Corona-Krise

Grenzpendler: Steuern zahlen wie gewohnt wäre möglich gewesen

Grenzpendler: Steuern zahlen wie gewohnt wäre möglich gewesen

Steuern zahlen wie gewohnt wäre möglich gewesen

Apenrade/Kopenhagen/Berlin
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Im Homeoffice bedinden sich in der Corona-Krise auch Grenzpendler, die wahrscheinlich in zwei Staaten nun Steuern zahlen müssen. Wenn es keine Konsultationsvereinbarung gibt. Foto: Unsplash/Andrew Neel

Ob deutsche, schwedische oder dänische Pendler, die in der Corona-Krise im Homeoffice arbeiten – sie alle müssen nun auch in dem Land, in dem sie wohnen, Steuern zahlen. Dänemark hat sich gegen ein Abkommen entschieden. Pendlerzahlen deuten aber darauf hin, dass dies zum Vorteil des Landes gewesen wäre.

Grenzpendler, die in Dänemark arbeiten, aber in Deutschland wohnen, werden für das ablaufende Jahr 2020 auch in Deutschland Steuern zahlen müssen, sofern sie im Laufe der Corona-Pandemie im Homeoffice gearbeitet haben (wir berichteten).

Der Rat zum Abbau von Grenzhindernissen in den nordischen Ländern (Grænsehindringsrådet) unter Vorsitz des bekannten dänischen Politikers Bertel Haarder (Venstre), hat kürzlich die nordischen Finanz- und Steuerminister erneut aufgerufen, für Grenzpendler in der Pandemie in dieser Sache eine Ausnahme zu machen und verweist auf das EU-Mitglied Luxemburg, das eine entsprechende Vereinbarung mit den Nachbarländern getroffen habe – darunter Deutschland.

Diese Vereinbarung ist auf der Seite des Bundesfinanzministeriums zu finden.

Aus ihr geht hervor, dass die beiden Partner Deutschland und Luxemburg bereits Anfang April zu Beginn des ersten Shutdowns vereinbarten, dass Grenzpendler, die aufgrund der Pandemie, ihre Arbeit im Homeoffice erbringen müssen, wie gewohnt in dem Staat besteuert werden, in dem sie normalerweise gearbeitet hätten.

Konsultationsvereinbarung in der Corona-Krise: Es bleibt so, wie es ist

Auf Anfrage des „Nordschleswigers" bestätigt das Bundesfinanzministerium die die Sachlage und teilte weiterhin mit, es habe zu Beginn der Corona-Pandemie angrenzenden Staaten, mit denen ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, eine zeitlich befristete sogenannte Konsultationsvereinbarung vorgeschlagen – eine bilaterale Absprache unterhalb von Gesetzen zwischen den zuständigen Behörden beider DBA-Vertragspartner.

„Ziel war und ist es, eine zeitlich befristete Sonderregelung für die Zeit zu schaffen, in der aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr die Gesundheitsbehörden weiterhin zu Homeoffice raten, mit dem Ziel, es den betroffenen Beschäftigten zu ermöglichen, dass sie in diesem Zeitraum so behandelt werden, als hätten sie ihrer Arbeit wie gewohnt an ihrem eigentlichen Tätigkeitsort nachgehen können. Die Covid-19-bedingte Homeoffice-Tätigkeit hätte damit keine steuerlich nachteiligen Folgen für die betroffenen Beschäftigten“, so das Ministerium. 

Vorschlag auch dänischer Seite unterbreitet

Nach eigener Aussage hat das BMF auch der dänischen Seite den Vorschlag unterbreitet, eine solche Konsultationsvereinbarung zum deutsch-dänischen DBA abzuschließen. Es konnte jedoch zwischen beiden Staaten keine Einigung erzielt werden.

Warum mit Dänemark keine Einigung erzielt werden konnte, darauf wollte das Ministerium mit Verwies auf die Vertraulichkeit der Gespräche nicht eingehen.

Sicht des dänischen Steuerministeriums

Der dänische Steuerminister Morten Bødskov (Soz.) teilte dem „Nordschleswiger“ auf Anfrage mit, er könne sehr gut nachvollziehen, dass viele Grenzpendler der Ansicht sind, dass die jetzigen Regeln zu Unsicherheit und Mehrarbeit führen. Auch sei es wichtig, dass es bei den Grenzpendlern keinesfalls zu einer Doppeltbesteuerung komme, sie aber doch – wie alle anderen, die in Dänemark arbeiten – besteuert werden, wenn sie im Homeoffice arbeiten.

Zum Nicht-Zustandekommen der Konsultationsvereinbarung mit Deutschland führt der Minister aus:  „Es wurde keine besondere Absprache mit Deutschland getroffen, weil diese nach geltenden Bestimmungen auch dazu geführt hätte, dass Dänemark einseitig das Recht aufgibt, die Homeoffice-Tage dänischer Grenzpendler zu besteuern.“

(„Der er ikke indgået særaftaler med Tyskland herom, da det efter gældende regler ville medføre, at Danmark ensidigt ville opgive retten til at beskatte danske grænsependleres hjemmearbejdsdage uden at kunne beskatte hjemmearbejdsdagene for de tyske grænsependlere.”)

Die Konsultationsvereinbarung in der Corona-Krise hätte bedeutet, dass deutsche Grenzpendler, die in Dänemark arbeiten aber im Homeoffcie in Deutschland tätig sind, weiterhin ihre dänische Steuererklärung machen und dänische Grenzpendler, die im Ausland (beispielsweise Deutschland oder Schweden) arbeiten, eben dort in Deutschland oder Schweden besteuert werden.

Pendlerzahlen zweier Grenzgebiete

Wie der „Nordschleswiger" Anfang dieses Jahres berichtete, arbeiteten im Jahr 2019 12.534 deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Dänemark. Umgekehrt waren es nur 605 Dänen, die in Deutschland einer Beschäftigung nachgingen – also knapp 21-mal mehr deutsche Pendler (und dänische Steuerzahler) als dänische.

Der Leiter des Regionskontors in Pattburg (Padborg), Peter Hansen, schätzt, dass 1000 bis 3000 deutsche Grenzpendler in der Corona-Krise von zu Hause aus arbeiten.

In der Öresundregion sieht es laut Öresundsinstittutet folgendermaßen aus: Nach der neuesten Statistik aus dem Jahr 2015 pendelten rund 18.600 Menschen zwischen Ostdänemark und Schonen, um ein Einkommen auf der anderen Seite zu erzielen. Von den 18.600 pendelten 1.690 Menschen von Ostdänemark nach Schonen, während 16.890 von Schonen nach Ostdänemark pendelten – 11-mal mehr schwedische Pendler (und dänische Steuerzahler) als dänische Pendler.

Auch in diesem Fall arbeiten mehr Menschen aus Schweden in Dänemark als umgekehrt.

Laut Johann Wessmann vom Öresundsinstittutet lässt sich aber nicht abschätzen, wie viele der Öresund-Pendler im Homeoffcie arbeiten. Doch sei, so Wessmann, die Zahl der in den Öresund-Zügen zwischen Dänemark und Schweden verkauften Fahrkarten kürzlich um 70 Prozent zurückgegangen im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der Fahrzeuge, die die Öresundbrücke querten, war kürzlich um 43 Prozent niedriger als in der Vorjahreswoche. Es sei aber auch zu Entlassungen gekommen, so Wessmann.

Pendlerzahlen deuten in eine Richtung

Die Pendlerzahlen deuten darauf hin, dass es für Dänemark steuerlich günstiger gewesen wäre, eine Konsultationsvereinbarung einzugehen.

Trost für deutsche Grenzpendler im Homeoffice

Auch wenn Mehrarbeit winkt, könnte sich das Homeoffice für Deutsche Grenzpendler steuerlich auszahlen. Laut „tagesschau.de" hat der Bundestag den Weg für eine steuerliche Homeoffice-Pauschale freigemacht. Arbeitnehmer sollen 2020 und 2021 bis zu fünf Euro pro Tag von der Steuer absetzen können, um die Mehrbelastungen durch das Arbeiten zu Hause auszugleichen. Maximal soll dies dem Sender zufolge für 120 Tage gelten, insgesamt bis zu 600 Euro. Allerdings: Die Homeoffice-Pauschale zählt laut dpa zu den Werbungskosten, für die allen Steuerzahlern pauschal ohnehin 1.000 Euro angerechnet werden. Nur wer mit seinen Ausgaben hier über 1.000 Euro kommt, profitiert also von der Corona-Maßnahme.

Aktualisiert am Freitag, 18. Dezember, 19 Uhr

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