EU-Gipfel

Rückschlag bei den Brexit-Verhandlungen schürt Unsicherheit

Rückschlag bei den Brexit-Verhandlungen schürt Unsicherheit

Rückschlag bei den Brexit-Verhandlungen schürt Unsicherheit

dpa
Brüssel
Zuletzt aktualisiert um:
Angela Merkel Foto: Fabrizio Bensch/Reuters/Ritzau Scanpix

Am Mittwoch wird auf dem EU-Gipfel weiter über den Abschied Großbritanniens aus der EU verhandelt. Bundeskanzlerin Merkel hofft auf unbürokratische Beziehungen zu London nach dem Brexit.

Trotz des jüngsten Rückschlags bei den Brexit-Verhandlungen halten Großbritannien und die Europäische Union eine Einigung immer noch für denkbar - allerdings womöglich erst im November oder Dezember.

Eine Vorentscheidung könnte am Mittwochabend beim EU-Gipfel fallen. Doch hat die britische Premierministerin Theresa May innenpolitisch kaum Spielraum für Zugeständnisse an die EU. Die Chancen auf einen geregelten EU-Austritt 2019 dürften somit auch von der Dynamik des politischen Machtkampfes in London abhängen.

Am Wochenende war beiden Seiten trotz intensiver Verhandlungen nicht der erhoffte Durchbruch für ein Austrittsabkommen gelungen. Wichtigste Hürde ist immer noch die Frage, wie Kontrollen an der künftigen EU-Außengrenze zwischen der Republik Irland und dem britischen Nordirland vermieden werden können. Die EU macht dies zur Bedingung für einen Vertrag, der den Brexit regeln und die Folgen mit einer knapp zweijährigen Übergangsphase abpuffern soll.

Vor allem die Wirtschaft wartet dringend auf ein Signal, dass es nicht zu einem chaotischen Bruch ohne Vertrag kommt. Dass jetzt die Klarheit weiter fehle, vergrößere die Probleme, warnte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag: «Das Brexit-Trauerspiel geht in die nächste Runde, der Ausgang bleibt völlig offen.»

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte beim Außenenhandelsverband BGA, die EU wolle unbürokratische Beziehungen zu Großbritannien, doch müsse der EU-Binnenmarkt intakt bleiben. Man müsse auf alle Szenarien vorbereitet sein, warnte die CDU-Chefin. Irlands Regierungschef Leo Varadkar sagte, niemand wisse, wann ein Abkommen möglich sei. «Ich schätze, November, Dezember ist die beste Zeit für einen Deal», sagte er der «Irish Times».

Ursprünglich hatte EU-Ratschef Donald Tusk erklärt, weitere Brexit-Verhandlungen und ein Sondergipfel zum Abschluss Mitte November hätten nur Sinn, wenn bis Mitte Oktober «maximaler Fortschritt» erreicht sei. Ob dies gelingt, soll der EU-Gipfel ab Mittwoch feststellen. Nach dem Rückschlag vom Wochenende liegt aber nichts Greifbares auf dem Tisch.

Aus EU-Kreisen hieß es, May könnte beim Gipfel selbst mit den übrigen EU-Staats- und Regierungschefs eine Lösung suchen. Der Brexit sei nun Chefsache. Ob und was verhandelt wird, blieb aber offen. Die britische Regierung erklärte am Sonntagabend nur allgemein, sie strebe beim EU-Gipfel weitere Fortschritte an.

Den Ernst der Lage spielten am Montag beide Seiten herunter. Die Bundesregierung erklärte, sie rechne mit einer Fortsetzung der Verhandlungen auch nach dem EU-Gipfel. «Allen ist bewusst, dass die Zeit nun sehr drängt», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) unterstrich am Rande von EU-Gesprächen in Luxemburg die Hoffnung auf Einigung.

Der britische Außenminister Jeremy Hunt sagte, man habe «riesige Fortschritte» gemacht. Es gebe noch ein oder zwei sehr schwierige Themen. «Aber ich glaube, wir können es schaffen. Ob diese Woche oder nicht: Wer weiß.» Alle strengten sich ungeheuer an.

An der höchst komplizierten Irland-Frage arbeiten sich beide Seiten seit Monaten vergeblich ab. Auf der irischen Insel entsteht durch den Brexit eine EU-Außengrenze zwischen der Republik Irland und der britischen Provinz Nordirland. Schlagbäume und Kontrollen wollen beide Seiten aber vermeiden - aus Furcht vor neuen Konflikten in der früheren Bürgerkriegsregion bei einer Teilung der Insel.

Als Ausweg war zuletzt im Gespräch, dass Großbritannien bis zu einer besseren Lösung Mitglied der Europäischen Zollunion bleibt. Viele Brexit-Befürworter lehnen eine solche Lösung allerdings ab. May muss nach Angaben ihres EU-kritischen Parteifreunds Jacob Rees-Mogg mit Widerstand von mindestens 40 Abgeordneten ihrer Konservativen Partei gegen eine Zollunion-Lösung rechnen. Die Nordirland-Partei DUP, auf deren Abgeordnete May im Unterhaus angewiesen ist, drohte ihr sogar mit einem Bruch, wenn sie ihre Zollunion-Pläne weiterverfolge.

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