Leitartikel

„Stell dir vor, es ist Deutscher Tag und niemand geht hin“

Stell dir vor, es ist Deutscher Tag und niemand geht hin

Stell dir vor, es ist Deutscher Tag und niemand geht hin

Nordschleswig
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Einer der Höhepunkte im Jahreskalender der deutschen Minderheit in Nordschleswig, der Deutsche Tag, befindet sich in einer Krise. Die Diagnose ist schnell gefunden – die Lösung auch, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Hinrich Jürgensen hatte am Sonnabend Geburtstag, und der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN) erlaubte sich beim Deutschen Tag in Tingleff ein Späßchen, als er sagte, er habe 500 Leute zum Geburtstag in die Sporthalle eingeladen.

Es mag sein, dass 500 eingeladen waren, doch mit Mitwirkenden aus dem Chor der Musikvereinigung Nordschleswig, dem Blasorchester des Deutschen Jugendverbandes und den fleißigen Helferinnen und Helfern aus der Nachschule kommt der Bund Deutscher Nordschleswiger gerade mal auf 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Es waren schon mal mehr, wobei die Tendenz der immer mehr werdenden leeren Stühle und Tische sich bereits über einige Jahre abgezeichnet hat. Dabei müssten eigentlich alle aus der Minderheit zum Deutschen Tag gehen.

Nicht nur, weil es hier unzählige Streicheleinheiten und Lob vonseiten der Gäste gibt (das tut als Minderheit gut), sondern weil der modernisierte Deutsche Tag in den vergangenen Jahren immer besser geworden ist.

Die Veranstaltung ist gemütlich und getaktet zugleich, nachdem am Konzept geschraubt wurde. Das macht den Deutschen Tag heute kurzweilig und interessant. Obendrein gibt es kostenlose Suppe, zu trinken, Torte zum Kaffee, und man ist unter Freundinnen und Freunden.

Auch die interessante Informationsveranstaltung am Vormittag in der Nachschule in Tingleff wird immer weniger besucht – der ganze hintere Klassenraum war diesmal leer.

Warum nicht mehr Leute aus der Minderheit kommen, haben sich die BDN-Verantwortlichen schon seit einigen Jahren gefragt – und versucht, gegenzusteuern. Den deutschen Gästen gefällt die Veranstaltung – warum fehlen also die Nordschleswigerinnen und Nordschleswiger?

Als ich an dieser Stelle vor vielen Jahren das baldige Ende des Knivsbergfestes prophezeit habe, sollte sich dort nichts ändern, gab es herbe Kritik für den Leitartikel, weil ich die Veranstaltung schlechtgeredet habe. Fakt war: Das Knivsbergfest befand sich damals in einer existenziellen Krise.

Ich riskiere gerne wieder Kopf und Kragen: Wenn es so weitergeht mit dem Deutschen Tag, kann man die Informationsveranstaltung und die Festveranstaltung gleich in der Nachschule durchziehen – dann wird dort nämlich Platz genug sein. Wenn die Nordschleswigerinnen und Nordschleswiger nicht mitmachen, wird es irgendwann keinen Deutschen Tag mehr geben – und das wäre schade.

Die wichtigste Erkenntnis in Verbindung mit dem Knivsbergfest war damals, dass die Veranstaltung nicht nur die Verantwortung des Jugendverbandes ist: Das Knivsbergfest ist das Sommerfest der gesamten Minderheit. Deshalb mussten auch alle an einem Strang ziehen, und genau das ist das Erfolgsrezept der vergangenen Jahre gewesen: Sämtliche Verbände stehen heute hinter dem Knivsbergfest.

Die Diagnose für den Deutschen Tag ist dieselbe – und die Therapie ebenfalls: Der Deutsche Tag geht uns alle an. Sämtliche Verbände und Vereine der deutschen Minderheit sind gefragt, den Deutschen Tag wieder mit Leben zu füllen. Nicht für andere, sondern primär für uns selbst.

Das neue Konzept für das Knivsbergfest hat die Zusammenarbeit und die Zusammengehörigkeit in der Minderheit gestärkt. Auch der Deutsche Tag kann wieder an Bedeutung gewinnen, denn der Deutsche Tag braucht die Minderheit, aber die Minderheit braucht auch den Deutschen Tag.

 

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