Ost-West-Schau

«The Cool and the Cold» im Berliner Gropius Bau

«The Cool and the Cold» im Berliner Gropius Bau

«The Cool and the Cold» im Berliner Gropius Bau

dpa
Berlin
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Blick in die Ausstellung "The Cool and the Cold. Malerei aus den USA und der UdSSR 1960–1990. Sammlung Ludwig" im Berliner Gropius Bau. Foto: Paul Zinken/dpa

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Die Mauer hat auch künstlerische Entwicklungen geteilt. Der Kalte Krieg der Politik spiegelt sich in zahlreichen Werken der Zeit. Im Berliner Gropius Bau hängen sie nun spektakulär nah beieinander.

Was für ein Einstieg. Links «Elvis Presley» von Andy Warhol, den Colt im Anschlag auf die Menschen im Berliner Gropius Bau gerichtet. Rechts «Lenin» von Dmitrij Nalbandjan, freundlich aus seinem Arbeitszimmer lächelnd.

Pop-Art gegen sozialistische Kunst, Kitsch contra Propaganda. Nach der von den Machern gewollten Konfrontation zum Auftakt sind es solche Klischees, die die Ausstellung «The Cool and the Cold» vermeiden will. Erstmals in dieser umfassenden Form werden die Malerei aus den USA und der UdSSR der Jahre 1960–1990 gegenüber gestellt - oder besser: gemeinsam präsentiert.

Aus der Sammlung Ludwig

Die rund 125 Arbeiten von 80 Künstlerinnen und Künstlern stammen aus der Sammlung Ludwig. Sechs internationale Museen haben die Werke für die coronabedingt bereits zweimal verschobene Ausstellung zur Verfügung gestellt. Nun ist sie von diesem Freitag an bis zum 9. Januar zu sehen.

Nach Anfängen im Westen gehörten Peter und Irene Ludwig zu den ersten Sammlerinnen und Sammlern, die ihre Kollektion parallel mit US-amerikanischer und sowjetischer Kunst erweiterten. Die aus etwa 14 000 Objekten aus drei Jahrtausenden bestehende Sammlung - inzwischen als Schenkungen und Leihgaben verteilt auf 26 öffentliche Museen - ermöglicht die kritische Gegenüberstellung von Werken aus den beiden Lagern des Ost-West-Konflikts.

Es gebe «keinen passenderen Ort» für die Ausstellung, sagt Stephanie Rosenthal, Direktorin im Gropius Bau, am Donnerstag mit Blick auf den einstigen Mauerverlauf in unmittelbarer Nachbarschaft des Hauses. Zudem sei Berlin schon immer Knotenpunkt politischer Entwicklungen gewesen mit den entsprechenden Einflüssen auf künstlerische Arbeit.

Parcours mit Kunststars

Die Ausstellung verzichtet weitgehend auf die Spiegelung kunsthistorischer Kategorien und ist in zeitgeschichtliche Räume unterteilt. «Die -ismen sind ein Weltblick und taugen nicht als Rückgrat für die Ausstellung», sagt Kuratorin Brigitte Franzen, die Konzept und Auswahl zusammen mit Benjamin Dodenhoff verantwortet. Aus dem riesigen Fundus der Sammlung wählten sie dafür Arbeiten unter anderem von Jo Baer, Erik Bulatov, Ivan Čujkov, Helen Frankenthaler, Jasper Johns, Ilja Kabakov, Lee Lozano, Natalja Nesterova, Viktor Pivovarov, Jackson Pollock und Andy Warhol aus.

Der Gang durch die Ausstellung wird zu einem Parcours zwischen dem Wiedersehen mit westlichen Kunststars wie Roy Lichtenstein oder Jenny Holzer und der Konfrontation mit Arbeiten hier oft wenig bekannter Künstlerinnen und Künstler. Deren Stellenwert in der UdSSR sei teilweise schwer einzuschätzen, sagt Franzen. Die Kuratoren hoffen, dass die Ausstellung auch ein Startpunkt sein kann für intensivere internationale Forschung und Auseinandersetzung.

Die thematische Hängung erlaubt immer wieder Entdeckungen. So spiegelt sich der Space-Race zwischen den USA und der UdSSR, der Kampf um die Vormachtstellung im Weltraum, auch in der Kunst. Jurij Korolev malte seine «Kosmonauten» 1982 als Heldenbild in glorifizierend hellen Farben. Auf der Wand gegenüber hängen «Start» (1970) und «Wasserlandung der Weltraumkapsel» (1969) von Lowell Nesbitt, deren Postkartenfarben kaum mehr kritische Distanz zu haben scheinen. Ob das dann nicht auch als Propaganda gesehen werden könne, fragt Dodenhoff.

Ein Stück weiter bildet Lichtensteins Comic-Interpretation leidender Frauen einen eindrucksvollen Kontrast zu den Trauernden in Boris Nemenskijs «Nach dem Krieg. Das Schicksal der Frauen». Sehr verschieden auch der Blick in die Städte: Maija Tabaka belebt ihr 1975 entstandenes «Riga 1945» mit Menschen in kraftvollen Farben. Nebenan konzentriert sich Richard Estes drei Jahre später in «Stadtzentrum» auf die Wirkung von Architektur einer amerikanischen Metropole.

Ausstellung «The Cool and the Cold. Malerei aus den USA und der UdSSR 1960–1990. Sammlung Ludwig», 24.9.-9.1.
Katalog «The Cool and the Cold. Malerei aus den USA und der UdSSR 1960–1990. Sammlung Ludwig», Brigitte Franzen (Herausgeberin), Verlag Walther König, ISBN 978-3-98098-827-4, 312 Seiten, 39 Euro

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