Fußball-Star

Erwin Kostedde: «Mit Finger auf mich gezeigt»

Erwin Kostedde: «Mit Finger auf mich gezeigt»

Erwin Kostedde: «Mit Finger auf mich gezeigt»

dpa
Berlin
Zuletzt aktualisiert um:
Dortmunds Stürmer Erwin Kostedde (r) im Zweikampf mit Bayern-Abwehrspieler Bernd Dürnberger(1976). Foto: Wilhelm Leuschner/dpa

Der Kicker blickt zurück. Rassismus kein Thema in Deutschland? Er hat da so seine eigenen Erfahrungen gemacht.

Erwin Kostedde würde nicht noch einmal mitmachen wollen, was er als Schwarzer auch im Fußball in Deutschland erlebt hat. «Vielleicht ist es leichter geworden, ich weiß nicht», sagte der 74-Jährige dem «Tagesspiegel» in einem Interview (Sonntag).

«Man hört da auch anderes. Ich verstehe das nicht. Für mich ist ein Weißer ein Weißer und ein Schwarzer ein Schwarzer. Ich habe die einen nicht lieber und die anderen auch nicht.»

Kostedde bestritt im Dezember 1974 gegen Malta sein erstes Länderspiel - als erster Schwarzer in der deutschen Nationalmannschaft. Insgesamt kam er aber auf nur drei Einsätze.

«Vielleicht war die Bürde zu groß», sagte der ehemalige Profi unter anderen von Kickers Offenbach, Hertha BSC und Borussia Dortmund in dem Interview: «Ich habe schon vor dem ersten Spiel in Malta Briefe gekriegt von farbigen Menschen in Deutschland. Wie stolz sie auf mich sind.» Im zweiten Spiel im Londoner Wembley-Stadion vor hunderttausend Zuschauern sei er übermotiviert und mit den Gedanken überall gewesen, «nur nicht auf dem Platz. Ich habe gespielt wie ein Weihnachtsmann.»

Der damalige Bundestrainer Helmut Schön habe ihm auch gesagt, dass er mit Nein antworten solle, wenn er von Zeitungen gefragt werde, ob es in Deutschland Rassismus gebe, bestätigte Kostedde. Ein wenig habe er widersprochen. «Ich will mich nicht als besonders mutig hinstellen, aber ich habe schon gedacht, wenn du verschweigen musst, wie es in Deutschland wirklich ist, dann verzichtest du», berichtete Kostedde.

«Mir ist schon in jungen Jahren aufgefallen, dass die Leute auf der Straße stehen geblieben sind und mit dem Finger auf mich gezeigt haben. Ich habe mich im Sommer oft nicht in die Sonne getraut, weil ich immer schwärzer wurde», erzählte er rückblickend. «Ich habe mich mit Kernseife geschrubbt, um die Farbe abzubekommen. Ich habe es auch mit Waschpulver versucht, es mir nass auf die Arme gestrichen und ins Gesicht. So bin ich schlafen gegangen. Am nächsten Morgen war die Haut porös und angegriffen. Das sind so Dinge, die kann man kaum erzählen.» Der Fußball sei seine einzige Chance gewesen.

Mehr lesen