Ringreiten in Apenrade

Die seltsame Welt der Ringreiter

Die seltsame Welt der Ringreiter

Die seltsame Welt der Ringreiter

Claudia Knauer
Claudia Knauer
Apenrade/Aabenraa
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Foto: Archivbild: DN

Als „Zugereiste“ Apenraderin war Claudia Knauer anfangs das Ringreiten fremd. Zu diesem beliebten nordschleswigschen Sport gehören zwei: Ross und Reiter. Auf einen Gaul wird sich die „Zugereiste nicht setzen, aber dabei sein, das ist ein Muss.

Als ich vor gut 20 Jahren die Grenze überquerte, um in Nordschleswig heimisch zu werden, ahnte ich nicht einmal, dass es Ringreiten überhaupt gibt. Männer auf Pferden mit langen Stangen in der Hand hatte ich nur im Mittelaltercenter in Nyborg auf Falster gesehen – als Ritter im Kampf. Wer hätte gedacht, dass Männer – und natürlich jetzt auch Frauen – jährlich etwas Ähnliches austragen würden? Nur, dass sie mit der Stange nicht aufeinander zielen (was ich persönlich spannender fände – natürlich ohne dass Blut fließt), sondern einen kleinen Ring treffen wollen. Aber es ist so: Jedes Jahr wieder ziehen Hunderte Reiter und Reiterinnen auf ihren Pferden durch die Stadt und messen sich anschließend in der Kunst des Ringestechens. Niemals würde ich mich selbst auf solch einen Gaul setzen, aber zuschauen – das mag ich schon.

Das ganze Drumherum in der Stadt ist nett, die vielen Fahnen an allen Straßen, der Umzug am Sonntagvormittag mit all den Blaskapellen. Wobei ich mich jedes Jahr wieder frage: tritt der Posaunist nun in die Pferdeäpfel oder umkurvt der Tambourmajor doch wieder elegant die großen braunen Fladen auf der Straße?

Mit dem Rad zum Umzug

Jedes Jahr radele ich mit der Tochter unsere Straße entlang zur H. P. Hanssens Gade, um den Umzug zu verfolgen. Jedes Jahr freue ich mich über die vielen Pferde, und jedes Jahr fürchte ich mich auch vor ihnen. Ich bin der Ansicht Mensch und Pferd – das ist keine Traumpaarung. Aber wenn es schon dazu kommt, dass der eine sich das andere Untertan macht, betrachte ich das von der Seitenlinie aus. Und ich kann es nicht leugnen, im tiefsten Inneren bewundere ich vermutlich die Recken und Reckinnen, die diese schweren – für mich gefährlichen – Tiere bändigen. Sogar die ganz Kleinen kommen mit ihren geschmückten Ponys angetrabt, im Laufschritt daneben die Mutter, um einzugreifen, sollte das Ross durchgehen. Väter sieht man in dieser Position übrigens seltener.

Wenn der ganze Tross dann auf dem Ringreiterplatz angekommen ist, geht die ernsthafte Arbeit los. Einmal hat die Tochter bei der Freundin auf dem Lande versucht, einen Ring aufzuspießen. Dabei war der Ring sehr groß, das Pony sehr klein und langsam, und trotzdem klappte es nicht. Meine Ehrfurcht wuchs. Allerdings niemals mein Verlangen, es den Reitern gleichzutun. Ich bin ein Schönwetterzugucker und spende gerne Applaus, denn wer im Galopp diese Ringe trifft, der/die kann wirklich etwas.

Das Ziel: Tombola

Auf dem Ringreiterplatz allerdings verebbt mein Interesse schnell. Ich habe nur ein Ziel: die Ringreitertombola. Da lasse ich mich nicht lumpen, und ich habe schon die seltsamsten Dinge gewonnen. Einen „bøllehat“ zum Beispiel, den ich niemals, aber wirklich niemals tragen werde. Nicht einmal nachts im Keller. Zahlreiche Gutscheine für einen Kaffee im örtlichen Warenhaus, die ich niemals einlösen werde und einen Koffer, dessen Reißverschluss schon beim Verlassen des Platzes kaputt war. Aber irgendwann ist der Hauptgewinn meiner. Bis dahin kaufe ich eifrig Lose in der Gewissheit, doch zumindest die gute Sache zu unterstützen.

Nach Ringreiterwurst und einer Zuckerwatte schaue ich mir das Riesenrad an – wie immer nur von unten. Höhe ist ebenso wenig mein Ding wie Pferde. Aber die Atmosphäre mag ich. Gefühlt die ganze Stadt ist auf den Beinen und alle sind frohen Mutes – sofern der Festplatz nicht absäuft. Natürlich halte ich das Apenrader Ringreiten für das einzig Richtige und Wichtige. Sonderburg kann sich hinten anstellen. So viel Lokalpatriotismus muss sein.

Das Beste aber kommt zum Schluss. Das Feuerwerk. Es ist Tradition, dass die ganze Familie mit dem Wagen (jaja, Umweltsünde ich weiß) zum Platz fährt und in den Himmel starrt. Dann wissen wir: Der Sommer hat wirklich begonnen.

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