Leitartikel

„Land unter: Eine Erzählung zwischen Mut und Hoffnung“

„Land unter: Eine Erzählung zwischen Mut und Hoffnung“

„Land unter: Eine Erzählung zwischen Mut und Hoffnung“

Nordschleswig/Sønderjylland
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Die Sturmflut in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober 2023 wird vielen Menschen in Nordschleswig in Erinnerung bleiben. Foto: CVT

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THEMA STURMFLUT 2023: Vor einem Jahr wurde die Ostküste Nordschleswigs von einer Sturmflut überrascht. Chefredakteur Gwyn Nissen erklärt alles Wichtige zum Sturm – und was die Redaktion daraus gemacht hat.

Es waren Herbstferien angesagt. Doch der Blick auf das Wasser kündigte alles andere als eine beschauliche Urlaubswoche an. Ich fuhr an diesem Freitagmorgen am Fjordvejen entlang zur Arbeit. Das Wasser der Flensburger Förde peitschte zwischen Süderhaff (Sønderhav) und Kollund bereits über die Mole und überflutete die Straße. Die Jahrhundert-Sturmflut war im Rollen.

Sturmfluten erleben die Menschen an der Ostküste anders als an der Westküste, wo meterhohe Wellen über das Land einbrechen. So hoch waren die Wellen in der Ostsee nicht. Hier kam das Wasser langsam und mit solch zerstörerischer Kraft gekrochen, dass alle Erwartungen und Befürchtungen übertroffen wurden.

Im Medienhaus in Apenrade angekommen, brauchte ich keine offiziellen Wasserstandsmeldungen der Meteorologen: Ich konnte direkt aus dem Fenster sehen, wie die Förde bedrohlich anstieg. Gleich hinter dem künstlichen Deich, den ausgelegten Watertubes, türmten sich die Wassermassen bedrohlich auf.

Alles in allem kamen die Menschen in Nordschleswig glimpflich davon. Es kam niemand ums Leben. Aber für viele war die Sturmflut im Oktober 2023 ein einschneidendes Erlebnis. Häuser, Sommerhäuser und Boote wurden Opfer des Sturms, der 24 Stunden über Nordschleswig hängen blieb.

Wir haben beim „Nordschleswiger“ den ersten Jahrestag der Sturmflut zum Anlass genommen, uns in die Fußspuren des Sturms zu begeben. Was ist damals passiert, wie haben die Menschen die Sturmflut erlebt, und was haben wir daraus gelernt – denn der nächste Sturm kommt bestimmt.

Wir waren beim Campingplatz-Betreiber, der um seine Existenz bangen musste, beim Ruderklub, in dem die Fische in der Umkleidekabine schwammen, und wir waren mit den Einsatzleitern am Hafen und haben ihren Kampf gegen die Wassermassen noch mal miterlebt.

Sara Eskildsen, Lene Neumann Jepsen, Karin Riggelsen und Gerrit Hencke waren in Nordschleswig unterwegs, und in der umfassenden Recherche ist zum ersten Mal ein großes Storytelling-Element entstanden: In Text, Video, Foto und Grafik berichten sie über die Vorbereitungen, die Sturmflutnacht, das Aufräumen und den Blick in die Zukunft.

Aber auch andere Kolleginnen und Kollegen sind unterwegs gewesen, um der Sturmflut neue Perspektiven hinzuzufügen. Im Laufe der Woche werden wir diese Geschichten und die große Reportage auf nordschleswiger.dk nach und nach veröffentlichen.

Wir sind auf Hoffnung, Mut, Trotz und Solidarität getroffen, denn das Leben an der Küste geht weiter, obwohl wir das Wasser von seiner nicht so schönen Seite gesehen haben. Wer hier lebt, wird sich sein Leben lang an die Oktober-Sturmflut erinnern. 

Ich freue mich, dir unsere Sturmflut-Recherche hier schmackhaft machen zu dürfen, denn sie ist auch Ausdruck unserer heutigen Arbeitsweise.

Wir laufen nicht mehr jeder Nachricht der anderen Medien hinterher, sondern unser Fokus ist in diesen Jahren verstärkt auf die deutsche Minderheit, das Grenzland und Nordschleswig gerichtet. 

Hier, wo die Nordschleswigerinnen, die Nordschleswiger und „Der Nordschleswiger“ zu Hause sind, wollen wir mit unserem Journalismus einen Spatenstich tiefer gehen, noch gründlicher recherchieren und relevante Geschichten erzählen – in Text, Foto, Video und im Podcast.

In diesen digitalen Zeiten ergibt es keinen Sinn mehr, „Zeitung für alles“ zu sein. Das waren wir einmal als Tageszeitung – damals wollten wir mit einer Zeitung alles abgreifen: Internationales, Deutschland, Dänemark, die Region und das Lokale – und natürlich die Minderheit.

In der digitalen Welt strickt jeder sich selbst die Nachrichten zusammen: Internationales vielleicht aus deutschen oder britischen Medien, Sport live am Handy und den Ergebnis-Apps, Deutschland in den öffentlich-rechtlichen Nachrichten, Dänemark-Stoff bei „DR“ und „TV2“, und dazu kommen noch Sonderinteressen, die man überall im Internet findet.

Beim „Nordschleswiger“ machen wir den Journalismus, den andere nicht machen, den du nur bei uns bekommst. Das sind Geschichten aus der Minderheit und über sie, aber auch aus dem Grenzland und Themen, die ganz nah an deinem Alltag und deiner Wirklichkeit sind. Erzählt vor Ort in Nordschleswig, für Nordschleswig, aus Nordschleswig. Das ist unsere Spitzenkompetenz – und unser Versprechen an unsere Leserinnen und Leser.

 

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