbereitet sein auf jede Art von Provokation, auf beispiellose und ungewöhnliche Aktionen des belarussischen Regimes», warnte Morawiecki.
Auch Litauen will Zaun bauen
Zunächst hatte vor allem die kleine Baltenrepublik Litauen mit einem Andrang von Migranten aus dem Nahen Osten zu kämpfen. Seit Mai überquerten mehr als 4100 Flüchtlinge illegal die grüne Grenze zu Belarus, im gesamten Vorjahr griff der Grenzschutz dort 81 Migranten auf. Doch Anfang August begannen die Litauer, die Flüchtlinge abzuweisen. Die Lage an ihrer Grenze hat sich dadurch stabilisiert. In den vergangenen 24 Stunden seien weniger als zehn Migranten von einem Grenzübertritt abgehalten worden, teilten die Behörden am Dienstag mit. Auch Litauen will einen Zaun bauen.
Nun wächst der Druck auf Polen: Nach Angaben der Grenzschützer versuchten allein im August mehr als 2100 Migranten, illegal über Belarus nach Polen vorzudringen. Im gesamten vergangenen Jahr wurden an diesem Grenzabschnitt etwas über hundert Flüchtlinge registriert.
«Politisch arrangierte Operation»
Die Baltenländer Litauen, Lettland, Estland und Polen machen Lukaschenko für den plötzlichen Andrang verantwortlich. In einer gemeinsamen Erklärung verurteilten sie am Montag dessen «politisch arrangierte Operation». In die gleiche Kerbe schlug Polens Verteidigungsminister Blaszczak: «Wir haben es hier mit einem Angriff auf Polen zu tun, man kann sagen, es handelt sich um einen hybriden Krieg. Es ist der Versuch, die EU und Polen zu destabilisieren.»
Polnische Medien sind voll von Berichten darüber, dass eine Tourismusagentur von Lukaschenkos Präsidialverwaltung in Krisenregionen wie dem Irak und Afghanistan für die vermeintlich sichere Passage über Minsk in die EU werben lasse.
Kommentatoren in Warschau sind sich einig: Es geht Lukaschenko auch um Rache. Denn nach den Massenprotesten gegen die weithin als gefälscht angesehene Präsidentenwahl vom 9. August 2020 haben sowohl Litauen als auch Polen viele Oppositionelle aus Belarus aufgenommen.
Flüchtlingsgruppe harrt an der Grenze aus
Symbolisch für den Konflikt sind die Bilder von einer Gruppe von 24 Migranten, die seit fast zwei Wochen in der Nähe des Dorfs Usnarz Gorny an der polnisch-belarussischen Grenze ausharren. Das Lager der Menschen, unter denen viele aus Afghanistan und dem Irak sein sollen, ist von polnischen Grenzern und Soldaten umstellt. Auch auf der belarussischen Seite sind nach Medienberichten Sicherheitskräfte zu sehen. Das UN-Flüchtlingskommissariat appellierte am Dienstag an die Regierung in Warschau, die Menschen auf polnisches Gebiet zu lassen und ihnen medizinische und juristische Hilfe zukommen zu lassen.
Staatliche belarussische Medien schlachten die Bilder von der «humanitären Katastrophe» beim westlichen Nachbarn genüsslich aus. Und Lukaschenko selbst warf den Polen am Montag vor, sie hätten einen Konflikt an der Grenze angezettelt und die Staatsgrenze von Belarus verletzt. Die Polen hätten auf ihrem Gebiet «50 Leute eingefangen, die (...) nach Deutschland wollten, wohin Mutter Merkel sie gerufen hatte», spottete er. Diese seien dann unter Androhung von Waffengewalt auf belarussisches Gebiet getrieben worden.