Grenzlandgeschichte

Wissenschaftler stellt neues Buch über deutsche Minderheit vor

Wissenschaftler stellt Buch über deutsche Minderheit vor

Wissenschaftler stellt Buch über deutsche Minderheit vor

Apenrade/Aabenraa
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Der Historiker Peter Thaler engagiert sich seit Jahren in der Erforschung der Geschichte der deutschen Minderheit. Vor einigen Jahren war er an einer Veranstaltung im Alsion dabei, von der Impulse für neue Forschungsprojekte ausgingen. Foto: Volker Heesch

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Der österreichische Historiker an der Süddänischen Universität, Peter Thaler, spricht am Donnerstag, 2. Juni, 16 Uhr, im Reichsarchiv Apenrade: Die deutschen Nordschleswiger verschwanden nach der Teilung Schleswigs nicht, wie 1918 prognostiziert, „wie der Tau in der Sonne“. Buch mit Beiträgen bekannter Historiker.

Der Historiker an der Süddänischen Universität (SDU), Peter Thaler, hat kürzlich ein Buch als erste wissenschaftliche Gesamtgeschichte der deutschen Minderheit in Nordschleswig herausgegeben.

Öffentliche Veranstaltung in Apenrade

Am Donnerstag, 2. Juni, 16 Uhr, ist der in Österreich beheimatete Thaler Gast während der Reihe öffentlicher Veranstaltungen des Reichsarchivs in Apenrade. Thema ist die Geschichte der deutschen Minderheit seit der Teilung Schleswigs nach den Volksabstimmungen 1920. Peter Thaler wird einen Vortrag unter dem Titel „Wie der Tau in der Sonne?“ halten.

Der dänische Grenzsachverständige H. V. Clausen hatte gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine Schwächung des Dänischen als Alltagssprache unter anderem in Mittelschleswig festgestellt. Bis zum Ersten Weltkrieg breiteten sich Hochdeutsch und Plattdeutsch in Schleswig nordwärts aus, auch aufgrund der Unterdrückungsmaßnahmen der deutschen Behörden gegen die dänische Kultur. Foto: Archiv „Der Nordschleswiger“

 

Er knüpft dabei an die Prognose des dänischen Schleswig-Sachverständigen H. V. Clausen (1861-1937) an, der 1918 angesichts der bevorstehenden neuen Grenzziehung und einer Abtretung der dänisch geprägten Teile des einstigen Herzogtums und des seit 1864 von Preußen beherrschten Gebietes davon ausging, die entstehende deutsche Minderheit werde nach wenigen Jahren keine Bedeutung mehr haben und wie der Tau in der Sonne verdampfen.

 

Die Karte zeigt die beiden Abstimmungszonen in Schleswig. In der nördlichen, rot unterlegten Zone 1 wurde am 10. Februar nach dem En-bloc-Prinzip abgestimmt. In der südlichen Zone 2 (blau) wurde gemeindeweise abgestimmt, es fielen dennoch keine einzelnen Gemeinden oder Städte an Dänemark, weil bis auf einige Mini-Dörfer alle Orte eine deutsche Mehrheit bei der Abstimmung am 14. März 1920 ergaben. Foto: Archiv „Der Nordschleswiger"

 

Peter Thaler hat seinem in englischer Sprache im Wissenschaftsverlag De Gruyter Oldenbourg erschienenen Werk den Titel „Like Snow in the Sun? The German Minority in Historical Perspective“ gegeben. Clausen hatte die Entwicklung der Sprachverhältnisse und die nationale Gesinnung in den Landesteilen seit Ende des 19. Jahrhunderts in Schleswig ausgelotet. Er formulierte daraus die „Clausen-Linie“, die 1919 bei der Versailler Friedenskonferenz als Basis der dänischen Vorschläge zur Abgrenzung der Abstimmungszonen diente.

Der dänische Politiker H. P.  Hanssen machte sich die Linie zu eigen und legte damit ein Fundament für eine stabile neue Grenze ohne eine sehr große deutsche Minderheit in der nördlichen Abstimmungszone. Mit der dänischen Dreiviertelmehrheit am 10. Februar 1920 bei der Abstimmung in der Abstimmungszone 1 bewährte sich Clausens Erkundung der nationalen Schwerpunkte. Allerdings mit Ausnahmen wie einem deutschen Stimmenanteil von rund 75 Prozent in Tondern (Tønder), was wegen der Lage der Stadt in der Zone 1 mit En-bloc-Abstimmung zur Einverleibung des Ortes nach Dänemark verbunden war.

Deutsche Minderheit mit Revisionsforderung

Solche Details waren nach 1920 Kern deutscher Forderungen nach einer Revision der neuen Grenze. Während der Veranstaltung im „Rigsarkivet“ in Apenrade, Haderslevvej 45, 6200 Aabenraa, wird Forschungsleiter Hans Schultz Hansen das neue Buch vorstellen. „Die Geschichte der deutschen Minderheit ist lange unzureichend beleuchtet worden.

 

Erst 1945 hat die deutsche Minderheit in Nordschleswig nach dem Ende der Nazi-Diktatur die Grenze von 1920 anerkannt. In den 1950er Jahren stand im Mittelpunkt politischer Forderungen der deutschen Nordschleswiger allerdings der Wunsch nach der Rehabilitierung von Angehörigen der Minderheit, die wegen Kollaboration mit der deutschen Besatzungsmacht in Dänemark juristisch zur Verantwortung gezogen worden waren. Auf dem Foto ein SP-Wahlplakat im Deutschen Museum Nordschleswig in Sonderburg (Sønderborg). Foto: Volker Heesch

 

Das neue Buch fasst die Forschung der vergangenen Jahre zusammen“, so der Historiker. Der Teilnehmerkreis der Veranstaltung, bei der der Eintritt kostenlos ist, kann Fragen stellen und über den Vortrag mit dem Referenten diskutieren. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Beiträge der Minderheitenforschung

Im neuen Buch sind neben Texten Thalers unter anderem Beiträge des Minderheitenforschers Henrik Becker-Christensen, des US-Historikers Ryan J. Gesme, des früheren Leiters des Archivs/Forschungsstelle der deutschen Minderheit, Frank Lubowitz, enthalten. Ein Beitrag von Ruairidh Tarvet befasst sich mit der „Linguistischen Identität“ der deutschen Minderheit.       

 

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