Soziale Kompetenzen

Inge und Lauge sind ziemlich beste Freunde

Inge und Lauge sind ziemlich beste Freunde

Inge und Lauge sind ziemlich beste Freunde

Baurup/Bovrup
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Sie haben sich gern – Inge und Lauge. Foto: Karin Riggelsen

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85 Lebensjahre trennen die Bauruper Pflegeheimbewohnerin und das Kindergartenkind, und dennoch gehen den beiden offenbar nie die Gesprächsthemen aus.

Aus dem Festzelt am Bauruper Pflegeheim ist lautes Kinderlachen zu hören. Die ungewöhnliche Geräuschkulisse ist in dem Ort, der südöstlich von Apenrade liegt, allerdings gar nicht so ungewöhnlich. Im Gegenteil. Das kommt relativ häufig vor. Mindestens einmal im Monat, meistens aber öfter.

Entweder besucht der Bauruper Kindergarten das Pflegeheim oder umgekehrt. In der vergangenen Woche hatte das Pflegeheim zum abschließenden Sommerfest eingeladen. Für den fünfjährigen Lauge und die 90-jährige Inge ist das schon ein wehmütiger Tag. Sie werden sich künftig nicht mehr so häufig sehen. Obwohl die beiden 85 Lebensjahre trennen, schwingen sie auf gleicher Wellenlinie. Ihnen geht offensichtlich nie der Gesprächsstoff aus.

Auf den Fliesen kann Lauge Inge gut schieben. Foto: Karin Riggelsen

Freund, nicht Freundin

„Inge ist mein Freund“, sagt Lauge. Er legt dabei großen Wert darauf, dass man Inge nicht als seine Freundin bezeichnet. Schließlich sind sie kein Paar. Sie sind Kumpels. „Allerbeste Kumpels“, wie er betont.

Dass Inge weder Fußball spielen kann noch mit ihm auf dem Boden rumrobbt, stört ihn dabei offensichtlich gar nicht. „Sie kann nicht laufen. Sie sitzt deshalb in einem Rollstuhl“, weiht er Unwissende ein. „Weil ich schon ziemlich stark bin, kann ich Inge schieben. Allerdings nur auf den Fliesen, nicht auf dem Rasen. Das ist zu schwer für mich“, gibt der Dreikäsehoch dann doch zu. „Viele der alten Menschen können nicht mehr gehen. Sie brauchen dann einen Rollstuhl wie Inge oder so etwas“, sagt Lauge und deutet auf einen Rollator am Nachbartisch.

Lauge hat sich für das Sommerfest ein schickes Hemd ausgesucht. Auch Inge hat sich dem Anlass entsprechend schick gemacht. Besonders die schwarze Perlenkette findet Lauge toll. Foto: Karin Riggelsen

Belebende Besuche

„Die Kinder sind so herrlich offen, und Lauge ist eindeutig im sogenannten Fragealter“, sagt die 90-jährige Inge Petersen und lacht. „Wir spielen ab und zu Uno (ein Kartenspiel, red. Anm.) und machen viel Quatsch – der Kontakt zu den Kindergartenkindern belebt und erfrischt mich. Ich finde das einfach immer lustig. Ich bin immer wieder gerne dabei“, sagt sie.

„Meine Eltern haben immer schon einen guten Draht zu Kindern gehabt. Gefühlt saßen die Kinder der gesamten Nachbarschaft immer bei uns zu Hause am Küchentisch“, schmunzelt Kaj Petersen. Er ist nicht nur Sohn der 90-jährigen Inge, sondern auch Vorsitzender des Freundeskreises des Bauruper Pflegeheims, der die enge Verbindung zum Kindergarten tatkräftig unterstützt.

Die Schokokuss-Wurfmaschine war auf dem Sommerfest der Hit bei den Kindern. Foto: Karin Riggelsen

Ein Workshop brachte Qualität

Der Kontakt zwischen Kindergarten und Pflegeheim des Ortes im Südosten der Kommune besteht eigentlich schon seit mehreren Jahren, doch erst seit zweieinhalb Jahren haben die gegenseitigen Besuche an Qualität gewonnen. Ein Workshop mit dem Titel „Børn på Plejehjem“ (Deutsch: Kinder im Pflegeheim), an dem sowohl Mitglieder des Freundeskreises des Pflegeheims als auch Pflegepersonal sowie Mitarbeitende des Kindergartens teilgenommen haben, gab den Verantwortlichen das nötige Rüstzeug für eine sinnvolle Begegnung dieser doch sehr unterschiedlichen Generationen. 

„Wir haben bei dem Workshop viele gute Ideen erhalten, was für die Kinder und gleichermaßen für die Alten ergiebig ist“, erzählt Erzieherin Lea Neelssen aus dem Bauruper Kindergarten. Ins Pflegeheim kommt so mehr Leben, und umgekehrt werden die Kinder im Umgang mit den alten Menschen ruhiger und geduldiger, so die Beobachtung des verblüfften Fachpersonals. 

„Wir musizieren oft zusammen. Singen wir alte Volkslieder, dann erinnern sich die Seniorinnen und Senioren häufig noch an die Texte. Das ist toll“, findet Lea Neelssen.

Lea Neelssen (r.) vom Kindergarten in Baurup ist begeistert, wie viel Spaß ihre Schützlinge beim Miteinander mit den Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohnern haben. Foto: Karin Riggelsen

Die Alten werden aktiv

Kaj Petersen fand es erstaunlich, mit eigenen Augen zu erleben, wie teilweise eher passive Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner bei den verschiedenen Spielen und Aktivitäten mit den Kindern wieder aktiv werden und sogar mit großer Freude mitmachen. „Es gibt so einige Ballspiele, die die Kinder und Pflegeheimbewohner am Tisch sitzend miteinander spielen können, und auch die Fallschirmspiele machen generationsübergreifend Spaß“, findet Kaj Petersen, der schon vor dem Einzug seiner Mutter im Pflegeheim vor vier Jahren im Freundeskreis aktiv war und auch dem Vorstand angehörte. 

Seit einigen Jahren aber ist er Vorsitzender des Vereins. Mit großer Freude. Der aktive Freundeskreis organisiert Fahrradtouren mit den Bewohnerinnen und Bewohnern. Das Pflegeheim verfügt über einige Side-by-Side-Fahrräder. Auf einem der Räder lässt sich sogar ein Rollstuhl transportieren. Darüber hinaus organisiert der Freundeskreis Ausflüge in die Umgebung im pflegeheimeigenen Bus. „Viele der Bewohnerinnen und Bewohner kommen ja aus der Gegend und wollen gern die Stätten besuchen, die ihnen früher viel bedeutet haben“, erzählt Kaj Petersen. 

Lauge kommt in die Schule

Der kleine Lauge und viele der anderen Kinder kommen nach den Ferien in die Vorschulklasse. Das bedeutet aber nicht, dass sich Lauge und Inge gar nicht mehr sehen werden. Die Schule von Warnitz (Varnæs) hält nämlich auch guten Kontakt zum Pflegeheim. 

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