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Das sagt eine Tierärztin zum Problem mit verwilderten Katzen

Das sagt eine Tierärztin zum Problem mit verwilderten Katzen

Das sagt eine Tierärztin zum Problem mit verwilderten Katzen

Tingleff/Tinglev
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Nina Jansen ist Tierärztin und Mitinhaberin der Tierkliniken in Tingleff und Rothenkrug. Foto: kjt

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Fokus Katzenwohl: Diese Themenreihe beleuchtet den Umgang mit Katzen und was passiert, wenn Katzen im deutsch-dänischen Grenzland ausgesetzt werden und verwildern. Denn immer wieder werden Katzen ausgesetzt, und so manche müssen in letzter Konsequenz eingeschläfert werden, so der Vorwurf. Tierärztin Nina Jansen kennt die Problematik nur allzu gut.

Nina Jansen, Tierärztin und Mitinhaberin der Veterinärkliniken in Tingleff und Rothenkrug (Rødekro), schlägt in dieselbe Kerbe wie Tier- und Katzenschutzorganisationen: Um das Problem mit Überpopulation und zu vielen wilden Katzen in den Griff zu bekommen, bedarf es mehr Verantwortung von den Halterinnen und Haltern. 

Dazu gehöre als Allererstes das Neutralisieren von Katzen. Solange das nicht beherzigt wird, sei das Problem nicht zu lösen, sagt auch Nina Jansen. 

Sie geht diesbezüglich mit der Tinglefferin Sigrid Walter konform, die vor knapp einem Jahr von Deutschland nach Dänemark gezogen ist und einen sorglosen Umgang mit Katzen festgestellt hat.

„Eine Katze ist nach wenigen Monaten geschlechtsreif und kann mehrmals im Jahr Junge bekommen“, so Tierärztin Nina Jansen in ihrer Klinik in Tingleff. Wenn dagegen nichts oder nicht genug getan werde, bleibe es ein Teufelskreis. Es werden zu viele Katzen geboren, die dann ausgesetzt oder verstoßen werden und dann wieder Junge bekommen können.

Ständiges Aussetzen

„Es vergeht laut Tierschutzorganisationen kein Tag, an dem nicht ein Karton mit Katzenjungen gefunden wird. Das ist wirklich mangelndes Verantwortungsbewusstsein“, so die Tierärztin. 

Eine kürzlich veröffentlichte Pressemitteilung von „Dyrenes Beskyttelse" bestätigt diese These.

Jahr für Jahr werden Katzenjunge ausgesetzt. Foto: Karin Riggelsen

Nina Jansen würde eine Registrierpflicht für Katzen und auch eine flächendeckende Kastrationspflicht begrüßen. 

„Das fordert auch unser Tierärzteverband schon länger. Aktuell gibt es die Kampagne ‚ta ansvar‘, um Leute auf das Problem aufmerksam zu machen und zum Handeln zu bringen. Jedes Mal, wenn eine Besitzerin oder ein Besitzer mit einer männlichen Katze kommt, die nach Kämpfen mit anderen Katern Wunden aufweist, sage ich, dass es nicht zu den Verletzungen gekommen wäre, wenn die Katze kastriert wäre“, berichtet Nina Jansen.

Nützliche Nebeneffekte

Für das Kastrieren von Katern spreche ihr zufolge nicht nur das Verhindern von Überpopulation, sondern durch einhergehende hormonelle Veränderungen auch verschiedene Nebeneffekte: keine Revierkämpfe mit Verletzungsgefahr, kein weiträumiges Herumstreunen und kein Markieren. „Das scheinen sich viele nicht vor Augen zu halten“, so die Tierärztin.

Nina Jansen kennt das Problem mit der Überpopulation von Katzen nur allzu gut. Foto: kjt

Natürlich kostet die Kastration Geld. Der Effekt sollte den Besitzerinnen und Besitzern die Investition von ungefähr 850 Kronen aber wert sein. Bei weiblichen Katzen ist der Eingriff aufwendiger und damit teurer, doch auch das sollte nicht abschrecken.

Erst recht nicht, wenn stattdessen die Pille für Katzen eingesetzt wird, wie es manche tun. „Das muss einmal die Woche passieren und ist auf Sicht letztlich teurer als die Kastration“, so Jansen.

Das Unfruchtbarmachen sei das A und O, um die Menge an wilden Katzen reduzieren zu können. Verhindert würde dann auch das Einschläfern dieser verwilderten Tiere. 

Solange aber die Problematik besteht, kommen Tierarztpraxen und Kliniken wie die in Tingleff und Rothenkrug nicht um das Einschläfern herum. Man arbeite mit der Tierschutzorganisation „Dyrenes Beskyttelse“ zusammen, die verwilderte Katzen zum Einschläfern bringt. 

Klare Haltung zum Einschläfern

Nina Jansen sieht da als Tierärztin kein ethisches Problem. Ganz im Gegenteil: „Ich habe da eine klare Haltung, die sich womöglich von Ansätzen in Deutschland unterscheidet. Die normale Hauskatze ist in keiner Weise vom Aussterben bedroht. Die weiblichen Katzen, die herumstreifen und Jahr für Jahr Junge bekommen, und Kater, die ständig in Kämpfe verwickelt sind und dabei schwere Verletzungen und gebrochene Zähne davontragen, leben ein kümmerliches Leben. Wenn wir sie vor diesem jämmerlichen Dasein mit Verletzungen und Krankheiten bewahren können, indem wir sie einschläfern, dann tue ich es gern.“

Um gar nicht erst in diese Situation zu kommen, seien der verantwortungsvolle Umgang mit Katzen und die Eindämmung unkontrollierbarer Vermehrung das alles Entscheidende, so die Botschaft der Tierärztin.

Die weiblichen Katzen, die herumstreifen und Jahr für Jahr Junge bekommen und Kater, die ständig in Kämpfe verwickelt sind und dabei schwere Verletzungen und gebrochene Zähne davontragen, leben ein kümmerliches Leben.

Nina Jansen

Das betreffe auch den ländlichen Raum mit Landwirtschaftsbetrieben, wo der Vermehrung von Katzen oft nicht viel Bedeutung beigemessen wird. 

Kosten werden gescheut

Auch hier sollte ein Umdenken erfolgen. Zwei bis drei kastrierte Katzen auf einem Hof, die registriert und geimpft sind, wären optimal. „Diese Katzen würden andere zulaufende Katzen verjagen. Der Hof hätte einen angemessenen Bestand von Mäusefängern“, so Jansen.

Der dänische Tierärzteverband hat die Kampagne „Ta' ansvar" gestartet, um das Problem mit zu vielen und nicht registrierten Katzen einzudämmen. Foto: kjt

Das Einschläfern sei kein tagtägliches Phänomen in ihren Kliniken. Etwa zwei- bis dreimal die Woche werden gezeichnete Katzen zum Einschläfern gebracht. Man arbeite mit Tierorganisationen und einigen Katzenfreundesgruppen zusammen.

Private kommen selten mit einer wilden Katze, um sie erlösen zu lassen. Oft schrecken die Kosten wie bei der Kastration ab. 

Auch bei der Behandlung von Katzen wird auf das Geld geschaut. Laut einer Umfrage der Gesellschaft „Agria Dyreforsikring“ vor einigen Jahren hätte ein Drittel der Katzenhalterinnen und -halter das Einschläfern der Katze bei Kosten von über 5.000 Kronen gewählt. 

Eine Tendenz, die Nina Jansen bestätigt. „Die Ausgaben setzen ganz klar Grenzen.“ Bei Kosten im fünfstelligen Bereich sei es nachvollziehbar. Wenn aber viel geringere Ausgaben auf die Katzenbesitzerinnen und -besitzer zukommen, sollte es kein Hindernis sein.

Hauskatzen sind auf den Menschen angewiesen. Foto: Karin Riggelsen

In der Stadt und auf dem Land

Es gebe dabei einen Unterschied zwischen Land und Stadt. „Menschen aus Rothenkrug und Apenrade sind zu mehr bereit. Es ist letztlich die Entscheidung jedes Einzelnen“, so Jansen.

Neben dem Kastrieren würde sie sich eine Registrierung von Katzen wünschen, um einen Überblick zu bekommen und eine Form der Zuständigkeit zu untermauern.

„Wenn eine Katze nicht registriert ist, kann sie laut Gesetz jeder bei sich aufnehmen und für sich beanspruchen. Das allein wäre für Katzenhaltende vielleicht schon Grund genug, ihr Tier registrieren zu lassen. Das Registrieren ist ein einfacher Eingriff, bei dem am Ohr markiert oder ein kleiner Chip unter die Haut gesetzt wird. Es ist übrigens kostenlos“, so die Tierärztin mit der Aufforderung, Verantwortung für Katzen zu übernehmen und dabei das Kastrieren und Registrieren durchzuführen. 

Lediglich den Chip (ca. 120 Kronen) müssen Katzenhalterinnen und -halter selbst bezahlen.

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