Nachruf

Gespräche mit ihr waren immer eine Bereicherung

Gespräche mit ihr waren immer eine Bereicherung

Gespräche mit ihr waren immer eine Bereicherung

Apenrade/Aabenraa
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Erika Knudsen bei einem Vortrag (Archivfoto) Foto: Paul Sehstedt

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Erika Knudsen war eine wahre Wundertüte. Sie wusste nicht nur Spannendes aus der Geschichte Apenrades zu erzählen, sondern kannte sich auch mit Torfwirtschaft und Moor-Renaturierung bestens aus. Ihre Liebe für slawische Sprachen und Literatur kam durch ein Studium im „mittleren Alter“ zum Ausdruck. Sie ist nun 94-jährig gestorben.

Mit Erika Knudsen ist am 2. Mai eine treue und äußerst interessierte Leserin des „Nordschleswigers“ gestorben.

Wenn Erika Knudsen in der Lokalredaktion in Apenrade anrief oder in früheren Jahren persönlich vorstellig wurde, dann geschah das nicht, um zu kritisieren, sondern weil sie ergänzende Details beisteuern konnte. Das geschah insbesondere bei Artikeln mit geschichtlichen Themen.

Sie selbst war Jahrgang 1930 und war mit einem wahren „Klebehirn“ gesegnet, wie man ein Supergedächtnis auf Dänisch bezeichnet. Erika Knudsen war wissbegierig. Waren ihr Dinge unklar, fragte sie nach, informierte sich.

Insofern waren Gespräche mit ihr immer eine Bereicherung.

Freude an der Natur

Ihr Vater Peter Mailund war Direktor der Kohleimportfirma „Prima“ im Apenrader Hafen. Das Unternehmen war in seinen „Glanzzeiten“ ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Stadt. Während des Zweiten Weltkriegs, als Kohle ein knappes Gut war, erkannte Mailund den Wert von Torf als alternatives Brennmaterial. Und so wurde 1943 in der Ahretofter Hölzung (Aartoft Plantage) mit dem Torfabbau begonnen.

In den 1960er-Jahren hielten die Ölheizungen ihren Einzug in den Apenrader Wohnungen. Torf und Kohle fanden keinen Absatz mehr. Damals kaufte Mailund das Gelände und nutzte es als privates Rückzugsgebiet für seine Familie. Über die Jahrzehnte wurde aus dem einstigen Abbaugebiet ein Naturidyll geschaffen. Dass es heute als Natura-2000-Schutzgebiet ausgewiesen ist, weil dort gefährdete Pflanzen- und Tierarten zu finden sind, ist nicht zuletzt Erika und Hermann Knudsen zu verdanken, die quasi in Eigenarbeit das dortige Moor renaturierten. 

Ihren Mann Hermann lernte sie übrigens schon zu Schulzeiten kennen. Sie wurden gemeinsam eingeschult. Der Kaufmannssohn vom Tøndervej – genannt Bebbe – war zunächst nur ein Klassenkamerad unter vielen. Doch schon seit ihrem 14. Lebensjahr waren sie ein Liebespaar, verrieten die beiden 2011 in einem Zeitungsinterview anlässlich ihres 60. Hochzeitstages. Erika und Hermann heirateten jedoch erst 1951 im Alter von 21 Jahren.

Die Freude an der Natur war von den gemeinsamen „Wandervogel“-Jahren geprägt, die der Kunstmaler Niko Wöhlk geleitet hat.

Sie verdiente anfangs das Geld

Erika Knudsen begleitete ihren späteren Mann nicht nur zum Medizinstudium nach Aarhus und ging später auch mit ihm ins nordjütische Farsø, wo ihm eine Chefarztstelle angeboten wurde, sondern finanzierte auch zu großen Teilen seine Ausbildung und kümmerte sich „nebenbei“ um Familie und Haushalt. Erika Knudsen, die nach dem Abitur in Apenrade die Brocksche Handelsschule in Kopenhagen besucht hatte, verdiente das Geld. So fand sie in Aarhus Anstellung in einer Firma für Röntgentechnik. Sie stieg dort recht schnell zur Exportchefin auf.

Geschäftsreisen führten sie unter anderem nach St. Petersburg und Moskau. Die Reisen weckten ihr Interesse für die russische Sprache und Literatur. Sie kündigte alsbald den Job, um Russisch und slawische Sprachen zu studieren. Schließlich machte sie 1971 ihren Magister in bulgarischer Sprache und Literatur. So kam es, dass sie später mehrfach in Bulgarien als Übersetzerin für den Internationalen Gerichtshof der Vereinten Nationen tätig war. – Erika Knudsen sprach zeitweise zwölf Sprachen.

Erika Knudsen 2019 bei einer Familienfeier in ihrem geliebten Moorgebiet in Ahretoft (Aartoft) Foto: privat

Rückkehr in die Heimat

Erika und Hermann Knudsen hatten sich vorgenommen, nach ihrer Pensionierung in ihre Apenrader Heimat zurückzukehren. Das verzögerte sich allerdings um einige Jahre.

Weil man am Krankenhaus von Farsø einfach keinen geeigneten Nachfolger für seinen Chefchirurgen, übrigens den letzten Allgemeinchirurgen Dänemarks, fand, stand Hermann Knudsen noch bis zu seinem 70. Lebensjahr am OP-Tisch. Dann erst folgte der Umzug nach Apenrade, wo sie am Haderslevvej eine geeignete Wohnung fanden, in der Platz für ihre vielen Bücher und ihre Hobbys war.

Hermann Knudsen verstarb 2020 im Alter von 90 Jahren.

Beerdigung am Dienstag

Erika Knudsen wird am Dienstag, 14. Mai, von der Friedhofskapelle in Apenrade aus beerdigt. Der Trauergottesdienst beginnt um 11.30 Uhr.

Um die Verstorbene trauern ihre vier Kinder, Henning Knudsen in Neunkirchen-Seelscheid, Maya Morgan in Kent/England, Michael Knudsen, der in der Türkei ansässig ist, und Momme Mailund in Herning, und deren jeweilige Familien.

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Kommentar

Hannah Dobiaschowski
Hannah Dobiaschowski Projekte / Marketing
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